Flugziel Medaillenrang WM in Oberstdorf: Skispringer suchen Stabilität im System

Von Lars Müller-Appenzeller | 26.02.2021, 20:47 Uhr

Am Samstag wollen die deutschen Skispringer um Markus Eisenbichler und Karl Geiger im Einzel von der Normalschanze in Oberstdorf um WM-Medaillen mitkämpfen. Ob das tatsächlich gelingt, ist aufgrund ihrer kleinen Formschwäche fraglich.

Die Milchmädchenrechnung geht so: Markus Eisenbichler und Karl Geiger haben bei der WM 2019 in Seefeld und zuletzt bei der Skiflug-WM in Planica Medaillen gescheffelt, also wird das den beiden Skispringern auch auf ihren Heimschanzen bei den Titelkämpfen in Oberstdorf gelingen. Das ist nicht Äpfel mit Birnen verglichen, sondern Äpfel mit Zwergorangen – weil die Erfolge weit zurückliegen und beide Weitenjäger zuletzt durchhingen.

Bundestrainer Horngacher: Haben nichts zu verlieren

Skispringen ist fragil und filigran, womöglich die sensibelste Sportart überhaupt. So hat sie Eisenbichler während der Vierschanzentournee beschrieben. „Es sind wirklich oft nur Winzigkeiten, die ein funktionierendes System kaputt machen können.“ Weshalb der „Eisei“ übrigens auch nicht noch einmal Skispringer, sondern Eishockeyspieler werden würde.

Sein Duo habe nichts zu verlieren, könne nur gewinnen, sagt Bundestrainer Stefan Horngacher. Sie gehen es in kleinen Schritten an. Am Samstag (16.30 Uhr/ARD und Eurosport) auf der Klein-, also der Normalschanze. „Das ist unser Metier“, sagt Horngacher, „auf der Normalschanze erwarte ich fast noch mehr als auf der Großschanze.“ Klar, es geht um Gold, Silber und Bronze, als Bundestrainer werde man bei einer WM nach Medaillen abgerechnet, gerade bei einer WM im eigenen Land: „In jedem Wettkampf eine, das wäre ein Traum“, so Horngacher.

Geiger gewann zuletzt in Oberstdorf - auf der Großschanze

Die Protagonisten, bei der WM vor zwei Jahren mit drei Medaillen dekoriert, geben sich gelassen hoffnungsvoll. „Ich bin sehr absprungstark, das zahlt sich auf solch kleinen Schanzen mehr aus“, sagt Skiflug-Weltmeister Geiger, der in Oberstdorf vor zwei Monaten das Auftaktspringen der Vierschanzentournee gewonnen hat – auf der Großschanze.

„Ich habe hier schon 1000 Sprünge gemacht“, sagt Markus Eisenbichler, der in Planica im Einzel zu Bronze geflogen und im Gesamtweltcup Zweiter ist. „Wenn ich jetzt aufhören würde, hätte ich eine geile Karriere gehabt – aber natürlich will ich noch mehr Medaillen.“ Die Heim-WM wird so oder so für den 29-Jährigen vom TSV Siegsdorf einmalig, so etwas werde er nie wieder in seiner Karriere erleben.

Jede Winzigkeit im System soll passen

Für Geiger ist die Sache noch spezieller. Der 28-Jährige vom SC Oberstdorf ist hier zu Hause, geht gern abends am Moorweiher mit Frau Franziska und Tochter Louisa spazieren. Er war bei der WM 2005 Fahnenkind – und wird daher auf ewig eine besondere Verbindung zu Kasachstan haben. „Ich bin wirklich froh, dass ich in der Heimat an einer solchen Veranstaltung teilnehmen kann, und wäre froh, wenn ich am besten mit einer Medaille zurückzahlen kann“, sagt Geiger, der jüngst auf der Kleinschanze von Rasnov Dritter geworden ist. Er ist Heimschläfer, ohne im eigenen Bett zu schlafen: Geiger ist natürlich im Teamhotel untergebracht, dem Fünf-Sterne-Haus Frank. Im Einzelzimmer. Jede Winzigkeit soll passen im System.

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