Im Kuss-Skandal um den inzwischen suspendierten spanischen Fußball-Verbandspräsidenten Luis Rubiales soll dessen Mutter in einen Hungerstreik getreten sein. Sie fordert „Gerechtigkeit“ – das will auch die spanische Justiz.
Die Frau habe sich am Montag, 28. August, aus Protest gegen die ihrer Meinung nach „unmenschliche und blutige Jagd“ auf ihren Sohn in einer Kirche der andalusischen Stadt Motril im Süden des Landes eingeschlossen und sei in den Hungerstreik getreten, berichteten der staatliche Fernsehsender RTVE und andere Medien vor Ort.
Update vom 30. August: Mutter von Rubiales nach Hungerstreik im Krankenhaus

Demnach wolle sie den Streik „Tag und Nacht“ fortsetzen, bis „der Gerechtigkeit Genüge getan“ sei. Die Mutter sage, ihr Sohn sei ein guter Mensch, der niemals jemanden bedrängt habe, berichteten spanische Medien.
FIFA suspendiert Rubiales
Der Weltverband FIFA hat Rubiales für 90 Tage suspendiert und ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der Chef des spanischen Nationalverbandes RFEF hatte die Spielerin Jennifer Hermoso bei der Siegerehrung nach dem gewonnenen WM-Finale in Sydney am 20. August auf den Mund geküsst – und damit im In- und Ausland Kritik und Empörung ausgelöst.
Die Kameras von RTVE zeigten, wie am Montagmittag zahlreiche Journalisten, Fotografen, Kameraleute und auch Schaulustige vor der Kirche Divina Pastora versammelt waren. Die Mutter von Rubiales ist nach Angaben des Priesters in Begleitung ihrer Schwester. Sie sei sehr nervös und weine.
Eine Cousine von Rubiales sagte den Journalisten vor der Kirche: „Wir leiden alle sehr. Er wurde vorverurteilt“. Angehörige und Freunde des 46-Jährigen seien der festen Überzeugung, dass der Kuss in beiderseitigem Einvernehmen erfolgt sei. Hermoso hatte diese Version vehement bestritten. Am Montag war eine weitere RFEF-Krisensitzung geplant.
Präsidenten der Regionalverbände fordern Rücktritt von Rubiales
Die Präsidenten der spanischen Fußball-Regionalverbände haben den sofortigen Rücktritt von Verbandschef Luis Rubiales gefordert. Nach einer Sitzung am Montagabend teilte der Verband mit, dass die Präsidenten der Regionalverbände „nach den jüngsten Ereignissen und den inakzeptablen Verhaltensweisen, die dem Image des spanischen Fußballs schwer geschadet haben“, Rubiales nicht mehr im Amt sehen wollen.
„Wir werden die entsprechenden Gremien auffordern, eine tiefgreifende und sofortige Umstrukturierung der strategischen Positionen des Verbandes vorzunehmen, um den Weg für eine neue Phase in der Führung des spanischen Fußballs zu ebnen“, hieß es in der Mitteilung weiter.
UN-Kritik an Rubiales
Am Montagabend haben sich die Vereinten Nationen kritisch gegenüber Luis Rubiales geäußert. „Wie schwierig ist es, jemanden nicht auf die Lippen zu küssen?“, sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stephane Dujarric, in New York.
Fall Rubiales: Spanische Justiz wird aktiv
Inzwischen ist die Staatsanwaltschaft in dem Fall aktiv geworden. Die Behörde werde die von Rubiales nach dem WM-Triumph in Australien geküsste Spielerin Jennifer Hermoso fragen, ob sie Anzeige erstatten wolle, teilte die Staatsanwaltschaft am nationalen Staatsgerichtshof in Madrid am Montag Medienberichten zufolge mit. Ein Justizsprecher bestätigte dies auf Anfrage.
Die Staatsanwaltschaft geht demnach „aufgrund der eindeutigen öffentlichen Erklärungen“ davon aus, dass die 33 Jahre alte Hermoso Opfer eines mutmaßlichen sexuellen Übergriffs geworden sein könne, da es offenbar „keine Art von Einwilligung“ gegeben habe, hieß es. Die Behörde kann jedoch nicht von Amts wegen handeln und benötigt nach spanischem Recht eine Anzeige der Spielerin oder eines Rechtsvertreters. Wie der Radiosender Cadena Ser berichtete, hat Hermoso nach der Anfrage 15 Tage Zeit, um Anzeige zu erstatten.
Hermoso hatte zuletzt erklärt, sie habe sich „als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung gefühlt, der ich nicht zugestimmt habe“.
UEFA hält sich raus
Die Europäische Fußball-Union UEFA überlässt die Rechtssprechung im Skandal um UEFA-Vizepräsident Luis Rubiales vorerst dem Weltverband FIFA. Nach dpa-Informationen berieten beide Dachverbände in den vergangenen Tagen über das Vorgehen – der Fall soll in den Händen der FIFA-Disziplinarkommission bleiben.