Wenn schon Mitte Februar wieder mal kein Zweifel am Ausgang der Deutschen Meisterschaft besteht, dann sind Zweifel an der „Weiter so“-Maxime in der Bundesliga nicht unberechtigt. Kolumnist Udo Muras über Modusänderungen im deutschen Profifußball.
Donata Hopfen, die neue starke Frau des deutschen Fußballs, hat sich Gedanken gemacht und auf Nachfrage geäußert dass es keine Denkverbote geben sollte und auch Playoffs zur Entscheidungsfindung durchaus beitragen könnten, wenn – und nun kommt’s – sie uns denn nützten. Auch die Geschäftsführerin der DFL, die Frau nach Christian Seifert, hat das Funktionärssprech also schon bestens drauf, was per se nicht gegen sie sprechen soll.
Auch die größten Feldherren haben vor Schlachten stets einen Rückzugsplan ausgeheckt, falls der Angriff stecken bleiben sollte. Doch was fangen wir im Fußball mit so einer Aussage an? Woher sollen wir wissen, ob uns die Playoffs etwas nützen würden, wenn wir sie nicht ausprobieren? Und ab wann wären sie nützlich? Ist es überhaupt statthaft, sich einen Modus auszudenken, der nur dazu dient, dass Bayern mal nicht Meister wird? So würden sie das natürlich nicht formulieren, offiziell geht es nur um mehr Spannung, die nicht zuletzt mehr Geld auf dem internationalen Markt einbringen soll.
Seit 60 Jahren Tabellen gewohnt
Doch was sagt der Fan hierzulande? Seit 60 Jahren sind wir Tabellen gewohnt und der Erste ist der Sieger, bis runter in die Kreisliga C. Ebenso einleuchtend wie einfach. Das wenige Einfache, das dem kommerziellen Teil des Fußballs noch geblieben ist, gelte es bitte zu bewahren, werfen die Traditionalisten ein. Ändert lieber die Fernsehgeldverteilung, vor allem global, dann kriegen wir schon wieder Waffengleichheit. Nun ja, das kann dauern. Mit einem einstimmigen Ergebnis auf dem nächsten DFL-Treffen ist da kaum zu rechnen und die Bayern in die Arme der Super League-Phantasten treiben? Das will auch keiner.
Es kommt hinzu: hätten wir denn bei einer Saison mit 18 Mannschaften überhaupt noch Platz für Playoff-Spiele? Wenn die FIFA nicht beschließen sollte, dass das Fußballjahr künftig 400 Tage hat, wohl kaum. Um wie viel kleiner müsste die Bundesliga dann also werden? Sollte sie auf die Ausgangsgröße von 16 Teams zurück schrumpfen? Das Geschrei will ich hören. Schon jetzt wimmelt es ja vor Klubs, die nach eigenem Verständnis in die Bundesliga „gehören“ und nicht rein dürfen.
Bewährte Methode in anderen Sportarten
Nächste Frage: wie viele Klubs sollten an den Playoffs teilnehmen dürfen? Die ersten Vier oder die ersten Acht? Übernächste Frage: wer bekommt das Geld aus diesen Spielen? Nur die, die teilnehmen – was die Schere zwischen Arm und Reich nur vergrößern würde – oder kommt es in einen Topf, aus dem alle DFL-Klubs schöpfen dürfen? Ich könnte das Thema jetzt noch weiter zerreden, will aber auch die Gegenseite zu Wort kommen lassen.
Seit 1912 ermitteln wir den Deutschen Meister im Eishockey und wenn man jemanden auf der Straße fragt, auf welche Weise, wird er/sie sagen: im Playoff-Modus. Richtig, seit 1980/81. Bei den Fans kommt das gut an, die Idee aus Übersee ist organisierter Nervenkitzel und passt zu diesem Sport. So ist es auch im Basketball (seit 1966) oder im Volleyball (seit 1987), im Handball gab es einen zweijährigen Feldversuch (1990-92).
Playoff-Bundesliga auf Probe?
Vielleicht wäre Letzteres die Lösung: es einfach mal ausprobieren und die Probezeit von vornherein fixieren. Es wird nichts daran ändern, dass es einige Klubs immer besser als andere machen werden. Aber nach zehn Jahren Bayern München auf dem Podest – Einstellung des Deutschen Rekordes, den der BFC Dynamo im „anderen“ Deutschland mit staatlicher Hilfe aufstellte – ist der Gedanke nach Reformen zulässig.
Entscheiden und bis ins letzte zu Ende denken möchte ich das dennoch nicht. Allein schon wegen der gewiss nicht zu überhörenden Proteste eines einzelnen Herrn vom Tegernsee, dessen Fähigkeiten Geld zu verdienen und noch mehr draus zu machen, uns erst in diese Lage gebracht haben. Aber wenn Uli Hoeneß ehrlich ist, will doch auch er am liebsten spannende Spiele sehen und keine, deren Ergebnisse er schon vorher kennt. Schon Sepp Herberger wusste, dass es uns zum Fußball treibt, weil wir eben das nicht wissen.