Timo Werner ist wieder da. Das Ärgernis mit dem bis Ende August offenen Transferfenster verzerrt zwar den Wettbewerb, verschafft den Fußballfans aber auch nach dem Kauf des Kicker-Sonderhefts noch ein bisschen Gesprächsstoff.
RB Leipzig hat den Nationalspieler aus England zurückgeholt, standesgemäß eingeflogen mit einer Privatmaschine von Robert Mateschitz – dem Mann, der den Klubs aus dem Brauseimperium die Millionen gibt.
Auch ihn dürfte es freuen, dass der blonde Blitz große Opfer bringen will und laut des gewöhnlich gut informierten, aber noch besser spekulierenden, Boulevards auf 18 Millionen Euro verzichtet. So viel mehr hätte er verdient, wäre er noch drei Jahre im goldenen Chelsea-Käfig geblieben, aber „er wollte unbedingt zurück“.
Werner Rückkehr ist Ausdruck eines Scheiterns
Damit steht er einerseits gut und andererseits schlecht da. Ist seine Generosität doch auch Ausdruck eines Scheiterns, da kneift offenbar einer vor dem Konkurrenzdruck in der Premier League. Hätte er es nicht länger versuchen können als zwei Jahre? Und wenn er schon zurück kehrt in die Bundesliga, warum dann auch noch zu seinem Ex-Klub? Es hat etwas vom Studenten, der nach zwei öden Semestern BWL heimkehrt ins Hotel Mama und nun mal guckt, was sonst noch so geht.
Die Spötter werden verstummen, wenn er uns im Herbst mit frisch aufgetanktem Selbstvertrauen zum WM-Titel schießt, aber das ist wieder was für Spekulanten. Nicht spekulieren muss man über sein Motiv: er will bei der WM spielen und als Bankdrücker von Chelsea schwinden seine Chancen bei Bundestrainer Hansi Flick. Nun ist Werner nicht der erste Rückkehrer von einer Station, die sich als Nummer zu groß erwies oder einfach als Missverständnis.
Zurück zum Ex-Klub, nicht immer eine gute Idee
Die als Riesentalente gehypten Lukas Podolski und Mario Götze hielten es drei Jahre bei den Bayern aus, wurden aber von Tag zu Tag kleiner. „Poldis“ Herz hing sowieso immer an „Kölle“, also tauschte er die Champions League wieder gegen den Abstiegskampf ein und blieb, Jogi Löw sei Dank, Nationalspieler. Götze ging zum BVB zurück um zu merken, dass sich die Zeit nicht zurückdrehen lässt. Er ist seit fünf Jahren Ex-Nationalspieler, zwei weitere Ortswechsel taten ihm dann zwar gut, haben den Sachstand aber nicht geändert.
Stan Libuda, um mal ein halbes Jahrhundert zurückzublenden, kehrte zweimal nach Schalke zurück. Schon Dortmund war nicht seine Welt, weshalb er auf Schalke wohnen blieb. Aus Straßburg floh er regelrecht. Hatte er in drei BVB-Jahren nur zwei Länderspiele gemacht, blühte er nach der ersten Rückkehr noch mal auf und glänzte bei der WM in Mexiko. Aber schon mit 27 endete die verheißungsvolle Länderspielkarriere und es kamen dunkle Tage. Sein Ende war tragisch. Er zog wirklich wieder bei der Mutter ein, meldete sich arbeitslos und starb viel zu früh – nach der Karriere.
Weltmeister Pierre Littbarski wollte nach zwölf Jahren den Kölner Dom nicht mehr sehen und zog zum Eiffel-Turm. Nach einem halben Jahr war er wieder da, doch Länderspiele machte er keine mehr, sicher auch weil er schon 31 war.
Heynckes und Matthäus zeigen wie es geht
Es gibt Gegenbeispiele, die nicht so ganz zu Timo passen, weil die Heimgekehrten nicht gescheitert waren: Jupp Heynckes hatte seine beste Gladbacher Zeit nach seinem Hannover-Intermezzo. Lothar Matthäus kam nach vier Jahren Inter Mailand hochdekoriert, aber verärgert wegen schon damals vorkommender „fehlender Wertschätzung“ nach München zurück, und spielte noch acht Jahre (mit Unterbrechungen) für Deutschland.
Werner dürfte schon mit der Hälfte zufrieden sein, er ist 26 und Stürmer treten ja etwas früher ab als Abwehrhaudegen. Es ist ihm nur zu wünschen dass er die Zeit nutzt aus der Schublade herauszukommen, in der er steckt. Ein bisschen wehleidig, ein bisschen zu sensibel, keiner für die großen Momente.
Wie man da raus kommt, könnte ihm der Mann erzählen, der bei RB als technischer Direktor angestellt ist: Mario Gomez. Er kehrte zwar erst auf seine alten Tage nach Stuttgart zurück, war aber auch immer auf der Suche nach Akzeptanz und blieb trotz dreistelliger Torzahlen und der Wahl zum Fußballer des Jahres 2007 vor allem als Chancentod in Erinnerung. Es liegt an Werner, dieses auch an ihm haftende Image zu korrigieren. Warum sollte es ihm nicht da gelingen, wo er sich besonders wohlgefühlt hat?