An diesem Sonntag veranstaltet die Deutsche Triathlon-Union in Frankfurt ihren 7. Anti-Doping-Tag. Im Interview erklärt der Vorsitzende der DTU, der Osnabrücker Orthopäde Martin Engelhardt, warum er Prävention für besser hält als reine Kontrollen und wieso die DTU sich gegen Zwangsabgaben an die Nationale Anti-Doping-Agentur NADA wehren will.
Herr Professor Engelhardt, Gary Lineker hat einmal gesagt: Fußball ist ein einfaches Spiel, 22 Männer laufen einem Ball hinterher, und am Ende gewinnen die Deutschen. Muss man den Spruch bald auf den Ironman ummünzen?
Wir haben eine Gruppe von Athleten, die früher schon sehr stark war und mit zunehmendem Alter auf der langen Strecke aktiv ist. Die Erfolge kommen also nicht von ungefähr, sondern sind ein Produkt langer und konsequenter Arbeit. Deswegen glauben wir aber nicht, dass Deutschland jetzt immer gewinnt.
Der Deutsche Patrick Lange hat bei seinem Ironman-Sieg am Wochenende einen neuen Rekord aufgestellt, auf dem Rad gab es auch eine neue Fabelzeit. Fragt man sich da als Beobachter nicht manchmal, wie kann das sein?
Das fragt man sich beim Hochleistungssport doch immer. Wir müssen den Wert des Sports für den Einzelnen und die Gesellschaft erkennen, gleichzeitig aber vorsichtig sein, sensationelle Rekorde zu hochzujubeln. Als Präsident freue ich mich natürlich über sportliche Erfolge von deutschen Athleten. Aber wenn diese nur zum Preis von Doping zu erzielen sein sollten, dann würde ich lieber auf erste Plätze verzichten.
Jan Frodeno hat sich mit Rückenproblemen durch den Marathon gekämpft und kam weit abgeschlagen ins Ziel. Haben diese Bilder vielleicht sogar mehr für die Glaubwürdigkeit des Sports getan, als wenn er seinen dritten Titel gewonnen hätte?
Das denke ich schon. Wenn jemand wie Michael Phelps im hohen Alter jeden Tag die ganze Welt wegputzt, da kann man schon Zweifel haben. Jeder, der mal Hochleistungssport gemacht hat, weiß, dass Athleten keine Maschinen sind und es auch mal Einbrüche gibt. Jan Frodeno hat lange absolute Topleistung gebracht, da darf er auch mal eine Schwäche zeigen.
Die DTU beschäftigt sich auch schon lange mit einem Thema, das in anderen Verbänden lieber totgeschwiegen wird: Am Sonntag veranstaltet sie den 7. Anti-Doping-Tag.
Wir müssen uns mit diesem Thema befassen, und wir wollen mit dieser Veranstaltung auch zeigen, dass wir uns offen dieser Problematik stellen. Leider sind die Verbände mittlerweile bei den Kontrollen außen vor, da das von der unabhängigen Behörde NADA übernommen wurde.
Wieso leider?
Die NADA macht sicher gute, engagierte Arbeit. Aber sie betreibt auch einen sehr großen Aufwand, bei dem viel Geld verbraten wird – und das bei eher mäßigen Erfolgen. Hin und wieder werden ein paar Sportler herausgefischt, wo dann der ein oder andere witzelt: Die waren zu doof zum Dopen. Wir sind der Auffassung, dass man einen Teil des Geldes sinnvoller anwenden könnte, wenn man es ganz bewusst in die Präventionsarbeit gibt und Jugendliche stark macht. Damit könnte man größere Effekte erzielen – und das versuchen wir auch.
Wie sieht Ihr Konzept aus?
Wir sensibilisieren die Trainer für diese Gefahren und wollen die Jugendlichen mitnehmen. Wir gehen bewusst zu Jugend- und Kinderwettkämpfen und klären dort auf. Und wir haben einen Bildungsreferenten eingestellt, der sich mit diesen Dingen beschäftigt. Wir denken, dass wir damit viel mehr erreichen als mit reinen Kontrollen.
Die NADA wird zum Teil auch durch die Verbände mitfinanziert.
Und da fühlen wir als DTU uns etwas ungerecht behandelt. Wir schätzen die Arbeit der NADA und finden sie wichtig. Aber obwohl wir ein sehr kleiner Verband sind, sind wir dazu verpflichtet, einen sehr hohen Anteil zu bezahlen.
Wie kommt das zustande?
Die Abgaben werden von allen Verbänden festgelegt. Sie entscheiden quasi über unbillige Erhöhungen zu unseren Lasten. Zukünftig müssen wir 90 000 Euro zahlen – für uns als kleine Union ein riesiger Beitrag. Deutlich größere Verbände, die viel höhere Einnahmen erzielen, zahlen dagegen kleinere Abgaben. Die Argumentation ist, dass wir als Ausdauersportart besonders gefährdet sind. Da funktioniert aus unserer Sicht die Solidargemeinschaft nicht.
Wenn Sie sich den Zahlungen verweigern würden, liefen Sie Gefahr, Fördergelder zu verlieren.
Ja. Überspitzt gesagt, ist das Erpressung. Wir wollen uns auf keinen Fall vor etwas drücken oder verweigern. Wir widmen uns seit Jahren engagiert dem Anti-Doping-Kampf und werden dennoch mit so hohen Zwangsabgaben bedacht. Das finden wir nicht gerecht.
Sie haben sich 2008 intensiv gegen die Kandidatur von Stephan Vuckovic eingesetzt, als dieser Präsident des baden-württembergischen Verbandes werden wollte, mit dem Hinweis, dass er an Doping beteiligt gewesen sein soll. Der Kampf gegen Doping scheint bei Ihnen eine Herzensangelegenheit zu sein.
Das ist er tatsächlich. Einerseits ist das dem Gerechtigkeitsgedanken geschuldet. Ich war früher Bundesligaschwimmer. Als bei einer Jugend-Europameisterschaft die DDR-Schwimmerinnen mit ihren tiefen Stimmen die 100 Meter so schnell gekrault sind wie unser Mann auf Platz drei, da habe ich mir zum ersten Mal gedacht, dass da was nicht mit rechten Dingen zugehen kann.
Und der zweite Grund…
…ist mein eigentliches Anliegen. Aus medizinischer Sicht ist Doping in keinster Weise zu vertreten. Es birgt ein wahnsinniges Risiko für die Gesundheit der Athleten. Dafür müssen wir alle sensibilisieren – Funktionäre, Trainer und Sportler. Und damit müssen wir möglichst früh beginnen.