Bei der Einweihung des Kunstrasenplatzes „Am Königsteich“ vor knapp neun Monaten sprach Bürgermeisterin Annette Große-Heitmeyer von einem „guten Tag für den Sport“. Ein Planer geriet regelrecht ins Schwärmen, als er während der Feier den 430 000 Euro teuren Platz als „neueste Generation“ bezeichnete. Zumindest die Westerkappelner Verwaltungschefin dürfte angesichts einer neuen Regelung der Europäischen Union, durch die Plastikmüll in den kommenden Jahren deutlich reduziert werden soll, ins Nachdenken gekommen sein.
Betroffen von dem Verbot ist nämlich auch das Gummigranulat, das auf Kunstrasenplätzen wie dem, den die Gemeinde dem TSV Westfalia 06 finanziert hat, zum Einsatz gekommen ist. Ab 2022 soll es nicht mehr zulässig sein. Die Sportfreunde Lotte haben bereits vor zwölf Jahren, genauer gesagt, im Mai 2008, einen Kunstrasenplatz mit Granulat in Betrieb genommen.
Kein akuter Handlungsbedarf
Wie Große-Heitmeyer jetzt auf Nachfrage bestätigt, sah sich die Westerkappelner Verwaltung aufgrund der neuen Regelung zum Handeln gezwungen. „Ich habe sowohl den Hersteller als auch den Städte- und Gemeindebund um Stellungnahmen gebeten“, berichtet die Bürgermeisterin. Die jeweiligen Antworten lägen ihr seit Kurzem vor. Demnach bestehe kein akuter Handlungsbedarf. „Derzeit ist nicht klar, ob es für bestehende Kunstrasenplätze mit zugesetztem Mikroplastik einen Bestandsschutz oder gegebenenfalls Übergangsfristen – die Rede ist derzeit von sechs Jahren – gibt. Ob wir den Füllstoff tatsächlich eines Tages austauschen müssen, ist derzeit noch offen“, betont sie.
Antrag der Grünen-Fraktion
Seit Anfang Juli liegt auf dem Schreibtisch der Bürgermeisterin außerdem ein Antrag der Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, ein Umweltgutachten in Auftrag zu geben, das unter anderem klären soll, welche gesundheitlichen Auswirkungen der Kunstrasenplatz für Kinder und Beschäftigte der angrenzenden Kindergärten sowie für Anwohner haben könnte. Darüber hinaus fordern die Grünen die „unverzügliche Sanierung“ des Platzes unter „vollständiger Entfernung und Entsorgung des vorhandenen Füllmaterials“. Dieses solle dann in einem nächsten Schritt durch einen alternativen Füllstoff – nach Überzeugung der Grünen kann dies nur Kork sein – ersetzt werden. Wie berichtet, hatten die Grünen den Bau des Kunstrasenplatzes seinerzeit im Rat abgelehnt.
Granulat bot mehr Vorteile als Kork
Große-Heitmeyer betonte jetzt allerdings nochmals, dass das Kunststoffgranulat zum Zeitpunkt der Planungen alternativlos gewesen sei: „Wir haben die Vor- und Nachteile abgewogen. Unter Kosten- und Qualitätsgesichtspunkten schneidet Kunststoffgranulat besser ab als Kork.“ Auch was Bespielbarkeit, Lebensdauer und Pflegeaufwand angeht, habe das Gummigranulat die Nase vorn. Der Nachteil: Die Gummikörner können an Kleidung und Schuhen haften und vom Wind weggeblasen werden, wodurch stetig Teile des Granulats in die Umwelt gelangen.
Dem Lengericher Sportverein Preußen hat die Diskussion um Mikroplastik in den Belägen von Fußballfeldern derweil in die Hände gespielt. Quasi in letzter Minuten und bereits zum Ende der Planungen für einen neuen Platz schwenkten die Verantwortlichen dort kurzfristig auf Kork um.
Auch bei den Sportfreunde Lotte macht man sich Gedanken darüber: "Die Frage ist, ob man wie früher auf Sand zurückgreift", sagte Medienverantwortlicher Thorsten Cloidt auf Nachfrage und berichtete, dass darüber intern heiß diskutiert werde.. Ob womöglich Kork eine Alternative sei, müsse man sehen. Auf jeden Fall gebe es einen guten Austausch mit der Gemeindeverwaltung.