Eigentlich könnte Hubert Moorkamp längst im Ruhestand sein. Ist er aber nicht. Stattdessen hat er im Rentenalter eine Art zweite Karriere begonnen. Nach seinem Ausscheiden aus der Handwerkskammer ist er Ausbilder beim Wallenhorster Anlagenbauer Purplan geworden. Warum arbeitet er immer noch?
Manch einer möchte heute möglichst früh in Rente gehen. Hubert Moorkamp ist das genaue Gegenteil. Er ist 76 Jahre alt und möchte vom Ruhestand noch nichts wissen. Lieber blickt er auf die vor ihm liegenden Aufgaben: Das neue Ausbildungsjahr hat begonnen und damit hat Moorkamp auch neue Schützlinge – angehende Mechatroniker und Anlagenmechaniker, die bei Purplan in Wallenhorst ihr Handwerk lernen.
Rund elf Jahre macht er das schon. Praktisch seit er sein eigentliches Rentenalter erreicht und bei seinem früheren Arbeitgeber – der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim – ausgeschieden ist. Der Wechsel war nahtlos. „Freitags habe ich bei der Kammer aufgehört und montags hier bei Purplan angefangen.“ Kein Sabbatical, kein langer Urlaub, keine Verschnaufpause. „Damals war ich 65.“
Selbst Ausbildung zum Schmied gemacht
Das Handwerk und die Ausbildung junger Menschen liegt Hubert Moorkamp am Herzen. Auch er selbst war mit 14 Azubi – und hat Schmied gelernt. „Das waren damals aber noch ganz andere Zeiten“, erzählt der 76-Jährige, der anschließend als Betriebsschlosser unter anderem bei Substrat-Spezialist Klasmann Deilmann im Emsland gearbeitet hat. Eine Betreuung wie heute, die habe es damals nicht gegeben.
1981 kam er zur Handwerkskammer in Osnabrück – da wurde aus dem Emsländer ein Landkreis-Bürger. Zusammen mit seiner Frau lebt er seither in Wallenhorst und ist von dort aus jahrelang mit dem Fahrrad nach Osnabrück gefahren. „Ach, das ist doch nicht weit“, winkt Moorkamp ab, der früher Triathlons gemacht hat.

Was ihn zur Kammer gebracht hat, war auch damals schon die Ausbildung. „Anderen etwas beizubringen, das gefiel mir immer gut“, blickt der 76-Jährige auf diese Zeit zurück. Die Schweißer-Ausbildung hat er geleitet und abgenommen, in den ersten Jahren auch Wochenendlehrgänge gegeben.
Völlig freie Hand, die Ausbildung bei Purplan aufzubauen
Während seiner Zeit bei der Handwerkskammer hat Moorkamp auch seinen jetzigen Chef Andreas Sandmann kennengelernt. „Damals war er aber noch nicht selbstständig.“ Purplan ist ein noch relativ junges Unternehmen, das Sandmann erst 2003 gegründet hat.
Die Zahl älterer Arbeitnehmer im Bezirk der Agentur für Arbeit nimmt zu. Das zeigt eine Auswertung nach Alterskohorten. Waren Ende 2017 noch insgesamt 30.149 Personen zwischen 55 und unter 61 Jahren sozialversicherungspflichtig beschäftigt, lag ihrer Zahl Ende 2022 schon bei 35.933.
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Arbeitnehmern zwischen 61 und unter 67 Jahren. Ihre Zahl lag zum 31. Dezember 2017 bei 11.189. Am 31. Dezember 2022 waren es 17.788.
Und auch jene, die 67 Jahre alt und älter sind, gibt es – Tendenz ebenfalls steigen. Ende 2017 waren es den Zahlen der Agentur für Arbeit zufolge 1258, Ende 2022 1816. Wirtschaftszweige, in denen sie besonders häufig arbeiten, sind die Bereiche Verkehr und Lagerei, Gesundheits- und Sozialwesen, Handel sowie Instandhaltung und Reparatur von Fahrzeugen und im verarbeitenden Gewerbe.
Der Agentur für Arbeit zufolge nehmen unterschiedliche Konstellationen beim Renteneintritt zu. Das habe zur Folge, dass tatsächlich mehr Menschen ab 64 Jahren vorstellig werden. Allerdings sei die Zunahme hier überschaubar.
Für Purplan als neuen Arbeitgeber habe er sich damals bewusst entschieden, erzählt Hubert Moorkamp, der an diesem Tag die Pause auf „seiner“ Bank vor der Ausbildungswerkstatt im Schatten genießt. Es soll die letzte Station seiner beruflichen Karriere sein. „Wie stellst du dir das vor“, habe er Sandmann damals gefragt. Der habe ihm völlig freie Hand gelassen, die Ausbildung im Betrieb aufzubauen.

Und das hat Moorkamp in den vergangene elf Jahren gemacht. Und er wirbt dafür, dass junge Menschen Azubis werden. „Da fühlt man sich manchmal wie ein Vertreter – nur statt für Staubsauger für die Ausbildung“, erzählt er und muss etwas schmunzeln.
Hubert Moorkamp ist als Kümmerer für die Azubis da
Jungen Menschen den Beruf zu erklären, ihnen etwas beizubringen und sie zu motivieren, dafür sei er da.
Auch, wenn natürlich nicht immer alles positiv verlaufe. Zuletzt habe ein Auszubildender nach zehn Monaten abgebrochen. „Da macht man sich schon Gedanken.“ Für Moorkamp ist der Job als Ausbilder mehr als die reine Wissensvermittlung. „Wenn ich merke, dass die Ausbildung vielleicht doch nichts für den jungen Menschen ist, versuche ich, mit ihm zu reden. Azubis sind hier keine Nummer.“
Es soll für beide Seiten passen, das ist das Credo des 76-Jährigen. „Ich bin auch ein bisschen ein Kümmerer. Ein Auszubildender hat beispielsweise in die Altenpflege gewechselt. Da ist er viel glücklicher als hier bei uns.“
In der Freizeit geht es in den Garten und aufs Mountainbike
Und was sagt seine Frau dazu, dass er auch mit 76 Jahren noch nicht in den Ruhestand gehen will? „Sie fragt schon manchmal, ob es nicht langsam genug wäre. Etwas anders zu sagen, wäre gelogen“, sagt der Wallenhorster ein bisschen verschmitzt. Aber schließlich arbeite sei Frau auch noch. „Was will man denn den ganzen Tag zuhause machen? Der Kopf muss weiter arbeiten, sonst wird man tüddelig.“
Vielleicht habe er das von seinem Opa geerbt, der ihm als Junge auch eine erste Werkstatt eingerichtet hatte, sagt Huber Moorkamp. „Sonntags, wenn er nichts zu tun hatte, war er nicht zu genießen.“ Bei der Erinnerung muss der 76-Jährige lachen. „Ich lese nicht, ich brauche was zu tun. Auf dem Sofa zu sitzen, das kann ich nicht, das wäre für mich der Untergang.“
Wobei, ein bisschen kürzer tritt er dann doch. Hubert Moorkamp ist nicht mehr jeden Tag im Betrieb. Wenn die Azubis in der Berufsschule sind, macht er frei. „Der Garten muss ja auch gemacht werden. Und ich habe eine Enkeltochter, die regelmäßig bei uns ist“, sagt er und lacht. Langweilig werde ihm nicht. Schließlich stehe da auch noch sein Mountainbike. „Damit fahre ich so zwei Stunden durch den Wald“, erzählt der Wallenhorster. „Ich bin ein Ausdauermensch.“
Nachfolger als Ausbilder gibt es noch nicht
Wenn er alleine unterwegs ist, fährt er, um Strecke zu machen. Zusammen mit seiner Frau lässt es der 76-Jährige gemütlicher angehen. „Das ist dann Freizeitfahren und wir haben ein Ziel und machen Pause“, sagt er und grinst.
Für den Weg zur Arbeit hat Hubert Moorkamp das Rad allerdings gegen eine mittlerweile 20 Jahre alte Vespa getauscht. Mit ihr fahre er bei jedem Wetter, zwölf Monate im Jahr. „Da komme ich so auf 3000 Kilometer.“

So lange er noch kann, will Hubert Moorkamp bei Purplan weitermachen. „Ein Datum für meinen Ausstieg habe ich nicht festgelegt.“ Für ihn gebe es aktuell auch keinen Nachfolger. Angesprochen auf die Diskussion um kürzere Arbeitszeiten und früherer Rente, winkt Hubert Moorkamp ab. „Arbeit macht Spaß, mir jedenfalls. Es ist schön, die Erfolge zu sehen.“