Der Grad an Konfusion, welchen verschiedene Projektbeschreibungen suggerieren, schrumpft meist auf ein überschaubares Maß, wenn man erst mal vor den Künstlern steht: Susanne Griem fordert dazu auf, Dinge zu tun, mit denen man im Alltag ohnehin ständig konfrontiert ist: Eier in die Pfanne schlagen oder Schnürsenkel zuschnüren zum Beispiel. Allerdings: nur mit einer Hand, bitte. Für jede Aufgabenstellung gibt es detaillierte Anweisungsprotokolle, das Ganze kommt in Form eines Workshops daher. Ziel sind die Vermittlung neuer kognitiver Ansätze sowie die Stimulation kreativer Handlungsmuster.
Der Kern vieler Erfahrungsmöglichkeiten in „Allerein“ speist sich aus der Trias: Gewohnte Denkmuster verlassen, gedankliche Routinen überschreiten und neue Horizonte eröffnen. Seitens des Besuchers bedarf es dazu nicht viel. Nur der Bereitschaft, die Gedanken mal auf den Spielplatz zu schicken und unkonventionelle Betrachtungen zuzulassen. „Kritische Infrastruktur Rulle“ lautet ein von René Haustein angebotenes Seminar, in dem sukzessive die Welt bekannter Vorstellungen zurückgebaut wird: Basierend auf insgesamt 500 Anweisungen, leitet Haustein beispielsweise dazu an, unaussprechliche und unmöglich zu verschriftlichende Wörter zu formulieren, oder trägt auf: „Erzeuge einen Zufall anhand deines Körpers!“ Ansatz seines Projektes: „Wir leben in einer Welt festgelegter Wörter und Begriffe, die als Ausgangspunkt unseres Handelns dienen. Und so unsere geistige Infrastruktur bilden.“ Diese infrage zu stellen und alternative Vorstellungsräume praktisch erfahrbar zu machen sei Ziel seines philosophisch aufgeladenen Projektes.
Individuelle Biografien
Die Bereitschaft zur Diskussion ist ein weiterer Faden, der die Projekte durchzieht: Die Künstler sind auch über die eigentlichen Projekte hinaus jederzeit bereit, im Gespräch Konzepte oder Ideen zu erläutern, ihre Ansätze darzustellen. Das Projekt „Allerein“ findet noch bis einschließlich Sonntag, 18. Mai, im Ruller Haus statt, am Wochenende wird zusätzlich ein Gartencafé eingerichtet. Neben der Anleitung zur eigenen Kreativität wird auch Bleibendes geschaffen: Im „Sakralen Schaschlik“ wird ein durch individuelle Biografien geprägtes Ruller Leben aus Knete komponiert, in den „Briefen einer Reise aus Rulle“ wird gewissermaßen ein Soundtrack für Rulle erstellt. Der Eintritt ist frei, alle Projekte richten sich ausdrücklich auch an bislang wenig kunsterprobte Menschen.