Viele Patienten sprechen Florian Tiesmeyer mit „Herr Doktor“ an. Dabei ist der 33-Jährige Wallenhorster gar kein Mediziner, sondern einer der ersten Physician Assistants in Deutschland.
Gerne erklärt Tiesmeyer den interessierten Patienten dann den Unterschied zwischen Arzt und dem in Deutschland noch sehr jungen Berufsbild des Physician Assistant. Häufig wird er daraufhin gefragt, wie sich denn sein Beruf auf Deutsch nennen würde. Hierbei hätten sich die Begriffe „Arztassistent“ oder „Medizinassistent“ etabliert, berichtet Tiesmeyer.
Das Marienhospital Ankum-Bersenbrück (MHA) der Niels-Stensen-Kliniken unterstützt dieses innovative Berufsbild und war mit der Einstellung von Florian Tiesmeyer auch Vorreiter im Verbund der Niels-Stensen-Kliniken. Darauf weist der Klinikverbund in einem Presseartikel hin.
Berufsbild kommt aus den USA
Beim Beruf des Physician Assistant handelt es sich um einen medizinischen Assistenzberuf, den es in Deutschland erst seit wenigen Jahren gibt, der sich aber seit Jahrzehnten im angloamerikanischen Bereich (vorwiegend den USA) und seit etwa 15 Jahren auch in den Niederlanden etabliert hat.
Physician Assistants übernehmen in Deutschland aufgrund ihrer Hochschul-Ausbildung vom Arzt delegierte Aufgaben und entlasten somit die Mediziner. Ausgenommen hiervon sind die Leistungen, die ein Arzt höchstpersönlich erbringen muss (zum Beispiel Diagnosen stellen oder eine Operation durchführen). Hierfür haben die Bundesärztekammer und die kassenärztliche Bundesvereinigung eine aktuelle Empfehlung mit einem entsprechenden Konzept zum Einsatz von Physician Assistents herausgegeben.
Florian Tiesmeyer ist bereits seit 2005 im Verbund der Niels-Stensen-Kliniken tätig. Eigentlich ist der gebürtige Nürnberger gelernter Operationstechnischer Assistent (OTA) und hat diese Ausbildung ebenfalls als einer der Pioniere 2010 im Bildungszentrum St. Hildegard abgeschlossen. Von 2013 bis 2016 absolvierte er an der Praxishochschule in Rheine berufsbegleitend das Studium zum Physician Assistant. Anschließend erhielt er einen Arbeiitsplatz in der orthopädischen Belegabteilung im Marienhospital Ankum-Bersenbrück. „Seitdem übernehme ich ärztlich delegierte Aufgaben“, so Tiesmeyer. Zum Beispiel im Operationsdienst, im Fall-Management sowie in der ambulanten und stationären Versorgung.
Knotenfunktion zwischen allen Bereichen
Chefarzt Dr. Mumme Schüller schätzt an Florian Tiesmeyer, dass er durch seine Zeit am Franziskus-Hospital Harderberg orthopädisch erfahren und gut ausgebildet sei. „Er kann Vorbereitungsgespräche mit Patienten und Angehörigen übernehmen, Untersuchungen vornehmen, im OP unterstützen, Prozesse optimieren, ist Ansprechpartner für alle Berufsgruppen im Krankenhaus, unterstützt bei der Dokumentation und kann Arztbriefe schreiben“, zählt Dr. Schüller einige Routinetätigkeiten auf. „Das ist für das Ärzte-Team eine enorme Entlastung, wir können uns auf die ärztlichen Kernaufgaben konzentrieren und haben somit mehr Zeit für unsere Patienten.“
So hat Tiesmeyer eine Knotenfunktion zwischen allen Bereichen, muss viel koordinieren und Abstimmungen mit Kollegen, Patienten und Angehörigen vornehmen. Das halte ihn ganz gut auf Trapp, mache aber auch sehr viel Spaß, betont der Physician Assistant. Für Florian Tiesmeyer ist jeder Tag anders. Auch das macht seinen Job so spannend. Nicht alles ist planbar, oft kommen Notfälle hinzu, für die er die Organisation übernehmen muss.
Er ist sich sicher, dass es künftig immer mehr Physician Assistants geben wird, denn der Beruf sei ein sinnvoller Schlüssel, um dem Ärztemangel zu begegnen. Auch im landärztlichen Bereich könnten künftig Physician Assistants viele Aufgaben übernehmen, die nicht unbedingt von Ärzten ausgeführt werden müssten. Die USA mit ihren großen Entfernungen machten das vor. Dabei soll der Physician Assistant den Arzt aber nicht ersetzen, sondern ausschließlich unterstützen.