Dieser Tag der Befreiung von Auschwitz sei kein Feiertag im üblichen Sinne. Er sei vielmehr ein "Denk – Tag", sagte Stefan Schubert, Leiter Ludwig-Windthorst-Oberschule. "Gedenken und Nachdenken über die Vergangenheit schaffen Orientierung für die Zukunft. Wir benötigen diese Orientierung auch heute dringend, um uns gegen Völkerhass, Totalitarismus und Nationalsozialismus zu wappnen. Wir erreichen diese Orientierung durch die Erinnerung an die Vergangenheit und durch die aktive Auseinandersetzung mit unserer Geschichte", so Schubert.
Thema im Unterricht
Im Unterricht ist die Zeit des Nationalsozialismus natürlich ein wichtiges Thema. Doch können Menschen aus der Ereignissen und Erfahrungen dieser Zeit lernen? "Was diese Frage betrifft, sollten wir vorsichtig optimistisch sein", merkte der Schulleiter an. Geschichtliches Wissen biete zwar nicht die Lösung gegenwärtiger Probleme wie auf einem Präsentierteller an, besitze dafür aber andere Vorzüge: "Es macht uns sachkundig, sodass wir den schrecklichen Vereinfachern, den gefährlichen Populisten unserer Tage nicht so leicht erliegen."
"Geschichte ist nicht vorherbestimmt, sondern sie ist immer offen und kann von uns allen mitgestaltet werden." Stefan Schubert, Schulleiter
Historisches Wissen und Erinnerungen schützen uns nicht vor allen gefährlichen Versuchungen. "Aber sie immunisieren doch in einem hohen Maße gegen ihren Einfluss, indem sie wichtige Orientierungspunkte schaffen", sagte Schubert. Nicht nur Historiker und Geschichtslehrer sind sich darüber im Klaren, dass Hitler nicht unvermeidlich war. "Der Nationalsozialismus hatte zwar seine tiefen Wurzeln, aber Geschichte ist nicht vorherbestimmt, sondern sie ist immer offen und kann von uns allen mitgestaltet werden."
Shoah und Holocaust
Die Vereinten Nationen riefen 2005 den 27. Januar als "Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust" aus. Seit 2006 wird er weltweit an zahlreichen Orten begangen. Der Bundestag kommt anlässlich des Gedenktages alljährlich zu einem Staatsakt zusammen, an dem alle Spitzen der Verfassungsorgane teilnehmen. Der Begriff "Holocaust" leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet "Brandopfer". Er wird heute vor allem für den systematischen Völkermord an den europäischen Juden im Zweiten Weltkrieg durch die Nationalsozialisten verwendet. Juden sprechen oft auch von der "Shoah" - so lautet der hebräische Begriff für den Holocaust.
Schubert dankte Franz Kahlert vom Verein Starkes Dorf, Ortsbürgermeister Peter Kovermann, dem Spes-Viva- Chor und Stéphanie Jeanne-Djekic für die schulinterne Organisation dieser Veranstaltung sowie Hausherrin Ulrike Caselato, die den Platz für die Gedenkstunde zur Verfügung gestellt hat.
"Wir dürfen das Vergangenen nicht vergessen. Wir müssen die Erinnerung an das Geschehen wachhalten", sagte Ortsbürgermeister Peter Kovermann. Nie wieder dürften radikale Kräfte an die Macht kommen, um menschenunwürdig und grausame Taten verüben zu können.
Die Ereignisse 1933 bis 1945 seine ein Mahnung. Und die Verfolgung und Ermordung jüdischer Bürger sei auch eine Thema, das Ostercappeln betreffe. Kovermann erinnerte an das Schicksal des Ehepaars Helene und Josef Meyer, das im Fachwerkhaus Nr. 19, gegenüber der Platzes der Gedenkveranstaltung, gelebt hat. Das paar wurde nach 1933 ausgegrenzt und schikaniert. 1941 sind beiden Hochbetagten abgeholt und in eins der Lager im Osten deportiert worden, wo sich ihre Spur verliert.
Peter Kovermann verwies auch auf das Engagement der Zeitzeugin und KZ-Überlebenden Erna de Vries. Sie ist seit Jahren an Schulen zu Gast und berichtet über ihr Leben. Sie wurde 1923 in Kaiserslautern geboren. Ihr Vater war evangelisch und starb früh, ihr Mutter jüdisch. Sie erlebtem wie ihr Elternhaus zerstört wurde. Als ihre Mutter in KZ gebracht wurde, begleitete Erna de Vries. Die Mutter wurde umgebracht. Die Tochter überlebte diese Schreckenszeit. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, nachfolgenden Generationen über ihre Erlebnisse zu berichten.
Leben und Tod Anne Franks
Während im Januar vergangenen Jahres die Jugendlichen Texte zur Schoah über Schicksale Ostercappelner Juden vorgetragen haben, wiesen sie an diesem Montagvormittag auf das Leben der Anne Frank, die bei ihrer Tötung durch die Nationalsozialisten im gleichen Alter war wie sie selbst in der neunten Klasse, nämlich 15 Jahre. Bis zur Deportation im Jahr 1944 hatte sich Anne Frank mit ihrer Familie, die jüdischer Herkunft war, in einem Hinterhaus in Amsterdam vor den Nazis versteckt gehalten – 1940 waren deutsche Truppen in die Niederlande einmarschiert. Anne Frank starb 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen, kurz bevor das Lager befreit wurde.