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Exkursion in den Osnabrücker Steinbruch Eine echte Fossilien-Goldgrube: Über 300 Millionen Jahre Erdgeschichte im Piesberg

Von Marlen Busse | 16.09.2023, 08:30 Uhr 1 Leserkommentar

Hier schlagen Entdeckerherzen höher: Im Steinbruch des Osnabrücker Piesbergs verstecken sich zahlreiche Fossilien aus längst vergangenen Zeiten. Wir haben uns angeschaut, was den Piesberg so besonders macht, welche Funde dort gemacht werden können und was diese für die Wissenschaft bedeuten.

Erst kürzlich brachte der Piesberg ein 300 Millionen Jahre altes Spinnenfossil hervor. Dieser Fund gesellt sich in eine Reihe von tausenden fossilen Hinterlassenschaften aus der erdgeschichtlichen Periode des Karbons. Die im Steinbruch zu findenden Mineralien und Fossilien von Pflanzen, Insekten und anderen Tieren haben für die Wissenschaft ein großes Interesse.

Immer wieder werden dort Arten gefunden, die bisher noch nicht beschrieben wurden. „Der Piesberg ist unter Fachleuten weltweit bekannt“, sagt Dr. Patrick Chellouche, stellvertretender Museumsdirektor des Museums am Schölerberg. Der Steinbruch wurde 2019 zum Nationalen Geotop erklärt und ist ein wichtiger Fossilfundort für Deutschland.

Beste Voraussetzung für eine gute Erhaltung von Fossilien

Das liege vor allem daran, dass es im Gebiet des Piesbergs vor 306 bis 308 Millionen Jahren weit ausgedehnte Sumpfwälder und einen größeren See gegeben habe. Die Fossilien waren dort besten Erhaltungsbedingungen ausgesetzt, weil sie kaum von Mikroben zersetzt wurden. Dadurch kommt es am Piesberg immer wieder zu spektakulären Entdeckungen: Neben dem Spinnenfossil konnten dort unter anderem der weltweit älteste Farn oder das Riesenfossil Sigillaria geborgen werden.

Oft sind die fossilen Überreste so klein, dass sie mit dem bloßen Auge fast nicht zu erkennen sind. Deshalb sei ein geschulter Blick wichtig. „Es braucht langjährige Erfahrung, um die Fossilien zu entdecken“, sagt Angelika Leipner. Sie ist geologische Präparatorin am Museum am Schölerberg und hat bereits zahlreiche Fossilienfunde gemacht.

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Das Museum am Schölerberg bietet seit April eine Dauerausstellung, in der sich Besucher unter anderem einen lebensechten Karbonwald mit Bäumen, Pflanzen und Tieren aus dem Kohlezeitalter anschauen können. Die Fossilfunde aus dem Piesberg sind dort detailgetreu nachgebildet. Zu finden sind im Wald neben einem zwei Meter langen Tausendfüßler und anderen heute ausgestorbenen Insekten auch der versteinerte Wurzelstock des Siegelbaums.

Unmengen an fossilen Überresten

Die Paläontologen teilen bei ihrer Arbeit die Gesteinsbrocken im Steinbruch mit einem Geologenhammer, sodass ein Blick ins Innere möglich wird. „Wenn ich den ganzen Tag im Steinbruch bin, mache ich in der Regel mindestens einen der seltenen tierischen Funde“, sagt Leipner. Pflanzliche Überreste wie den Samenfarn oder Schachtelhalmgewächse gebe es dort zur Genüge – vollständiger erhaltene Pflanzenfossilien oder gar Insekten seien hingegen schon wesentlich seltener.

Glaubt ein Forscher, einen Fund gemacht zu haben, wird dieser im Museum unter einem Mikroskop genauer untersucht. Besonders eindrucksvoll sei es, wenn es sich bei der Entdeckung um eine neue Art handle oder um einen Fund, der regional bedingt nicht am Piesberg erwartbar gewesen wäre. Bis es im Anschluss dann aber zur Publikation kommt, ist es laut Leipner ein langer Prozess.

Rückschlüsse auf den Klimawandel

Lediglich circa fünf Prozent aller damaligen Lebewesen liegen als Fossil vor, so Chellouche. Ein Fossilfund sei nur ein kleiner Teil eines großen Ganzen. „Mit jedem Fund können wir das Puzzle der damaligen Lebenswelt ein Stück mehr zusammensetzen“, sagt der Kurator. Und sogar etwas über den Klimawandel lernen: Bereits vor 300 Millionen Jahren habe sich infolge einer Klimaerwärmung ein warmes und trockenes Klima herausgebildet, aus der Rückschlüsse für die heutige Zeit gezogen werden können.

Die ersten Entdeckungen aus den Kohleflözen des Piesbergs wurden schon im Jahr 1799 verzeichnet. Möglich sind die Fossilfunde durch den aktiven Sandsteinabbau im Steinbruch. Neben den Geologen begeben sich dort auch viele Hobbyforscher auf die Suche. Aber: Nicht jeder darf einfach so den Steinbruch betreten. Eine Betretungsgenehmigung ist zwingend notwendig. Auch sind Helm, Schutzweste und festes Schuhwerk erforderlich. Zu groß ist ansonsten die Gefahr, sich zu verletzen.

1 Kommentar
Stefan Siegmund
Was aber doch schade ist, dass das einzigartige Spinnenfossil vom Piesberg nicht den Weg in das Museum am Schölerberg gefunden hat, sondern sich stattdessen jetzt in Berlin befindet. Oder gibt es dafür eine wissenschaftliche Begründung?