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Restaurant eröffnen? Das braucht es Gastronom Tobias Neumann: „Nachwuchsförderung in Osnabrück ist kaum existent“

Von Julia Bertram | 24.08.2023, 09:15 Uhr 13 Leserkommentare

Die Gastronomie steckt momentan in der Krise. Das ist auch in Osnabrück zu spüren. Tobias Neumann von der Steakmeisterei kennt die Gründe. Und er weiß, worauf man achten sollte, wenn man ein neues Restaurant eröffnen möchte – gerade in diesen Zeiten.

In diesem Jahr haben bereits um die zehn Lokale in Osnabrück dauerhaft ihre Türen geschlossen, manche davon nach einer Lebensdauer von weniger als einem Jahr. Einige wurden durch neue Gaststätten oder Restaurants ersetzt. Woran liegt das?

Schwierige Zeiten für die Gastronomie

Die Branche steht momentan vor großen Herausforderungen: Die Schließungen während der Corona-Lockdowns, steigende Kosten durch die Inflation, Fachkräftemangel und die Energiekrise leeren die Geldbeutel der Gastronomen. Tobias Neumann ist Inhaber der Osnabrücker „Steakmeisterei“ und spricht von über 35 Prozent höheren Ausgaben.

Dazu komme der Mangel an geschultem Nachwuchs. „Die Nachwuchsförderung in Osnabrück ist kaum existent“, sagt Neumann und begründet damit teilweise die immer kleiner werdenden Bewerberzahlen.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) berichtet, dass die Bundesagentur für Arbeit in Osnabrück in der Hotellerie und Gastronomie aktuell 39 offene Stellen registriert hat. Der Personalmangel sei auch ein Grund dafür, dass viele Gastronomen bereits ihre Öffnungs- oder Küchenzeiten geändert haben, sagt Peter Buddenberg von der NGG:

„Die Gastronomie kocht und bedient nur noch auf Sparflamme.“
Peter Buddenberg
Geschäftsführer der Gewerkschaft NGG Osnabrück

Um diesen Trend umzudrehen, fordert die NGG einen „Gastro-Start-Lohn“ von 3000 Euro brutto pro Monat für alle, die nach ihrer Ausbildung in der Branche in Vollzeit anfangen.

Mehrwertsteuersenkung läuft aus

Die Mehrwertsteuersenkung für Speisen von 19 auf 7 Prozent, die während der Pandemie als Entlastung für die Branche gedacht war, soll zu Dezember 2023 auslaufen. Das würde zu einer weiteren Belastung für Gastronomen führen, weswegen Verbände wie der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) mit Petitionen dagegen ankämpfen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde bereits eine dauerhafte Niedrigsteuer beschlossen.

Nicht jeder ist für die Selbstständigkeit in der Gastronomie geeignet

Kann eine Restauranteröffnung unter diesen Bedingungen überhaupt gelingen? Wolfgang Hackmann ist Vorsitzender des Dehoga-Bezirksverbandes Osnabrück. Ob ein Konzept Erfolg hat, ließe sich zumindest grob abschätzen. Gastro-Neulinge sollten deshalb unbedingt Beratungsangebote erfahrener Kollegen wahrnehmen.

Um eine Chance auf Erfolg zu haben, sagt Hackmann, muss ein Gründer Disziplin und Beharrlichkeit mitbringen: „Es ist toll, wenn jemand gerne kocht, aber darauf kommt es nicht an. In der Gastronomie musst du ran, egal, ob du Lust hast.“ Auch die persönlichen Lebensumstände seien nicht unerheblich: „Der Partner oder die Partnerin müssen das mittragen. So eine Selbstständigkeit ist nie nur eine 40-Stunden-Woche.“

Das Wichtigste ist laut Hackmann Liquidität. Für ein halbes Jahr müssen alle Ausgaben gedeckt werden können, denn so lange könne es dauern, bis ein neues Restaurant Profit macht. Auch nicht zu unterschätzen sei ein guter Businessplan. Dieser beinhalte neben einer konkreten Zielsetzung für den benötigten Ertrag auch die Überlegung, welches Konzept zu der Stadt passt. Dazu gehöre immer die Frage, welcher Bereich schon gesättigt ist – also, ob die fünfte Pizzeria in einem 100 Meter Radius gebraucht wird.

Was Osnabrück gastronomisch überhaupt noch benötigt

Tobias Neumann ist der Meinung, dass Osnabrück bezogen auf die Einwohnerzahl gastronomisch vielseitig aufgestellt ist. Es werde aber immer eine Nische geben, denn die Anforderungen wandeln sich schnell. Man müsse sie nur finden.

Neumann hat in seinen 20 Jahren Gastronomieerfahrung Trends kommen und gehen sehen. Er nennt das Beispiel Craft Bier: Vor einigen Jahren war es sehr gefragt, heute ist es kaum noch auf einer Karte zu finden. Ein Gastronom benötige das Verständnis, diese Wandlungen wahr- und anzunehmen. Er findet, das Sprichwort „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ passt zu keiner Branche so gut, wie zu dieser.

Der Osnabrücker lege nach Neumanns Erfahrung Wert auf solche Dinge. Er habe den Anspruch auf Innovation, aber gleichzeitig auch Tradition. „Dieser Kombination sollte ein Restaurant in Osnabrück gerecht werden. Die Kunst ist es, das gut miteinander zu verbinden“, sagt Neumann.

Er ist sich sicher: „Die Gastronomie steht vor noch nie da gewesenen Herausforderungen.“ Ob sich die neu eröffnenden Restaurants in Osnabrück trotzdem durchsetzen können, ließe sich pauschal nicht beantworten. Sicher sei aber: „Leicht wird es nicht.“

Das tut sich in der Osnabrücker Geschäftswelt

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13 Kommentare
Ulrich Bänsch
Bei aller möglicherweise auch angebrachten Kritik, halte ich es für nicht fair, dass ein Restaurant hier öffentlich an den Pranger gestellt wird. Da vermisse ich etwas die moderierende Hand der NOZ