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Osnabrück Blaues Licht soll Fixer und Junkies fernhalten

13.11.2000, 23:00 Uhr

Für Tanja Kulink war der erste Eindruck der Toilette im neuen Uni-Hörsaalgebäude unheimlich. "Ich kam mir vor wie in einer blauen Höhle", berichtete die 21 jährige Studentin aus dem Emsland. Was sie und die wenigsten Nutzer solcher öffentlichen Toiletten wissen: Bei dem blauen Licht handelt sich um eine "Anti-Drogen-Beleuchtung". Sie verhindert, dass Süchtige ihre Venen sehen und sich eine Spritze setzen können.

Über den einfachen Trick sind nur wenige Fachleute informiert, obwohl er bundesweit in vielen Großstädten und Kaufhäusern angewandt wird. "Diese Beleuchtung hat uns sehr geholfen", erklärte Manfred Blome, Dezernent für Liegenschaften und Technik an der Universität Osnabrück. Bis zum erstmaligen Einsatz im Erweiterungsgebäude an der Seminarstraße vor rund drei Jahren sei die Drogenproblematik ein "Riesenproplem" gewesen. "Wir haben täglich bis zu 40 Spritzen entfernen müssen, der Notarzt war zwei bis dreimal wöchentlich da und es gab auch zwei Drogentote in der Toilette", erzählte Blome. Mit der neuen Beleuchtung, die aus handelsüblichen blauen Leuchtstoffröhren besteht, sei die Problematik jetzt beherrschbar geworden. "Wer jetzt auf unsere Toiletten geht, um zu spritzen, hat kaum eine Chance, seine Adern zu finden".

Die Universitätsverwaltung habe sich seinerzeit schweren Herzens zu diesem Schritt entschlossen und setze auch jetzt nach wie vor auf ein Zusammenspiel mit anderen präventiven Maßnahmen. "Aber unsere Studenten und Angestellten hatten schlichtweg Angst, auf die Toiletten zu gehen", so der Dezernent. Nicht die Süchtigen selbst, sondern insbesondere die dort verkehrenden Dealer hätten Furcht verbreitet. Um die Toiletten überhaupt öffentlich zu halten, sei das blaue Licht nötig gewesen.

Der Tipp dazu kam mehr zufällig aus den Reihen der Hausmeister gekommen. Die hatten von ihren Kollegen der Osnabrücker Parkstätten-Betriebsgesellschaft (OPG) davon gehört. Die OPG schützt sich in den Parkhäusern Ledenhof und Kollegienwall mit dem blauen Licht vor ungebetenen Toiletten-Besuchern. Die Stadt verfügt über drei ständig geöffneten Toilettenhäuser. Die funktionieren vollautomatisch und stehen an belebten Orten, was sie für Drogenabhängige unattraktiv macht. Daher kann dort auf das spezielle Licht verzichtet werden.

Das tut auch die Bahn AG: "Auf unseren bundesweit 6000 Bahnhöfen haben wir keine Anti-Drogen-Beleuchtung, denn dort kontrolliert der Bundesgrenzschutz", so ein Sprecher der Bahn.In Hannover gab es die blauen Lampen bis Februar auf einer der 36 öffentlichen Toiletten, nämlich der am zentralen Omnibusbahnhof. Dann übernahm die Firma Deutsche Städte Medien die Regie und baute als erstes die blauen Röhren aus. "Wir halten schließlich ein Service-Angebot vor und wollen unsere Kunden nicht vergraulen", erklärte Peter Rosenstein für das Unternehmen. Außerdem verhindere das Licht, dass sich Frauen schminken können.

Alfred Lessing als Drogenbeauftragter der Landeshauptstadt begrüsste gestern diese Entscheidung. Allerdings gebe es in Hannover einen Drogenkonsumraum, was den Verzicht auf das Licht erleichtere. "Als kurfristige Intervention an Brennpunkten kann die Beleuchtung aber durchaus Sinn machen", betonte er.