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Nazi-Terror im April 1941 Osnabrücker Stolperstein: „Aktion T 4“ trifft Anstaltspatientin Berta Glombik

02.02.2013, 11:14 Uhr

Als sie in einen der grauen Busse einsteigen musste, war ihr Tod längst beschlossen. Berta Glombik war eine von 180 Patienten der Heil- und Pflegeanstalt am Gertrudenberg, die im April 1941 abgeholt wurde. Im Juni starb die Osnabrückerin in der Gaskammer der Tötungsanstalt Hadamar.

Berta Glombik wurde 1895 in Wilhelmshaven geboren. Ihr Vater Joseph arbeitete bei der Post. Offenbar wegen dessen Berufs zog die Familie nach Osnabrück. Dokumente weisen darauf hin, dass Berta Glombik als junge Frau nach Osterode zog – und 1915 wieder zurück in die Wohnung ihrer Eltern nach Osnabrück. 1927 starb ihr Vater im Alter von 63 Jahren. Im selben Jahr erschien im Verzeichnis des Einwohnermeldeamtes hinter dem Namen Berta Glombik der Zusatz „geisteskrank“. Das Aufnahmebuch der Provinzial Heil- und Pflegeanstalt am Gertrudenberg gibt darüber Auskunft, dass sie dort 1929 im Alter von 34 Jahren aufgenommen wurde.

Vier Jahre später übernahmen die Nationalsozialisten die Macht. Zu ihren Opfern sollten auch Anstaltspatienten gehören. Adolf Hitler ließ, über Deutschland verteilt, mehrere Tötungsanstalten bauen, unterstellte sie einer eigenen Verwaltung an der Tiergartenstraße 4 in Berlin und beauftragte sie mit der „Aktion T 4“.

Beamte erfassten Anstaltspatienten in Deutschland, um sie unter anderem nach ihrer Arbeitsfähigkeit zu beurteilen. 200000 Menschen fielen auf diese Weise durch das Raster der nationalsozialistischen Ideologie. Ihre Mörder hatten von Hitler eine „Tötungsermächtigung“ für „unwertes Leben“ erhalten. Das Regime bezeichnete die Taten als „Rassenhygiene“ und „Desinfektion“.

Am 22. April 1941 kamen die grauen Busse nach Osnabrück. Sie brachten die Patienten für sechs Wochen in ein Zwischenlager nach Eichberg. Im Juni wurden sie nach Hadamar transportiert und offenbar sofort in der Gaskammer ermordet. Berta Glombik war 46 Jahre alt, als sie sterben musste. Vor ihrer Aufnahme am Gertrudenberg hatte Berta Glombik an der Bruchstraße 38 gewohnt. Heute lautet die Adresse Konrad-Adenauer-Ring. Die Hausnummer blieb. Und jetzt erinnert dort ein Stolperstein an das Opfer des NS-Regimes. Bei der Verlegung zeigte Patin Gunda Völler ihre Empörung über „die Selbstherrlichkeit“ der Nationalsozialisten, die Menschen nach Kosten und Nutzen bewerteten und sie im ungünstigen Fall als „Ballastexistenzen“ bezeichneten – und töteten.

Gunda Völler wies auch auf Vordenker der Nationalsozialisten hin: Karl Lorenz Binding (1841–1920) und Alfred Erich Hoche (1865–1943) hatten 1920 das Buch „Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“ veröffentlicht. Die Nationalsozialisten begeisterten sich für das Werk der beiden Professoren – und machten einen Albtraum wahr.

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