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Für bezahlbaren Wohnraum Bündnis sammelte bislang 2000 Unterschriften für Bürgerbegehren

Von Wilfried Hinrichs | 29.09.2018, 13:19 Uhr

Das "Bündnis für bezahlbaren Wohnraum" in Osnabrück hat allein am Samstag etwa 800 Unterschriften für das Bürgerbegehren zur Gründung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft. "Es läuft richtig gut", sagte Bündnissprecher Klaus Schwietz nach einer "interessanten Nacht" auf dem Pflaster vor dem Theater.

Sechs Mitglieder des Bündnisses hatten die Nacht von Samstag auf Sonntag auf dem Platz der Deutschen Einheit in Zelten verbracht, um auf die etwa 860.000 Menschen hinzuweisen, die in Deutschland obdachlos sind. "Das war eine interessante Erfahrung", sagte Klaus Schwietz. Laut sei es gewesen, ergänzte Michael Weinmann, "aber auch sehr kommunikativ". Sie seien mit vielen Nachtschwärmern ins Gespräch gekommen und hätten viel Unterstützung erfahren, so Weinmann. Etwa hundert Osnabrücker unterschrieben im Licht der Straßenlaternen das Bürgerbegehren für eine kommunale Wohnungsgesellschaft in Osnabrück.

Erster öffentlicher Auftritt

Der heutige Aktionstag war der erste öffentlichkeitswirksame Auftritt des Bündnisses. Am 11. September hatte der Verwaltungsausschuss der Stadt die Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens anerkannt. Binnen sechs Monaten muss das Bündnis 9830 Unterschriften von wahlberechtigten Osnabrückern sammeln, um einen Bürgerentscheid zu erwirken. Der Bürgerentscheid, der parallel zur Europawahl im Mai 2019 durchgeführt werden könnte, hätte bindende Wirkung für den Stadtrat. Die Frage, über die die Osnabrücker dann abstimmen sollen, lautet: Soll die Stadt Osnabrück eine kommunale Wohnungsgesellschaft gründen?

Die Mitglieder der etwa 40 Initiativen, Verbände, Vereinigungen oder Gruppen, die sich dem Bündnis angeschossen haben, beantworten die Frage mit einem klaren Ja. "Die Wohnungsnot trifft Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten, auch immer mehr Normalverdiener kommen in die Situation, dass sie die Miete nicht mehr bezahlen können", sagte Klaus Schwietz zum Auftakt des Aktionstages. In der Nacht sei ein junger Mann, 20 Jahre, zu ihm gekommen, der an der Meller Straße für eine 40-Quadratmeter-Wohnung 465 Euro kalt zahle. "Wie sollen junge Leute in der Ausbildung das noch finanzieren?", fragte Schwietz.

40 Prozent des Einkommens für die Miete

Er zitierte eine Gewerksschaftsstudie, wonach jeder fünfte Haushalt heute 40 Prozent des Einkommens für Miete aufbringen müsse. In Osnabrück müssten mindestens 3000 Wohnungen geschaffen werden, davon die Hälfte im unteren Preissegment von sechs Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Für Investoren sei es lukrativer, exklusiven und teuren Wohnraum zu schaffen. Daher brauche Osnabrück eine städtische Wohnungsgesellschaft, um Menschen mit niedrigem oder mittleren Einkommen eine bezahlbare Wohnung zu bieten und mittelfristig dem Mietanstieg entgegen zu wirken.

Die Wohnungsgesellschaft soll nach den Vorstellungen des Bündnisses einen eigenen Wohnungsbestand aufbauen. Das Kapital könnte über Kredite, öffentliche Zuschüsse, Fördermittel und Mieteinnahmen aufgebracht werden. Die im Besitz der Stadt befindlichen Grundstücke und Wohnungen sollen in diese Gesellschaft eingebracht werden. Die Gesellschaft soll nicht profitorientiert arbeiten.

Bisher 1500 Unterschriften

Die Unterschriftensammlung laufe bislang "sehr gut", so Michael Weinmann. Fast jeder, der angesprochen werde, unterstütze das Anliegen. Da viele Sammler auch privat mit Listen unterwegs sind, ist eine Zwischenbilanz schwierig. Weinmann und Schwietz schätzen, dass seit dem Start vor zwei Wochen über 2000 Unterschriften vorliegen. Allein am Samstag bekundeten etwa 800 Osnabrücker ihre Unterstützung per Unterschrift. Unterschreiben dürfen nur Osnabrücker, die bei der Kommunalwahl wahlberechtigt sind, also auch Jugendliche ab 16.

Keine Mehrheit im Rat

Osnabrück besaß bis 2002 mit der OWG eine kommunale Wohnungsgesellschaft. Der Verkauf sei eine "schwere Fehlentscheidung" gewesen, die mit dem Bürgervotum korrigiert werden müsse, sagte Schwietz. Im Stadtrat gibt es eine knappe Mehrheit (27 zu 24 Stimmen) dagegen: CDU/BOB, FDP sowie UWG/Piraten stimmten mehrfach gegen entsprechende Anträge von SPD, Grünen und Linken. Die Gegner einer kommunalen Gesellschaft argumentieren, es gebe bereits mehrere gemeinnützig orientierte Akteure auf dem Wohnungsmarkt, die bereit seien, mehr in den sozialen Wohnungsbau zu investieren.

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