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Mit Toga und Rollator Mehr als 25 Jahre Comedy: Willi Podewitz im Gespräch

Von Tom Bullmann | 10.07.2019, 19:13 Uhr

Seit mehr als 25 Jahren betreten die Gebrüder Podewitz die Bühne, um das Publikum mit einer Mischung aus Flachwitz, Nonsens und gehobener Comedy zu unterhalten. Anlässlich ihres Osnabrück-Auftritts mit dem Jubiläumsprogramm „Wer plaudert wird erschossen“ unterhielten wir uns mit Willi Podewitz über die Halbwertzeit von Witzen, über „Strafgedichte“ und das Arbeiten bei Mutti.

Herr Podewitz, Sie feiern gerade Ihr 25. Bühnenjubiläum…

Das stimmt nicht ganz. Eigentlich sind wir schon seit 26 Jahren unterwegs. Das erste Mal sind wir 1992 aufgetreten, Osnabrück kam dann ein bisschen später.

Was hat sich in der Comedyszene seither verändert?

In der Szene ist unglaublich viel los. Und der Boom lässt gar nicht nach. Erst dachten wir, das sei so eine Welle, die wieder abebbt. Aber die Flut mit neuen Comedians wird immer stärker. Und es ist wie in der Literatur und in der Musik: Je mehr es gibt, desto mehr Schrott ist dabei. Als mein Bruder und ich anfingen, gab es beispielsweise nicht jeden Tag mehrere Comedy- oder Kabarett-Sendungen im Fernsehen. Die jetzige Situation ist aus der damaligen Perspektive ein Traum. Aber man sollte immer vorsichtig sein, wenn man sich etwas wünscht. Damals wollten wir mehr, jetzt haben wir mehr und müssen feststellen, dass da gar nicht alles so schön ist.

Verstehen Sie sich als Comedy-Vorreiter?

Nun, wir sehen uns schon ein bisschen in der Pionierrolle. Vor 25 Jahren gab es ja das Wort Comedy hier bei uns noch gar nicht richtig. Das Publikum und die entsprechenden Spielstätten existierten auch noch nicht. Das mussten wir uns erst einmal erarbeiten. Insofern kann man schon sagen, dass wir mit dem Planwagen in den Wilden Westen geritten sind.

Ist das Publikum mit Ihnen gealtert?

Ja, das ist durchaus richtig. Und wir finden das schön. Denn wenn wir sehen, dass uns die Leute über die Jahre hinweg treu bleiben und immer wieder kommen, ist das ja doch etwas Tolles. Früher gab es Schlagerstar wie Udo Jürgens, die in Interviews immer betont haben, dass sie so viele junge Leute im Publikum haben. Die fanden wohl, dass sie das sexy mache. Bei Podewitz liegt der Schwerpunkt eindeutig bei Leuten in unserem Alter, also in den 50ern. Aber es verirren sich immer mal ein paar junge Leute zu unseren Auftritten. Daher sagen wir: Man muss kein Rollator-Fahrer sein, um eine Podewitz-Show zu sehen.

Sie nennen das, was Sie machen, „autoritäre Unterhaltung“. Wie darf man das verstehen?

Man darf das Publikum an solchen Comedy-Abenden nicht sich selbst überlassen. Es braucht durchaus Disziplin und Anweisungen. Und Druck. Wenn das nicht funktioniert, setzt es Strafmaßnahmen. Das sind die „Strafgedichte“ von meinem Bruder. Damit kann man das Publikum dann 90 Minuten in Schach halten.

Die Strafgedichte trägt Ihr Bruder stets wie ein römischer Herrscher in weißer Toga vor, sich selbst auf einer Papp-Lyra begleitend…

Genau. Sehen Sie, viele Leute haben einfach Angst vor Lyrik. Daher greifen wir immer dann, wenn die Stimmung in den Keller geht, zu einem Strafgedicht. Das wirkt erst abschreckend, aber nach und nach finden die Zuschauer Freude daran.

Was dürfen Ihre Fans denn außer Strafgedichten zu Ihrem Jubiläum erwarten?

Als wir das Programm planten, überlegten wir, ob wir eine Art „best of“ mit vielen alten Nummern machen sollen. Dann haben wir uns entschieden, ein neues Programm zu machen. Es ist also keine nostalgische Revue, sondern ein aktuelles Programm, in das dann allerdings doch zwei alte Nummern reingekommen sind. Wir haben daran gerochen und festgestellt, dass die noch ganz gut sind.

Verjähren bestimmte Nummern denn nicht?

Auch wenn einige Themen durchaus zeitlos sind, so kann man die heute nicht mehr bringen, weil Humor und Komik nicht zeitlos sind. Bestimmte Sachen, die vor 10 Jahren liefen, kannst Du heute nicht mehr machen.

Beispiel Deutsche Bahn. Daran hat sich eine Zeit lang jeder Kabarettist und jeder Komödiant abgearbeitet. Da ist doch irgendwann die Luft raus, oder?

Nein. Der Satiriker Robert Gernhardt hat einmal gesagt: Man kann auch über ganz ausgelatschte Themen gute Witze machen. Es kommt nur darauf an, wie man es macht.

Herr Podewitz, Sie und Ihr Bruder leben in unterschiedlichen Teilen Deutschlands. Arbeiten Sie getrennt oder gemeinsam an Ihren Programmen?

Da passiert viel allein. Wir sammeln Ideen, beschäftigen uns mit den Vorarbeiten, entwerfen Texte oder schreiben auch mal ganze Nummern. Es gibt so Tage, an denen es einfach so aus einem herausfließt. Danach treffen wir uns, um alles zusammenzupacken. Meistens sind wir dann in Bremerhaven bei unserer Mutter, sitzen in ihrer Küche und futtern ihr den Kühlschrank leer.

Und Ihre Mutter freut sich, dass die Kinder zuhause sind.

Genau.

Bringen sie dann auch Ihre Wäsche zum Waschen mit?

Nein, aber es ist noch gar nicht so lange her, dass wir das gemacht haben…

Podewitz live: 17. Juli, 19 – 22 Uhr, Haus der Jugend, Innenhof (bei schlechtem Wetter im Saal)

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