Ab sofort und noch bis Dezember 2023 ist in der Gedenkstätte Esterwegen eine neue Ausstellung zu sehen. Wir haben uns „Freunde, Helfer, Straßenkämpfer – Die Polizei in der Weimarer Republik“ angesehen. Fünf Gründe, warum sich ein Besuch lohnt.
Grund 1: Bewegte Bilder im Original
Stellwände mit schwarzweißen Fotografien, viel Text kombiniert mit ein paar Exponaten - das sieht auf den ersten Blick nicht besonders verlockend aus, täuscht aber. Denn die Ausstellungsmacher haben nicht nur Originalfilmmaterial aufgetrieben, mit denen sie das Thema auch in bewegten Bildern präsentieren.
Grund 2: Schnell drin in einem spannenden Thema
Wer sich etwa eine Stunde Zeit nimmt und bereit ist, sich etwas in die Texte einzulesen, der ist schnell drin in einem spannenden Thema. Woher kam in der Weimarer Republik das Bemühen, die Polizei im Ansehen der Öffentlichkeit als bürgernah, als „Freund und Helfer“ darzustellen? Wo ließ sich das Ideal realisieren, und wie haben die Nationalsozialisten es schließlich vereinnahmt und ins Gegenteil verkehrt?
Die Ausstellung „Freunde; Helfer; Straßenkämpfer. Die Polizei der Weimarer Republik“ ist das Ergebnis eines Projektes der Forschungsstelle für Polizei- und Demokratiegeschichte an der Polizeiakademie Niedersachsen. In einer Kooperation zwischen der Gedenkstätte Esterwegen und der Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim führt die Reise der Wanderausstellung nun ins Emsland. Die Ausstellung lädt dazu ein, die widersprüchliche Geschichte der Polizei in der Weimarer Republik kennenzulernen. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung der preußischen Polizei, mit einem Blick auf die Gebiete des heutigen Niedersachsens.
Grund 3: Entdeckungen machen
Die besondere Aufbruchstimmung in der Weimarer Republik, der technische Fortschritt, der Gegensatz zwischen Stadt und Land – in der Ausstellung lassen sich dazu viele Aspekte finden. Die Schau liefert zum Beispiel Hinweise auf die ersten Frauen bei der Kriminalpolizei. Einem Bereich, der sich in der Weimarer Republik etablierte und das Medium Kino nutzte, um in den Pausen Fotos von gesuchten Personen zu zeigen.
Viel Hoffnung legten die Kriminalisten in die Einführung einer zentralen Fingerabdruck-Datenbank ab 1925 in Berlin. Man war überzeugt, durch das Sammeln solcher Daten Verbrecher abschrecken zu können. Die Welt der Landpolizisten war eine gänzlich andere. Zu ihren Aufgaben gehörte es, für Molkereien Milchkontrollen durchzuführen.

Neue Wege und politische Gegner
Die Weimarer Republik hat sich bemüht, die historische Nähe der Polizei in der Kaiserzeit zum Militär zu überwinden. Das neue Ideal war der gut gebildete republikanische Beamte auf Lebenszeit. Viele neue Polizeischulen wurden landesweit aufgebaut.
Dagegen standen zum Teil blutige Aufstände, eine politisch nicht stabile Lage und immer noch viele ehemalige Soldaten in den Reihen der Polizei und ihrer Führungskräfte, die die Republik ablehnten. Nach der „Schlussfahrt in die Diktatur“ ab 1933, die in der Ausstellung behandelt wird, schließt sich der Kreis nach der Gründung Niedersachsens 1946. Das niedersächsische Polizeigesetz von 1951 orientierte sich an Ideen der Weimarer Republik.
Die Gedenkstätte Esterwegen kooperiert seit 2021 mit der Landespolizei Niedersachsen. In diesem Rahmen betreut das Team der Gedenkstätte Gruppen der Polizei aus ganz Niedersachsen vor dem Hintergrund von Demokratieschutz und Extremismus-Prävention. „Wir sehen das als einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag unserer Gedenkstättenarbeit an,“ informiert der Co-Leiter der Gedenkstätte, Dr. Sebastian Weitkamp.
2023 jährt sich der Machtantritt der Nationalsozialisten zum 90. Mal. Die Gedenkstätte begleitet dieses Themenjahr mit der Ausstellung „Auftakt des Terrors“ über frühe Konzentrationslager in Deutschland, die von der bundesweiten AG „Gedenkstätten an Orten früher Lager“ erstellt wurde und viele regionale Bezüge zu den Emslandlagern herstellt. „In diesem Kontext war es mehr als sinnvoll, auch eine Ausstellung über die Polizei in der Weimarer Republik in die Gedenkstätte zu holen“, so Weitkamp weiter.
Im kommenden Jahr werde die Ausstellung „Ordnung und Vernichtung“ über die Polizei in Niedersachsen im Nationalsozialismus gezeigt, bei der die Verbindungen zu den Emslandlagern herausgearbeitet wurde.
Grund 4: Ausstellung gibt Denkanstöße
Die Ausstellung beschreibt Entwicklungen. Welche gesellschaftlichen Umstände lassen sich heranziehen, um welche politischen Folgen zu erklären. Dem Besucher ist es überlassen, selbst seine Schlüsse daraus zu ziehen. Können wir aus der Geschichte lernen? Die Ausstellung gibt Denkanstöße dafür.

Grund 5: Auch Führungen werden angeboten
Wer sich zu einer Führung anmeldet (Telefon: 05955 988950 oder fuehrungen@gedenkstaette-esterwegen.de), wird von Demokratie-Paten der Polizei durch die Ausstellung begleitet. Außerdem bietet der Besuch die Möglichkeit, die Gedenkstätte als Ganzes zu entdecken.