„Es braucht viel Empathie, man muss sich in die Menschen einfühlen und nachvollziehen können, wo ihre Probleme liegen“, sagt Armgard Focke (58), zweite Vorsitzende. Es gehe nicht darum, diese Probleme zu lösen. „Deswegen rufen die Leute nicht an.“
Bedarf für mehr Sprechzeiten
Für diese Aufgabe sucht der Verein Verstärkung. Denn der Bedarf ist gestiegen: Waren es im vergangenen Jahr 305 geführte Gespräche, kommen die Ehrenamtlichen in diesem Jahr seit März bereits auf 224. 176 Menschen versuchten das Sorgentelefon außerhalb der Gesprächszeiten zu erreichen. Deshalb möchte der Verein seine Telefonzeiten ausweiten.
Wer sich vorstellen kann, völlig anonym am Telefon ein offenes Ohr für andere Menschen zu haben, kann heute, 5. September, von 19 bis 21 Uhr an einer Info-Veranstaltung in der VHS Ibbenbüren, Raum 107, teilnehmen.
Seit zwei Jahren ist Karin Koch (59) aus Hopsten Vorsitzende des Vereins. Vor zehn Jahren begann sie ihr Ehrenamt am Telefon und sagt: „Manchmal erkennt man sich selbst in den Gesprächen wieder.“
Absolute Anonymität
Einsamkeit und psychische Probleme ebenso wie Familienbeziehungen sind die häufigsten Gründe für einen Anruf beim Sorgentelefon. Manche haben ein akutes Problem, bei anderen kreisen die Gedanken immer wieder um dieselben Sorgen. Zugesichert ist den Anrufern „absolute Anonymität“. Der Verein könne in keiner Weise nachhalten, von welcher Telefonnummer aus angerufen werde, erklärt Focke. Ehrenamtliche, sagt Koch, bräuchten ein „Mindestmaß an Lebenserfahrung“. Sie versuchen, durch die Gesprächsführung herauszufinden, was der Anrufer möchte. „Manche wollen auch gar keine Veränderung, sondern nur einen Zuhörer“, sagt Koch.
Kein „Reiß dich mal zusammen“
Sich zurückzunehmen müssten auch die Ehrenamtlichen oft lernen, wissen die Vorsitzenden. Ein „Mach doch mal dies“ oder „Reiß dich zusammen“ sei fehl am Platze, ebenso wie „ist doch alles nicht so schlimm“. „Ein ganz übler Satz“, meint Focke. Behutsame Vorschläge, aber vor allem die Frage nach dem Kern des Problems dagegen seien die Basis, Aushalten und mittragen. Es gebe jedoch auch Menschen, bei denen sich während der Ausbildung herausstelle, dass sie das Zuhören nicht hinbekämen.
In der Ausbildung lerne man auch viel über sich selber, weiß Focke. Bei den Gesprächen müssen die Ehrenamtlichen Empathie zeigen, aber gleichzeitig auch die nötige Distanz wahren, die Geschichten, die sie hören, nicht mit nach Hause nehmen.
Supervision und Arbeit an sich selbst
Supervision und Gespräche untereinander seien dabei sehr hilfreich. „Dadurch habe ich auch privat schon einiges geändert“, sagt Karin Koch, die ohnehin davon überzeugt ist, dass Ehrenamtliche beim Sorgentelefon auch viel für sich selbst mitnehmen können. Und auch der Lohn für die Dienste steht für Koch fest: „Am Ende bedanken sich immer alle fürs Zuhören.“ Und auch Armgard Focke ist sich sicher: „Man tut etwas sehr Sinnvolles.“
Das Sorgentelefon ist montags und dienstags von 9 bis 12 Uhr, mittwochs von 19 bis 22 Uhr, donnerstags von 15 bis 18 Uhr sowie freitags und sonntags von 19 bis 22 Uhr unter Tel.: 05451/3040 erreichbar.