Um gegen den Anbau von Soja und die möglicherweise damit verbundene Rodung des Regenwaldes zu demonstrieren, haben acht Aktivisten der Naturschutzorganisation „Robin Wood“ auf dem Gelände der Firma Rothkötter in Haren ein Plakat am Futtersilo angebracht. Nach zweieinhalb Stunden endete die Aktion.
Nach Angaben der Polizei vom Dienstag bestiegen sechs der Aktivisten gegen 11.45 Uhr das Futtersilo und entrollten ein Banner, mit der Aufschrift: „Tropenwald nicht verfüttern.“ Dazu seilten sich einige Aktivisten ab. Nach Eintreffen der Polizei entfernten sie das Banner und beendeten die Aktion selbstständig. Die Polizei hat die Ermittlungen wegen Hausfriedensbruchs aufgenommen. Auf das Gelände der Futtermühle waren die Aktivisten mit einem Fahrzeug mit emsländischem Kennzeichen gelangt.
Robin Wood hat die Aktion gemeinsam mit der Organisation Mighty Earth im Eurohafen durchgeführt. Beide fordern von Rothkötter, die Verwendung von „Soja aus Entwaldung sicher und nachvollziehbar auszuschließen“. Das Unternehmen sei einer der größten Geflügelfleischproduzenten in Deutschland und ein Hauptlieferant der Discounter Lidl, Aldi Süd und Netto. Im Eurohafen befindet sich eine Futtermittelanlage der Unternehmensgruppe, die direkt von Schiffen aus dem Eurohafen mit Futtermitteln beliefert wird. 2017 wurden rund 500.000 Tonnen Futtermittel insgesamt im Hafen umgeschlagen.
Die beiden Umweltschutzorganisationen wollen nach eigenen Angaben anhand von Satellitenbildern, Schiffs- und Navigationsdaten sowie Undercover-Interviews mit Hafenmitarbeitern die Schiffsbewegungen zwischen den Futtermittel-Silos der Agrarfirmen Bunge und Cargill in Amsterdam und dem Silo von Rothkötter in Haren nachweisen können. Bunge und Cargill seien im Mai 2018 von der brasilianischen Umweltbehörde im Zusammenhang mit illegalen Entwaldungen für den Sojaanbau mit hohen Strafzahlungen belegt worden.
Beide Firmen hätten unter den bekannten Agrarhändlern zudem das höchste „Entwaldungsrisiko für Soja“ in Südamerika: In Regionen, in denen entweder nur Cargill oder nur Bunge Silos besäßen, werde besonders viel und oft gerodet.
„Sicher ausschließen“
„Rothkötter muss die Verwendung von Soja aus Tropenwaldraubbau sicher und nachvollziehbar ausschließen“, fordert Tina Lutz, Tropenwaldreferentin bei Robin Wood. „ Der Schutz muss sich dabei auf alle tropischen Wälder erstrecken, nicht allein auf den brasilianischen Amazonas-Regenwald. Ansonsten macht sich das Unternehmen mitschuldig an Waldzerstörung und Menschenrechtsverletzungen in den Herkunftsländern des Soja.“
Allein für die deutsche Tierproduktion werde in Südamerika auf einer Fläche von 2,5 Millionen Hektar Soja in Monokultur angebaut. Um den Druck von den tropischen Wäldern zu nehmen, drängt Robin Wood daher auf einen Ausstieg aus dem Eiweißfutter-Import aus Übersee und auf eine drastische Reduktion der Tierproduktion.
„Zu wenig“
Der „Deutsche Verband Tiernahrung“ (DVT), der auch Rothkötter vertritt, tue „viel zu wenig, um die Lieferketten seiner Mitglieder frei von Ressourcen aus Abholzung zu halten“. Die von der Branche erarbeiteten europäischen Leitlinien für nachhaltige Sojabeschaffung seien nicht mehr als eine unverbindliche Empfehlung.
Im Januar 2018 hatten Mighty Earth und Robin Wood die wichtigsten deutschen Futtermittel- und Fleischproduzenten, darunter Rothkötter, um Auskunft gebeten, ob sie Soja von Bunge oder Cargill beziehen. Rothkötter verweigerte demnach die Auskunft. Die Umweltschützer haben nach eigenen Angaben die Abnehmer von Rothkötters Geflügelfleisch aufgefordert, die Geschäftsbeziehungen nur weiterzuführen, wenn das Unternehmen Soja aus Entwaldung sicher und nachvollziehbar ausschließe.
Rothkötter wollte auf Anfrage die Demonstration nicht kommentieren und verwies auf den Deutschen Verband Tiernahrung in Bonn. Dessen Sprecher der Geschäftsführung, Hermann-Josef Baaken, teilte am Dienstag auf Anfrage mit, die Branche arbeite seit vielen Jahren daran, dabei mitzuhelfen, die Rodung der Regenwälder zu stoppen. Er verwies auf das sogenannte Soja-Moratorium von 2006, nach dem Soja nicht von Regenwaldflächen stammen dürfe, die nach Juli 2008 gerodet wurden. Das Moratorium werde getragen von Wirtschaft, Umweltministerium und NGOs wie Greenpeace und dem WWF und habe zu nachweislichen Erfolgen geführt. Schätzungsweise 60 Prozent des nach Deutschland importierten Sojas stammten von Flächen, die im Sinne des Moratoriums zertifiziert seien.
„Vorwürfe ungerechtfertigt“
Baaken betonte, die Vorwürfe gegen Rothkötter seien ungerechtfertigt. „Die Protestaktion in Haren ist eine Showaktion und enthält Falschaussagen zum Engagement der Tiernahrungshersteller.“ Dem Schutz des Regenwaldes sei nicht mit einseitigen Importbeschränkungen gedient, sondern mit fundierten Zertifizierungssystemen. 2015 habe der europäische Verband der Mischfutterhersteller (FEFAC) erstmals Leitlinien für die nachhaltige Sojabeschaffung erarbeitet. Diese hätten das Ziel, den Großteil des Marktes mit nachhaltiger Ware zu versorgen. Hier sei man ständig in Gesprächen. 11,5 Prozent des Mischfutters (insgesamt 24 Millionen Tonnen bundesweit pro Jahr) besteht nach Baakens Angaben aus Sojaschrot.