Das konnten Archäologen mit einer Grabung im Vorfeld der Erschließungsarbeiten nachweisen. Einige erste Ergebnisse der Untersuchungen auf einem Teil des 6,3 Hektar großen Baugebietes hat der Landkreis Emsland jetzt auf Anfrage mitgeteilt. Demnach handelt es sich zwar nicht um einen besonders spektakulären Fundort, aber immerhin um einen Beweis dafür, dass diese Gegend um Haren schon vor zwei Jahrtausenden als Siedlungsort attraktiv gewesen sein muss. Haren selbst wurde erst vor 1200 Jahren erstmals urkundlich erwähnt.
Ende April 2018 waren im Auftrag der Niedersächsischen Landgesellschaft die Bagger angerollt, um das Baugebiet „Nördlich der Adenauerstraße, Teil II“ zu erschließen. Bereits seit vielen Jahren waren dort nach Angaben des Landkreises Emsland von der Hobbyarchäologin Margot Nünemann aus Haren immer wieder kleine Funde aufgelesen worden, unter anderem Scherben von Gefäßen und Reste aus der Eisenproduktion. Somit hatte auch die Archäologie das Gebiet seit längerer Zeit im Blick und eine genauere Untersuchung stand an.
Bereits bei der Vorbereitung der Trassen für die Erschließungsstraßen kamen dann die ersten Befunde ans Tageslicht. Von Befunden spricht ein Archäologe, wenn Bodenverfärbungen sichtbar werden, die vor vielen Jahrhunderten oder Jahrtausenden durch menschliche Aktivitäten verursacht wurden - wie etwa den Hausbau, Ackerbau und Viehzucht, Keramikproduktion, Eisenverarbeitung oder die Anlage von Friedhöfen.
Bei solchen Spuren menschlicher Besiedlung handelt es sich gemäß Denkmalschutzgesetz um Bodendenkmale, die von Fachleuten ausgegraben und begutachtet werden müssen. Deshalb wurden gemäß gesetzlichem Verursacherprinzip im Auftrag der Niedersächsischen Landgesellschaft, die die Erschließung des Baugebietes übernommen hatte, Archäologen der Grabungsfirma Arcontor (aus Cremlingen bei Wolfenbüttel) tätig und untersuchten einen Großteil der freigelegten Flächen. Dabei wurde deutlich, dass sich die Siedlung nur auf einen kleinen Teil der unbebauten Flächen beschränkte, denn große Bereiche des Baugebiets gehörten ehemals zum Überflutungsgebiet der Ems und konnten nicht bewohnt werden.
Die Archäologen wiesen 118 sogenannte „Pfostengruben“ nach, also Standspuren von Gebäuden, sowie 80 Vorrats- oder Abfallgruben. Die Anordnung der Pfostengruben lässt nach Auskunft des Landkreises Emsland die Aussage zu, dass hier einmal mehrere kleinere Speichergebäude gestanden haben müssen. Möglicherweise lassen sich mit Hilfe des sogenannten Grabungsplans, in den die einzelnen Befunde eingezeichnet werden, sogar noch Wohnhausgrundrisse rekonstruieren - diese Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen, wenngleich die eigentlichen Grabungsarbeiten nun beendet worden sind.
Neben diesen Befunden beförderte die Ausgrabung auch einige Funde zutage, etwa zahlreiche Scherben von Keramikgeschirr. In mühseliger Klein- und Puzzlearbeit wird derzeit versucht, aus dem geborgenen Scherbenmaterial Gefäße wieder zusammenzusetzen. Außerdem fanden sich diverse Kleinteile einer sogenannten Spinnwirtel, also eines zu einer Handspindel gehörenden Schwunggewichts.
Eines aber verraten die Scherben schon jetzt, nämlich wann in etwa das Gebiet „Nördlich Adenauerstraße“ in Haren einst bewohnt war: Die Form und Verzierung der gefundenen Gefäßscherben belegen, dass hier in der vorrömischen Eisenzeit beziehungsweise frühen römischen Kaiserzeit, also ca. 800 v. Chr. bis ins erste Jahrhundert nach Christi Geburt, Menschen gelebt haben.
Danach blieb das Gelände zwar unbewohnt, aber nicht ungenutzt. Ab dem hohen Mittelalter haben die frühen Harener demnach stetig den Boden verbessert, um die Ernte von den Äckern zu verbessern. In der Grabung konnten sogenannte Eschgräben nachgewiesen werden. Eschgräben sind systematisch im Sandboden angelegte Gräben, die man mit humosem Material verfüllte, das unter anderem aus den Heidegebieten der Umgebung gestammt haben dürfte. Jahrhundertelang hatten Bauern Heideplaggen gestochen und als Einstreu in die Schafställe gebracht. Vermischt mit dem Dung der Tiere entstand ein wertvoller Dünger, den man auf die Äcker brachte. Kunstdünger gab es damals nicht. Entstanden sind Eschböden, die über die Jahrhunderte eine Stärke von 80 bis 200 Zentimeter erreichen konnten.
Im Gegensatz zu anderen Fundstätten dieser Art hat die kleine frühzeitliche Siedlung den Fortgang der Erschließung nach Angaben der Stadt Haren nicht verzögert. Auch der Preis der Bauplätze habe sich nicht erhöht.
Die 56 Grundstücke in Altharen entstehen auf zwei benachbarten Teilflächen und werden pro Quadratmeter voll erschlossen 118,50 Euro kosten.