Junge Bramscherinnen und Bramscher sind in aller Welt als Freiwilligendienstleistende unterwegs. Bei aller Verschiedenheit der Träger und der jeweiligen Anforderungen: Sie alle reizt es, neue Welten kennenzulernen. In unserer Reihe „E-Mail aus....“ berichten sie über ihre Erfahrungen. Heute schreibt Franziska Rulhof aus Namibia.
„Liebe Bramscher, das hier ist meine erste E-Mail, die ich aus dem sonnigen Windhoek in meine alte Heimat sende. Und vielleicht sollte ich mich deshalb erst einmal vorstellen: Mein Name ist Franziska Rulhof, ich bin 19 Jahre alt und komme aus Engter. Im Mai habe ich mein Abitur gemacht und bin nun seit Ende August in Namibia im Süden Afrikas, wo ich an der Waldorf School Windhoek (WSW) ein Freiwilliges Jahr im Ausland (FJA) begonnen habe. Seit ich in der zehnten Klasse für ein Jahr in Russland gewesen bin, zieht es mich wieder ins Ausland und so ist dieses Gap Year vor dem Studium eine willkommene Gelegenheit, noch einmal etwas Neues kennenzulernen.
Fünf Freiwillige
Ich lebe hier zusammen mit vier anderen Freiwilligen aus Deutschland in einem kleinen Häuschen auf dem Schulgelände und arbeite nachmittags im Hort. Dort sind wir zu dritt: eine Erzieherin aus Deutschland, die schon lange in Namibia lebt, eine Mitfreiwillige und ich. Im Hort sind ungefähr 25 Kinder aus ganz unterschiedlichen Kulturen. Namibia ist ein Vielvölkerstaat, in dem auch viele verschiedene Sprachen gesprochen werden. Neben der Amtssprache Englisch werden auch Afrikaans und viele sogenannte Nationalsprachen wie Oshiwambo oder Khoekhoegowab gesprochen.
Man spricht Deutsch
Aber auch Deutsch sprechen hier viele, denn Namibia war bis zum Ersten Weltkrieg eine deutsche Kolonie und noch immer leben viele Deutsche hier. So wird auch an der WSW, die vor fast zwanzig Jahren mithilfe vieler engagierter Waldorflehrer aus Deutschland gegründet wurde, zumindest teilweise auf Deutsch unterrichtet. Für meine Arbeit bedeutet das, dass ich ständig zwischen Deutsch und Englisch wechsle, denn wir sollen die Deutschkenntnisse der Kinder fördern, indem wir so viel wie möglich auf Deutsch sprechen. Aber da nicht alle Kinder Deutsch verstehen, muss ich vieles nochmal auf Englisch wiederholen.
Große Unterschiede
Nicht nur die verschiedenen Sprachen machen meine Arbeit im Hort so interessant, sondern auch die unterschiedlichen sozialen Hintergründe. Wie überall in der Welt ist die WSW eine Privatschule, für die Familien Schulgeld bezahlen müssen. Seit vielen Jahren ermöglicht die Schule aber auch Kindern aus sehr einfachen Verhältnissen den Schulbesuch. Diese Kinder kommen aus den Armenvierteln Windhoeks oder vom Land, ihre Schulwege sind oft lang und nicht immer gibt es bei ihnen zuhause jemanden, der sie z.B. bei den Hausaufgaben unterstützen kann. Im Klassenraum sitzen sie dann neben den Kindern von Politikern, Lodgebesitzern und Diplomaten. So eine große Spanne gibt es in Deutschland selten. Obwohl die Kinder, wie in Namibia üblich, eine Schuluniform tragen, sieht man doch an den Löchern im T-Shirt und den abgetretenen Schuhen, welches Kind im Township und welches Kind in einer der Villas am Stadtrand lebt. An kaum einer anderen Schule in Windhoek ist die Diversität so groß wie an der WSW, das macht sie so besonders und meine Arbeit immer wieder aufs Neue spannend.
Hiermit sende ich Grüße aus dem afrikanischen Sommer und verspreche, mich schon ganz bald wieder zu melden!“