Das Reggae-Jam-Festival in Bersenbrück steht unmittelbar bevor, die Euphorie ist ungebrochen. Gleichzeitig können die Macher schon auf eine legendäre Geschichte zurückblicken. Die wird in der Ausstellung „Out of many, one people. 25 Jahre Reggae Jam-Festival“ im Museum im Kloster jetzt gezeigt.
Die Eröffnungsveranstaltung am Freitagabend führte viele zusammen, ohne deren gemeinsames Arbeiten ein solches Festival nicht zu stemmen wäre. Und sie hob hervor, wie global und gleichzeitig lokal das Festival ist und wie vielfältig die Schar der Besucher und Gastgeber, Macher und Helfer.
Ausstellungsmacher Fabian Schröder vom Kulturbüro des Landkreises Osnabrück freut sich, dass mit dieser Präsentation auch ein museumsuntypisches Publikum angesprochen wird. „Museum geht auch anders“, so Schröder. Auch viele Ehrenamtliche vom Kreisheimatbund, die den Museumsbetrieb aufrecht erhalten, sehen das so. Als Erfolgsgeschichte für Landkreis und die Stadt Bersenbrück, für deren Geschäftsleute und für die Musikbegeisterten bezeichneten der stellvertretende Landrat Werner Lager und Bürgermeister Christian Klütsch die Reggae Jam.

Helmut Philipps kennt das Festival schon seit Jahren. Er moderierte am Freitag die Ausstellungseröffnung. Philipps ist Musikjournalist und arbeitet für das Magazin Riddim; hier wurde die Reggae Jam schon zwölfmal zum schönsten Reggae-Festival Europas gewählt. „Der ganze Ort hört sich ab donnerstags an wie Bass“, schildert er seine Eindrücke.
Anfangs hätten die Bersenbrücker die anreisenden Besucher noch als merkwürdige Pilgerschar beäugelt. Mittlerweile nähmen viele Einheimische mit Toleranz und Verständnis teil am bunten Treiben. Diese Gelassenheit und die gute Organisation mithilfe von Feuerwehr, THW, berittener Polizei und zahllosen Volunteers seien ein Grund für die Wahl auf Platz eins.

Ein weiterer: Das Festival bleibe wie kein anderes seinem Musikgenre treu. „Sheriff“ Lagemann als Festivalmacher hole nur Reggae-Musiker. Darunter seien viele Newcomer, die in Bersenbrück ihre Karriere starteten, und auch Künstler, die vor Jahren berühmt waren und die von ihren Fans hier endlich wieder live gehört werden können.
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Auch die Festivalmoderation durch Steve Ganjaman sei einmalig. Aber trotz so viel Lob sei immer noch Raum für Verbesserungen. Bernd Lagemann nannte das Müllkonzept in den nächsten Jahren. Und Philipps schlug ein Reggae-Kino als Tagesprogramm vor, das den Abendveranstaltungen vorgeschaltet werden könne. Auch Gesprächsforen, wie sie es als Reggae-University schon anderswo gäbe, seien interessant.

Wer sich für die Geschichte der Reggae Jam interessiert, ist in der Sonderausstellung gut aufgehoben. Große Bilder und Schautafeln geben klare Informationen über die Entwicklung des Festivals und die Musikrichtung, erklären Fachbegriffe wie Riddim und Roots oder den Unterschied von Zeltplatz und Dubcamp. In kurzen Filmen erklärt Bernd Lagemann, wie er zu seinem Spitznamen kam, wovon er als junger Mann träumte und nun in reiferem Alter.
Dass die örtliche Wirtschaft von der Jam profitiert, verdeutlichen ausgestellte Zahnbürsten und Schmerztabletten, Toilettenpapier und Einweggrills. Die Geschäftsleute gewinnen aber auch durch den Spaßfaktor. Begeistert erklären Hedwig und Reinhold Grewing am Freitagabend die verschiedenen Modelle der Reggae-Enten; das Menschliche kommt nicht zu kurz.

Bernhard und Ulla Mecklenfeld wohnen an der Straße Gildewart. Dies sei der „Reggae-Highway“, erklären sie, weil die Gäste hier zwischen Bühnen, Zeltplatz und Freibad pendelten. Die beiden genießen das entspannte Treiben, freuen sich darauf und lassen Nachzügler auch mal in ihrem Haus duschen. Ulla Mecklenfeld als leidenschaftliches Kolpingmitglied ist auch auf dem Platz nah dran am Geschehen. (Weiterlesen: Bersenbrücker Reggae Jam erneut zum besten Festival Europas gekürt)

„Der Wunsch nach Frieden liegt in der Reggae-Musik, aber auch nach Gerechtigkeit“, erzählt Steve Ganjaman. Trotz vorherrschend gelassener friedlicher Festivalstimmung gibt es auch immer mal unschöne Momente. Davon berichtet Pastor Jürgen Kuhlmann in einem Ausstellungsvideo, als zwei zornige Gäste sich 2013 bei einem Gottesdienst wie Rowdys aufführten. Die Kirche sei von vielen Jamaikanern der Seite der Herrschenden und Unterdrücker zugeordnet worden, so Kuhlmann. Dieser Hintergrund mache den Vorfall nachvollziehbar.

Mit der geschichtlichen Entwicklung Jamaikas ist auch das Motto der Sonderausstellung zu erklären. „Out of many, one people“ bedeutet, dass aus den Bewohnern dieser karibischen Insel mit vielen verschiedenen Ursprüngen eine Nation geworden ist: Aus vielen (Völkern) wird eins.

Das Orchester Rote Heide, in dem Lagemann als Trompeter gespielt hat, und Reggaesongs des Künstlers Ganjaman umrahmen die Eröffnung. Die Berenbrücker Musiker und der Berliner Sänger werden Anfang August wieder auf der 25. Reggae Jam dabei sein. Die Sonderausstellung läuft bis Sonntag, 29. September. Öffnungszeiten: mittwochs von 9 bis 12 Uhr, donnerstags von 14 bis 17 Uhr, samstags von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, sonntags von 14 bis 17 Uhr.