Ein Artikel der Redaktion

Aktionswoche der Beratungsstelle Fast jeder Sechste im Artland ist überschuldet

01.06.2018, 20:00 Uhr

pm/jp Samtgemeinde Artland. Die Schuldnerberatung des Diakonischen Werkes Bramsche fordert, das gesamte Gebiet des Landkreises gleichmäßig mit dem Angebot der sozialen Schuldnerberatung zu versorgen.

„Weg mit den Schulden!“ lautet der Titel der Aktionswoche Schuldnerberatung 2018. „Damit Menschen aus den Schulden herauskommen, ist ein Maßnahmenbündel notwendig. Neben der persönlichen Anstrengung des Schuldners ist auch der Staat gefordert“, sagt Natalia Gerdes, Leiterin des Diakonisches Werkes Bramsche.

Rechtsanspruch verankern

Natalia Gerdes hält es für erforderlich, dass die Politik im Gesetz einen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung unabhängig vom Einkommen der Betroffenen verankert. „Damit wäre der Zugang zur Sozialen Schuldnerberatung für alle möglich. Zahlreiche Studien belegen die vielfältigen positiven Wirkungen von Sozialer Schuldnerberatung“, sagt Natalia Gerdes, die beim Diakonischen Werk Bramsche seit 2014 die Schuldnerberatung zu einem der Schwerpunkte der Arbeit ausgebaut hat. Die Schuldnerberatung mache es möglich, dass Menschen aus den Schulden herauskämen, wieder das Heft des Handelns in wirtschaftlichen Dingen in der Handhielten und eine Chance auf Teilhabe am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben bekämen.

Weit über Bundestrend

Es gehe immerhin um 6,9 Millionen Menschen in Deutschland, die überschuldet seien oder nachhaltige Zahlungsprobleme hätten.Im Gebiet des Kirchenkreises Bramsche befinden sich Kommunen des Landkreises Osnabrück, die von der Überschuldung der privaten Haushalte am stärksten betroffen sind. In der Samtgemeinde Artland waren es im vergangenen Jahr 16 Prozent. Diese Zahl liegt weit über dem Bundestrend. „Dieser Personenkreis profitiert nicht von der wachsenden Wirtschaft, den sinkenden Arbeitslosenzahlen und der steigenden Kaufkraft“, sagt Gerdes. Sie hätten neben finanziellen Schwierigkeiten oft auch soziale Probleme.

Perspektiven sehen

Da setze die Soziale Schuldnerberatung an. Sie helfe ver- und überschuldeten Menschen dabei, ihre sozialen und finanziellen Probleme in den Griff zu bekommen, damit sie wieder Perspektiven sähen. „Davon profitieren aber nicht nur die Schuldner. Die Gläubiger profitieren, weil die Soziale Schuldnerberatung zwischen Gläubigern und Schuldnern vermittelt. Und auch für die öffentlichen Haushalte rechnet sich die Schuldnerberatung: Verschuldete Menschen, die ihre Situation im Griff haben, haben verbesserte Berufsaussichten. Das senkt Sozialausgaben. Zugleich steigen Steuern und die Einnahmen der Sozialkassen“, sagt Gerdes. Diese positiven Effekte würden insbesondere dann erzielt, wenn alle Überschuldete einen ausreichenden Zugang zur Schuldnerberatung hätten, unabhängig von ihrem Einkommensstatus, so Gerdes.

Bedarfsgerecht ausbauen

Doch das allein reicht, nach Auffassung der Leiterin des Diakonischen Werkes Bramsche, nicht aus. Die Schuldnerberatung müsse bedarfsgerecht ausgebaut werden. Es müsse weitere, gemeinnützige Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen geben, damit der Bedarf im ländlichen Raum gedeckt, lange Wartezeiten vermieden und die Prävention ausgebaut werden könne.

In Bezug auf die soziale Schuldnerberatung des Landkreises Osnabrück merkt Gerdes an, sei es absolut notwendig, dass das gesamte Gebiet des Landkreises gleichmäßig mit dem Angebot der sozialen Schuldnerberatung versorgt werde. Die am Anfang dieses Jahres durchgeführte Ausschreibung bevorzuge den südlichen Teil, obwohl gerade der Nordkreis am stärksten von Überschuldung der privaten Haushalte betroffen sei. So müssten die Ratsuchenden aus dem Artland, wenn sie die soziale Schuldnerberatung des Landkreises aufsuchen wollen, einen sehr langen Weg auf sich nehmen. Das entspreche nicht den realen Möglichkeiten der ohnehin finanziell gebrochenen Haushalte. Natalia Gerdes fordert eine politische Auseinandersetzung zur gerechten Verteilung der sozialen Schuldnerberatung im Landkreis Osnabrück.

TEASER-FOTO: