Indian Summer: Zwischen Rügen und dem Allgäu Wandern im Farbenrausch

Von Sybille Boolakee | 13.09.2023, 06:00 Uhr

Herbstlich bunte Laubwälder zwischen der Insel Rügen und den Allgäuer Alpen. Wir geben sechs Tipps zum Wandern im Altweibersommer. Jetzt ist die beste Zeit für einen Kurzurlaub - unter dem Motto Indian Summer in Deutschland - in farbenprächtiger Natur.

Insel Rügen für Entdecker

Die alten Buchenwälder im Nationalpark Jasmund gehören zu den letzten unversehrten Wäldern Europas. Im Herbst verwandeln die rotbraun und golden gefärbten Blätter die größte deutsche Insel in einen einzigartigen Farbenrausch. Besonders eindrucksvoll erleben Wanderer dieses Naturschauspiel entlang des Themenwegs „Weißes Rügen“. In gut siebeneinhalb Stunden führt der Weg durch Wiesen und Wälder, durch Weiler und zum spektakulären Hochuferweg Jasmund. Entlang der Küste pustet der Wind die Wanderer kräftig durch und belohnt mit einem weiten Blick zu den mächtigen Kreideformationen. Unterwegs lädt ein Stopp im UNESCO-Welterbeforum in der historischen Waldhalle, inmitten des Nationalparks ein. Dort können große und kleine Naturfreunde in die Geheimnisse der alten Buchenwälder eintauchen. Zum Abschluss der Wanderung warten in der Hafenstadt Sassnitz fangfrische Fischgerichte.

Dauer und Streckenlänge: 7,5 Stunden, 26 Kilometer - Abkürzungen sind möglich. Beste Wanderzeit: je nach Wetterlage bis Anfang November. Tipp: festes Schuhwerk, wetterfeste Kleidung, Tagesverpflegung und möglichst ein Fernglas mitnehmen. Geeignet für trainierte Wanderer mit guter Kondition.

Pfälzerwald für Familien

Braun, rund und glänzend kullern die Kastanien durch das raschelnde Laub auf dem Pfälzer Keschdeweg. Fallen die reifen Früchte von den Bäumen, beginnt für Groß und Klein die schönste Wanderzeit. Der etwa 60 Kilometer lange Wanderweg führt durch das Biosphärenreservat Naturpark Pfälzerwald, vorbei an bis zu 300 Jahre alten Kastanienbäumen und durch golden schimmernde Buchenwälder. Von Hauenstein führt der gut ausgeschilderte Weg zu bizarren Felsformationen, über die Burg Trifels zum Hambacher Schloss und bis nach Neustadt an der Weinstraße. Der Weg kann jederzeit abgekürzt, aber auch durch Varianten verlängert werden. Unbedingt mitnehmen sollten Wanderer Beutel für die unterwegs gefundenen Kastanien, mit denen man dann zu Hause putzige Kastanienmännchen basteln kann. Entlang des Wegs werden Kastanienliebhaber mit kulinarischen Raritäten wie der Pfälzer Keschdesupp, dem deftigen Pfälzer Kastaniensaumagen, Kastanienlikör und sogar Keschdepralinen verwöhnt.

Streckenlänge: 56 Kilometer, je nach Ausdauer drei bis fünf Tagesetappen. Beste Wanderzeit: bis etwa Mitte November; die Erntezeit der Pfälzer Esskastanien beginnt am 1. Oktober. Geeignet für Familien und Kastanien-Fans.

Teutoburger Wald für Wander-Enthusiasten

Feuerrot, weinrot, braunrot und sogar pink leuchten die Ahornblätter auf dem Ahornweg im Süden des Osnabrücker Landes. Der etwa 100 Kilometer lange Rundwanderweg führt in Form einer Achterschleife durch den Teutoburger Wald. Der Weg teilt sich in eine kleine und eine große Schleife auf. Ausgangspunkt für beide Routen ist Bad Iburg. Die kleine Runde mit 40 Kilometern geht auf schmalen Pfaden durch Obstwiesen sowie Buchen- und Ahornwälder stetig bergauf und bergab. Den höchsten Punkt der Runde markiert der 331 Meter hohe Dörenberg mit dem Hermannsturm. Doch auf der längeren Runde des Ahornwegs, der auf 60 Kilometern Länge in südöstlicher Runde weiterführt, warten weitere Aussichtstürme und zahlreiche Aussichtspunkte mit immer neuen Weitblicken. Auf anspruchsvollen Steigungen durchqueren die Wanderer zwei Naturschutzgebiete und erklimmen die Hügellandschaft der Borgloher Schweiz. Mit etwas Glück findet man in den Kalksteinfelsen Schalen urzeitlicher Meerestiere. Denn vor Jahrmillionen brandete ein Ozean an die Klippen des Teutoburger Waldes.

Dauer und Streckenlänge: je nach Kondition etwa drei Tage, Gesamtstecke 100 Kilometer. Beste Wanderzeit: bis Ende November. Tipp: bei Bad Iburg, direkt am Ahornweg, liegt der 600 Meter lange Baumwipfelpfad mit spektakulären Aussichten. Geeignet für geübte Wanderer, die auch eine anspruchsvolle Steigung nicht abschreckt.

Nationalpark Hainich für Urwaldfans

Ahorn, Rotbuchen, Eschen und die seltene Eisbeere mit ihren feuerroten Blättern, aber auch Totholz, besetzt mit Pilzen und Moosen, prägen den Nationalpark Hainich im Herbst. Mitten in Thüringen liegt dieses Stück Urwald. Es ist zudem das größte zusammenhängende Laubwaldgebiet Deutschlands. Kein Wunder, dass der Herbst dort nicht mit Farben geizt. In dieser Wildnis fühlen sich viele Vogelarten, seltene Fledermäuse, zahlreiche Käfer und Eidechsen und sogar Wildkatzen wohl. Wer den Hainich gründlich erkunden möchte, der sollte zur großen, etwa 29 Kilometer langen Runde ab Weberstedt aufbrechen. Die Runde gilt als anspruchsvoll, berührt jedoch die schönsten Teile des Nationalparks, etwa den Feensteig, den Wildkatzenschleichpfad und den Wanderweg zum Craulaer Kreuz. Beruhigend zu wissen, dass die Route an vielen Stellen abgekürzt werden kann.

Dauer und Streckenlänge: etwa acht bis neun Stunden, 29 Kilometer. Beste Wanderzeit: bis Ende Oktober. Tipp: Eindrucksvoll erschließt sich der Urwald entlang des Baumkronenpfads in 44 Metern Höhe - mit weiten Ausblicken. Geeignet für ausdauernde Wanderer und auf einzelnen Teilstrecken gut geeignet für Familien.

Allgäuer Alpen für Romantiker

Langsam taumelt ein rotbraunes Blatt auf die Wasseroberfläche. Berggipfel spiegeln sich im See. Fast meint man, irgendwo in den Weiten Kanadas an einem verträumten Bergsee zu sitzen. Doch dies ist der Freibergsee in den Allgäuer Alpen - oberhalb von Oberstdorf. Bei einer rund dreistündigen Rundwanderung erleben Wanderer den farbenprächtigen Herbst in nahezu unberührter Berglandschaft.

Start und Ziel der Tour ist in Oberstdorf. Über Wurzeln und Steine und durch raschelndes Laub überwinden Naturliebhaber die etwa 230 Höhenmeter bis zum See. Stärkung und Erholung bietet dort der Biergarten des Restaurants Freibergsee. Noch bis Mitte Oktober können Romantiker in einem Ruderboot auf den See hinaus paddeln. Wer die Wanderung ausweiten möchte, der findet eine Vielzahl an unterschiedlichen Tourenvarianten mit Aussichtspunkten auf die Allgäuer Hochalpen.

Dauer und Streckenlänge: rund drei Stunden ab und bis Oberstdorf ohne Pausen, etwa sieben Kilometer. Beste Wanderzeit: je nach Wetterlage bis Ende Oktober. Tipp: Die steilsten An- und Abstiege lassen sich bei einer gemütlichen Fahrt mit dem Schrägaufzug der Heini-Klopfer-Skiflugschanze unweit von Oberstdorf umgehen. Geeignet für geübte und trittsichere Wanderer.

Moselsteig für weinselige Wanderer

Wenn die Trauben an der Mosel geerntet werden, beginnt die schönste Zeit für eine Wanderung auf dem Moselsteig. In der warmen Herbstsonne schimmern die Reben goldgelb und die uralten Buchen- und Eichenwälder tragen bunt gefärbte Blätterkleider. Der Moselsteig gehört zu den abwechslungsreichsten Fernwanderwegen in Deutschland. Auf 365 Kilometern führt er in 24 Tagesetappen vom deutsch-französisch-luxemburgischen Grenzort Perl bis zur Mündung am Deutschen Eck in Koblenz. Der gut markierte Weg eignet sich für ausgedehnte Spaziergänge ebenso wie für mehrtägige Wanderungen. Entspannt geht es durch hübsche Weinorte und zu ehrwürdigen Klöstern, sportlich hinauf über die Terrassen der sehr steilen Weinberge und auf Serpentinenpfaden hinunter in Täler. Faszinierend sind die fast senkrechten Ausblicke auf die Mosel und ihre malerischen Moselschleifen. Entspannend sind die Pausen in den vielen urigen Straußwirtschaften und Weinstuben.

Streckenlänge: insgesamt 365 Kilometer mit 24 Etappen. Beste Wanderzeit: bis Ende Oktober.
Tipp: Mehrtägige Wander-Arrangements mit Übernachtungen, Verpflegung, Wanderkarten und teilweise Gepäcktransfer. Geeignet für trainierte Wanderer mit guter Kondition.

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