
Opernfestspiele in Verona: Vor dem Besuch der Arena di Verona gibt es zwischen Piazza Brà, Julias Balkon und der Piazza delle Erbe aber noch viel zu entdecken.
Die Arena di Verona ist nach dem Kolosseum in Rom und der Arena von Capua das drittgrößte erhaltene Amphitheater der Welt. Ob das nun Fluch oder Segen ist, da sind sich die Veroneser normalerweise nicht ganz sicher. Nach der erzwungenen Festspiel-Pause im vergangenen Jahr herrscht jedoch einhellige Vorfreude auf die Rückkehr von Musik, Gästen und sommerlicher Heiterkeit.
Am 19. Juni startete die Saison unter Stardirigent Riccardo Muti mit Aida: Die Oper von Giuseppe Verdi wurde 1871 in Kairo uraufgeführt und stand 1913 anlässlich des 100. Geburtstages von Verdi zum ersten Mal in der Arena di Verona auf dem Spielplan. Noch bis zum viertem September werden außerdem noch die Klassiker Nabucco, Turandot, La Traviata und Cavalleria Rusticana gegeben. Doch auch abseits der Arena hat die ehemalige Römerstadt an der Etsch viel Schönes zu bieten.
Los geht‘s auf der Piazza Brà mit einem Cappuccino, um im behaglichen Veroneser Frühsommer erst mal anzukommen. Kleine Gruppen von Jugendlichen stehen beisammen, die Masken lässig ums Handgelenk getragen, andere kommen vorbei, gesellen sich dazu, Lachen brandet auf, wie herrlich unbeschwert und normal. Reise- und erlebnishungrige Touristen bummeln vorbei und machen Selfies, buchstäblich von der Stange, Mütter schieben Kinderwagen in den kleinen Park, Kinder spielen Fußball, ein friedlicher Empfang.

Genug geschaut, jetzt geht‘s los. Zunächst in die Via Mazzini, die Luxusmeile Veronas. Hier finden Fashionistas alles, was im internationalen Modezirkus Rang und Namen hat. Bei Regen oder Nässe kann der Marmorboden schon mal zur Schlitterpartie werden, bei Sonne spiegelt er die Strahlen wider. Straßenkünstler zeigen ihre neuesten Kunststücke und so kann es sein, dass man vor einer winzigen Box steht, aus der einen ein als Hund verkleideter Mensch anbellt. Verona ist eben die Stadt der Illusionen. Romantischer wird es, biegt man am Ende Via Mazzini rechts in die Via Cappello. Auf Nummer 23 befindet sich das berühmte Elternhaus mit dem noch berühmteren Balkon der Julia oder Giulietta, wie sie hier liebevoll genannt wird. Dass der Balkon nachträglich angebaut wurde, tut der Begeisterung keinen Abbruch. Und wenn man die Statue der unglücklich Liebenden betrachtet und staunend den Starrummel verfolgt, ist es schwer vorstellbar, dass sie gar nicht gelebt hat, sondern lediglich eine Figur von Shakespeare ist. Das Berühren ihrer Brust soll jedenfalls Glück bringen, ebenso wie das Verewigen der Namen auf den Wänden des Torbogens. Und so ist der Busen abgewetzt und die Wände sind bunt. Wer in Sachen Liebe auf Nummer Sicher gehen möchte, findet im Souvenirshop ‚Club di Giulietta‘ reichlich Glücksbringer und Liebessouvenirs.
Wieder etwas weltlicher wird es wenige Schritte weiter auf der Piazza delle Erbe. Ist die Piazza Brà der Empfangssalon, gilt der Platz, dessen Geschichte weit in die Römerzeit zurückreicht, als Wohnzimmer Veronas. Hier treffen sich Alt und Jung, Einheimische und Touristen. Die traditionellen Obst- und Gemüsestände haben im Laufe der Jahre immer mehr industriell gefertigte Konkurrenz aus Asien bekommen und so finden sich auch hier die unvermeidlichen Souvenirs aus allen Regionen Italiens. Pinocchios, venezianische Masken und süditalienischer Limoncello wetteifern mit Salamis, belegten Paninis und gesundheitsbewussten Obstsalaten.

An der Fontana dei Madonna Verona, dem Marktbrunnen, planschen Kinder mit dem Händen im Wasser, Verona, die Madonnenstatue, die auf ihm thront, schaut gelassen zu. Daneben rangeln Möwen um ein Stück Pizza, ein Händler macht auf seine einzigartig schönen Taschen aufmerksam und immer wieder werden Selfiestangen von fliegenden Händlern angeboten. Zu Zeiten, als der steinerne Baldachin, die Tribuna mitten auf dem Platz, noch als Sitz der Marktaufsicht genutzt wurde, hätte es das nicht gegeben. Ein guter Zeitpunkt für eine Pause? Rund um die Piazza haben sich zahlreiche Cafés und Restaurants angesiedelt und bei einem Espresso wirkt der ganze Marktrummel beinahe wie ein Inszenierung aus der Arena.
Allgemeine Informationen über Verona: Tourism Verona
Essen und Trinken: Zum Beispiel im La Piazzetta Ristorante, Corte S. Giovanni in Foro, 37121 Verona.
Festspiele in der Arena di Verona: von 16. Juni bis 9. September, weitere Informationen auch in deutscher Sprache unter www.arena.it.
Gestärkt kann es weitergehen. Vorbei an der herrlichen Barockkulisse des Palazzos Maffei mit den römischen Götterstatuen auf dem Balkon geht es links in den Corso Porta Borsari. Auf dieser vergleichsweise ruhigen Straße befinden sich exklusive Geschäfte, Restaurants, aber auch Lebensmittelhändler und Eisdielen. Fahrradfahrer radeln mit ihren Hunden auf der Straße, ältere Damen mit Einkaufstaschen unterhalten sich - dem Ton nach zu urteilen - über einen handfesten Skandal, vielleicht aber auch nur die Preise für Artischocken, und zwei Buben biegen verstohlen mit einer Packung Zigaretten in der Hand in einen Torbogen. Minuten später sind sie recht grün im Gesicht.
Die Porta dei Borsari hat sicherlich schon Schlimmeres gesehen. Das imposante Stadttor steht bereits seit dem ersten Jahrhundert an dieser Stelle. Besonders schön anzusehen sind die beiden Torbögen und die darüber liegende doppelte Fensterreihe. Links und rechts zweigen immer wieder Gassen ab und wenn man so vor sich hin läuft, die Schwalben hört und den Duft aus einer benachbarten Bäckerei in der Nase hat, könnte man sich fast wie ein Veroneser fühlen. Zurück auf der Piazza Brà bleibt die Erkenntnis, dass Verona auch abseits die Festspiele die Stadt der großen Gefühle ist.