Ab auf die Insel Sardinien im Frühsommer

Von Sandra Ehegartner | 21.05.2023, 06:00 Uhr

Die wohl wildeste italienische Insel hat insbesondere im Frühjahr und Frühsommer, wenn es noch nicht so heiß ist, ungemein viel zu bieten. Wo anfangen? Am besten aus verschiedenen Perspektiven, sei es auf oder unter dem Wasser, auf dem Teller oder aus der Luft.

Costa Smeralda, teure Jachten, noble Restaurants und private Strände: Bei Sardinien denken viele am ehesten an den glamourösen Nordosten. Dabei hat die zweitgrößte italienische Insel so viele weitere Besonderheiten und Vorzüge. Ähnlich wie ihre große Schwester Sizilien ist auch sie von unterschiedlichsten Herrschern der Vergangenheit geprägt, was sich in Sprache, Architektur und Kulinarik niederschlägt. Einfach hinfahren ist nicht genug, die Insel will erobert werden. Auf alle möglichen Arten. Wir stellen ein paar vor.

Auf dem Wasser

Konstante Wellen, angenehme Temperaturen und gleich neun Windarten haben die Westküste Sardiniens in den vergangenen Jahren für Wassersportler zum Hotspot gemacht. Im „Is Benas Surf Club“ in Putzu können Wellenreiter und solche, die es werden möchten, die Faszination der Wellen genießen. Und das mit Einheimischengefühl, denn in den Frühsommermonaten kommen noch nicht viele Touristen auf die italienische Insel. Ein dreitägiger Aufenthalt im Surfclub nördlich von Oristano kostet im Doppelzimmer mit Frühstück und Surfstunden ab 270 Euro pro Person. Die Nutzung des Boards, auch fürs Weiterüben ohne Lehrer, ist im Preis inbegriffen, Yogastunden zum Entspannen, wenn es doch nicht gleich klappt, kosten extra. Etwas südlicher, in Punta Trettu bietet eine kleine Landzunge ideale Stehgewässer auch für Anfänger. Selbstbewusst bezeichnet sich der Küstenabschnitt als Europas bestes Kitesurfgebiet und tatsächlich scheint die seichte, geschützte Lagune mit dem relativ stabilen Wind perfekt zum Reinschnuppern und Üben geeignet. Die Kitesurfschule Punta Trettu Kite Center Sardinia bietet Kurse für verschiedene Level. Wer gleich dort schlafen möchte, bucht ein Kitecamp inklusive Boardverleih. Drei-Tage-Kurse mit Unterkunft sind ab 400 Euro zu buchen. 

Unter Wasser

Die karibikähnlichen Sand- und Küstenverhältnisse sind ein Paradies für Schnorchler und Taucher. Zum Beispiel am Strand von Is Arutas an der wilderen Westküste Sardiniens. Dort schimmern winzige Kiesel aus Quarz in verschiedenen Pastellfarben, sowohl am Strand als auch im stets türkisblauen Wasser. Die schroffen Granitfelsen davor gelten als malerisches Schnorchelparadies mit schillernder Unterwasserwelt. Nur wenige Kilometer von Cagliari im Süden entfernt liegt Porto Giunco, der mit weißem Sand, kristallklarem Wasser und einem flach abfallenden Meeresboden Schnorchlerherzen höherschlagen lässt. Eingerahmt von Eukalyptusbäumen ist die Bucht geschützt und bietet ideale Bedingungen, den Kopf unter Wasser zu stecken. Großartige Fotomotive über Wasser gibt es am benachbarten Teich von Notteri. Dort tummeln sich rosa Flamingos und ergeben vor allem bei Sonnenauf- und -untergang wunderschöne Fotomotive. Etwas ganz Besonderes können erfahrene Taucher an der Cala Gonone an der Ostküste Sardiniens erleben. Dort bietet die Tauchschule Protecsardinia außer normalen Tauchkursen noch Höhlen-, Grotten- und Wrackexpeditionen an. Mit großer Expertise und hohem Technikaufwand werden die Tauchgänge vorbereitet und durchgeführt. Ob versunkenes Dampf- oder Kriegsschiff: Nervenkitzel ist garantiert. Ab 200 Euro können die Trainings gebucht werden.

Auf der Straße

Ob mit dem Rennrad an der Smaragdküste entlang oder über die Hügel der Gallura, mit dem Mountainbike über den Monte Nieddu di San Teodoro: Sardinien im Frühjahr bietet Zweiradfans nahezu unbegrenzte Möglichkeiten. Der Radverleiher Sardigna by Bike in San Teodoro hat neben schnittigen und geländegängigen Bikes auch Routenvorschläge, zum Beispiel in die Naturoase von Usinarà oder an die Baronia-Küste, im Angebot. Wasserratten nehmen Schwimmsachen mit und hüpfen in die noch kühlen Wellen. Fahrradtransfer, Verleih, Ausrüstung und Begleitung sind in Gruppen zu fünf Personen ab 60 Euro pro Person zu buchen. Ebenfalls zweirädrig, allerdings mehr oder weniger stark motorisiert kann die Insel mit dem Motorrad erkundet werden. Beim Zweiradverleiher Moto Paradiso 5 in Olbia können Straßen- und Enduromaschinen tageweise gemietet werden. Im Frühjahr, wenn der Blütenduft durchs Visier die Nase kitzelt, machen Ausflüge ins Landesinnere besonders viel Spaß. Wer sich ganz aufs Fahren konzentrieren und nicht ständig auf das Navigationssystem schauen möchte, nimmt an geführten Touren teil und all diejenigen, die vor allem die Schönheit der Natur genießen möchten, lassen sich von erfahrenen Fahrern gemütlich auf dem Sozius kutschieren.

Über Land

Schwerelos wie die Möwen über die grüne Landschaft Sardiniens gleiten können Abenteuerlustige zum Beispiel im Norden der Insel. Vor allem Frühjahr und Herbst bieten Gleitschirmfliegern ideale Windbedingungen auf Sardinien. In Littigheddu in der Gemeinde Sedini segeln sie mit ihren bunten Schirmen hoch über Castelsardo und die umliegende Hügelregion. Die Fernsicht reicht bis zum Golf von Asinara. Die Flüge, zum Beispiel mit I Grifoni Parapendio (Aero Club Italia), dauern etwa zwanzig Minuten und kosten inklusive Fotos ab 110 Euro im Tandemflug. Eine Zug- und zugleich eine Zeitreise können Nostalgiker mit dem kleinen grünen Zug, dem Trenino Verde, ins grüne Herz der Insel unternehmen. Ohne Klimaanlage, Steckdosen oder Speisewagen und beinahe im Schritttempo zuckelt der 130 Jahre alte Zug über Hügel und durch Täler und passiert dabei beinahe unaussprechliche Orte wie Seui, Isili, Nuraghe Is Paras, Sarcidano oder Nurallao. Die Streckenabschnitte sind einzeln über die Website ab acht Euro zu buchen, der gesamte Zug ist auch individuell auf Nachfrage zu mieten.
Auf Schusters Rappen können Wanderfreunde die Insel mit dem Sardinien-Spezialisten Campagna e Mare erkunden. Dabei stehen mehrtägige Wanderreisen und authentische Schlemmeraufenthalte auf kleineren Agriturismo ebenso auf dem Programm wie kombinierte Trekking- oder Genusswandertouren.

Mit dem Gaumen

Mirto, Vermentino di Gallura, Cannonau, Pecorino, Bottarga, oder Pane Carasau sind nur einige der typisch sardischen Spezialitäten, die es auf der wilden Insel zu erkunden und vor allem zu verkosten gibt. Die kulturelle Vielfalt haben die zahlreichen Herrscher der vergangenen Jahrhunderte mitgebracht. Heute profitieren Leckermäuler davon bei einer Weinverkostung oder einem Kochkurs. Der Sardinien-Veranstalter Sardinia Touristguide bietet beispielsweise vierstündige Touren rund um Cagliari an, bei denen ein Weingut besucht wird und typische sardische Spezialitäten probiert werden können. Die Teilnahme am Ausflug kostet ab 90 Euro pro Person. Alternativ und besonders für Natur- und Tierliebhaber geeignet ist die Tour in der Region Ogliastra im Osten Sardiniens. Dass die Region auch als Land der Hundertjährigen bezeichnet wird, liegt womöglich auch an der Cannonau-Traube, die dort bevorzugt angebaut wird. Der Spezialveranstalter Ökotourismus Sardinien bietet vierstündige Eseltrekkingtouren mit Kräuterkunde und Weinverkostung ab 55 Euro pro Person an. Und wer nun richtig Appetit auf sardische Küche bekommen hat, bucht anschließend gleich einen ganzen Kochkurs.

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