Tipps für die Hansestadt Lübeck: Die Stadt der guten Laune

Von Ekkehart Eichler | 24.06.2023, 06:00 Uhr

Das UNESCO-Welterbe Lübeck samt seinem Seebad Travemünde steht bei deutschen wie internationalen Gästen ganz oben in der Liste der Städtereiseziele. Eine Popularität, die sich nicht allein aus dem historischen Erbe speist.

Es ist ein kleines Wunder: Diese Stadt macht gute Laune. Jedenfalls bei mir. Immer. Konstant. Zuverlässig. Jedes Mal, wenn ich in Lübeck bin – im Normalfall einmal im Jahr für ein Wochenende oder einen Kurztrip – fallen Stress und Spannung, Kummer und Sorgen sofort ins Koma und sagen Ciao für 48 bis 96 Stunden. Woran das liegt? Gute Frage! Vermutlich befreit und befeuert hier ein ganzes Bündel von Faktoren den Geist, wirkt ein Gesamtpaket aus Stadt und Menschen, aus Fluss und Teichen, aus Kunst und Kultur, aus Trubel und Ruhe, aus Kneipen und Cafés, aus Leben und leben lassen äußerst wohltuend aufs Gemüt. Freund Matthias, der gleich um die Ecke in Ratzeburg wohnt und Lübeck so kompetent kennt, dass er den besten aller Reiseführer über die Stadt geschrieben hat, bestätigt dieses Gefühl: „Lübeck hat schon eine ganz eigene Atmosphäre. Unaufgeregt. Lässig. Und mit stets offenem Hanseatenherz.“

Königin der Hanse

Aha! Das Hanseatenherz also. Gehen wir folglich mal 800 Jahre zurück. Das Lübecker Stadtsiegel zeigt zwei Männer, die sich auf einer Kogge einen Eid schwören. Der eine bringt sein Schiff mit, der andere die Ware – der westfälische Kaufmann und der Lübecker Schiffer tun sich zusammen und gründen die Hanse. Ein Bund von Fernhandelskaufleuten, um die langen und gefahrvollen Reisen über Nord- und Ostsee bestehen zu können.

Fisch und Holz, Kupfer und Zinn, Pelze und Bernstein aus dem Baltikum, Tuche aus Flandern und Wolle aus England, rheinisches Eisen, deutsches Bier und das seinerzeit unfassbar wertvolle Salz – was immer in den dicken Bäuchen der Hansekoggen seinen Weg fand zwischen Flandern und Russland, zwischen England und Skandinavien – es verwandelte sich in Reichtum, in Macht, in Bürgerstolz. All das demonstrierten selbstbewusste Patrizier der Welt. Mit erhabenen Bauwerken für die Ewigkeit: Kirchen und Klöster, Wallanlagen und Bastionen

Wunder aus Backstein

.Weil Granit und Lehm für all das nicht taugten, mussten Abermillionen rot leuchtende gebackene Ziegel her. Aus Backsteinen wuchsen fünf gotische Hünen mit insgesamt sieben Türmen zu Gottes Ruhm und Ehre in den Himmel – allen voran der Superlativ St. Marien mit dem höchsten Kirchengewölbe der Welt. Aus Backsteinen „schrieben“ geniale Baumeister das „Steinerne Märchen“, wie das Rathaus als Herz der weltlichen Macht im Mittelalter gepriesen wurde. Aus Backsteinen schufen Mönche ihre stillen Refugien für Seelsorge und Caritas. Aus Backsteinen setzten die Reichsten ihren Privathäusern Giebel-Kronen wie Könige auf. Aus Backsteinen entstanden die Salzspeicher für das weiße Gold aus Lüneburg, mit dem die Fastenspeise Hering konserviert wurde und in denen später im Horrorfilm-Klassiker sogar Vampir Nosferatu hauste. Aus Backsteinen schließlich wurde Schutz gemauert: zu Stadttoren, zu Wehrgängen, zu Türmen. Schönstes Beispiel: das Holstentor, das ikonische Wahrzeichen der Stadt.

All das begeistert und beglückt Herz und Hirn. Auf der eiförmigen Altstadtinsel – alles in allem zwei Kilometer lang, einen Kilometer breit – ducken sich im Schatten der Stadtkirchen zudem 1.800 denkmalgeschützte Gebäude. Und hinter den stattlichen Kaufmanns- und Kontorhäuserfassaden verbergen sich 90 Gänge, Torwege und Höfe – ein einzigartiges verzweigtes System, in dem man auf Zeitreise durch die Jahrhunderte geht: Romanik, Gotik, Renaissance, Barock, Rokoko und Klassizismus „wohnen“ hier Tür an Tür – auch dieser Stilmix hat großen Anteil am Lübecker Zauber

Brandt, Grass, Mann + Warhol

.Ebenso reich ist Lübecks Erbe an Kunst und Kultur. Der Komponist Dietrich Buxtehude hat hier gewirkt - so wie auch Johann Sebastian Bach. Allein drei Nobelpreisträger sind mit Lübeck verbunden: Im Willy-Brandt-Haus zeichnet die „schönste Gedenkstätte für einen Kanzler“ (FAZ) die Lebensstationen des Weltbürgers nach, inklusive natürlich seiner Kindheit vor Ort. Im Günter-Grass-Haus wird dem Literaturgiganten, Bildhauer und Grafiker, aber auch der umstrittenen Moralinstanz ein würdiges Denkmal gesetzt. Nummer drei im Bunde: Thomas Mann, der 1929 den Literaturnobelpreis erhielt – explizit für seinen auch kommerziell höchst erfolgreichen „Buddenbrooks“-Roman, der über vier Generationen den Verfall einer (Lübecker Kaufmanns)-Familie beschreibt.

Mehr Informationen:

Lektüre: Akribisch recherchiert und für den Leser ausprobiert hat Romanautor und Lyriker Matthias Kröner seinen Reiseführer „Lübeck mit Travemünde“; erschienen im Michael Müller Verlag inklusive mmtravel App für 14,90 Euro.

Infos: Tourist-Information, Lübeck und Travemünde Marketing GmbH, Holstentorplatz 1, 23552 Lübeck, Tel. 04 51 8 89 97 00

Als das mehrbändige Werk 1901 erschien, noch ein unerhörter Skandal, weil Kaufleute, Senatoren und Freunde Würde und Stolz der Stadt angegriffen und in den Schmutz gezogen sahen. Diese Aufregung hat sich natürlich längst gelegt, heute sind die Buddenbrooks und das Buddenbrookhaus in den Text der Stadt verwoben wie das „Haremskonfekt“ Marzipan und das Holstentor. Von dem übrigens auch Pop-Art-Ikone Andy Warhol so angetan war, dass er es 1980 in einer für ihn typischen Siebdruckserie mit vier Bildern verewigte. Jedes in einer anderen Farbvariation, das rosafarbene Exemplar befindet sich heute im Besitz der Lübecker Museen

Und noch mehr Gute-Laune-Booster

.Was mich darüber hinaus in Lübeck glücklich macht: Kopfsteinpflaster. Fachwerkhäuser. Rosenstöcke. Nostalgie-Schiffe. Elektro-Boote. Kiez-Idyllen. Kleinstadt-Charme. Spaziergänge am Wasser mit viel Ruhe und herrlichen Blicken auf Trave und Teiche inklusive Bierchen da und Käffchen dort. Gutes Essen wie im „Fangfrisch“ mit erstklassigem Fisch zu fairen Preisen und amüsanter junger Service-Crew. Bei „Leo´s Juice & Burger“ gibt es Klasse Burger, in der „Erbse“ großartige vegane Küche. Lieblingshotel ist der familiär geführte „Lindenhof“ nah am Holstentor, wo ich mir zum Frühstück Waffeln selber machen und am Nachmittag bei Gratis-Kaffee-und-Kuchen mit den reizenden Damen von der Rezeption herrlich schnacken kann über Gott und die Welt. Nicht zu vergessen schließlich Travemünde, Lübecks maritimer Außenposten an der Ostseeküste. Mit allem, was dazugehört: Fischbrötchen und Möwengeschrei. Strand und Promenade. Steilufer und Leuchtturm. Seebadmuseum und Ostseestation. Dicke Pötte und die Viermastbark „Passat“ …

Übrigens: In einem nagelneuen Welterbestätten-Ranking der britischen Plattform „Weloveholidays“ landete Lübeck auf der Basis von Fünf-Sterne-Bewertungen auf TripAdvisor und positiven Twitter- Posts innerhalb der letzten sechs Monate mit 51,5 von hunderten möglichen Punkten auf dem sensationellen 2. Platz. Vor Hochkarätern wie dem Tower of London, der Akropolis, der Alhambra und Pompeji und nur knapp geschlagen von Budapest. Scheint also ganz so, als wäre ich ganz und gar nicht allein – mit meinem Lübecker Gute-Laune-Feeling.

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