Naturwagen, Chalets und andere Glamping-Angebote: Viele Campingplätze in Bayern setzen zunehmend auf Paare und Familien mit Komfortbedürfnis. Glamping bedeutet glamouröses Camping.
Von wegen „A dreiviertel Jahr Winter und a Viertel Jahr kalt“. Was der Volksmund über den Bayerischen Wald behauptet, lässt sich an diesem Sommerwochenende so gar nicht bestätigen. In der Region rund um Viechtach, Spitzname Bayerisch Kanada, knackt das Thermometer zeitweilig gar die 30-Grad-Marke. Wolken? Fehlanzeige. Der einzige Regen weit und breit ist der Fluss, der am malerisch gelegenen Adventure Camp Schnitzmühle vorbeizieht, hier noch mit dem Namen Schwarzer Regen. Und mit der Eigenschaft „feines Badegewässer“. Selbst in der Dämmerung tollen noch ein paar Wagemutige in der sanften Strömung, bevor sie dort, wo vor dem 2020 verhängten Kanufahrverbot die Boote zu Wasser gelassen wurden, wieder an Land gehen.
Wie gut, dass auf dem Campgelände Lagerfeuer offiziell erlaubt sind - eine wildromantische Aufwärmoption. Züngelnde Flammen im Blick, kühles Getränk in der Hand, zirpende Grillen im Ohr: So geht Entspannung! Ein Prosit den Nachbarn, die man bereits beim Liegestuhl-Sit-In an der „Bongo Bar“ kennengelernt hat. Die haben vorhin netterweise gefragt, ob sie am nächsten Morgen frische Semmeln vom Camp-Laden mitbringen sollen. Gerne doch. Und danke auch für den Tipp mit den ungewöhnlichen Bio-Tees sowie den hausgemachten Kracherln.
„Sky Lodges“ ermöglichen Campen auf mehreren Ebenen
Alles Hippies, oder was? Vereinzelt schon, aber es bedarf weder langer Haare noch „Atomkraft? Nein danke“-Aufkleber auf der H-Kennzeichen-Ente, um hier sein Zelt aufzuschlagen. Es bedarf ja nicht mal eines eigenen Zeltes, stehen doch mehrere zur Miete bereit. Diese „Sky Lodges“ ermöglichen Campen gleich auf mehreren Ebenen. Während im Parterre ein Lärchenholzboden mit Privat-Terrasse und Loungemöbeln zum Lümmeln einlädt, können im Stockwerk darüber bis zu vier Leute auf der Empore liegen. „Hardcore-Nomaden“, so die Camp-Betreiber, „nennen es Luxus, wir nennen es gemütlich“. Damit unterstreichen die Familien Daffner und Nielsen: Abenteuer ist eine Frage der Perspektive. Und so findet auf ein und demselben Gelände jeder sein persönliches Level. Das Spektrum der Schnitzmühle jedenfalls umfasst neben einigen Mietwohnwagen auch die sogenannten „Buenas Lodges“ sowie fünf „Black Houses“, kleine, coole Bungalows am Fluss. Egal, wo man schläft: Das „Thai Bay“-Restaurant, dessen Karte Schnitzel, Tofu-Burger und Panaeng Gai-Curry in einer Spalte listet, steht allen offen und nimmt auch dem größten Zweifler die Sorge, dass die Campingküche nicht über Convenience Food und Dosenravioli hinauskommt. Auch das „Emoji Sphere Spa“ samt Steinkorbsauna und Outdoor-Whirlpool würde man nicht unbedingt auf einem Campingplatz vermuten. Wobei: Ist das hier noch Camping? Besser trifft es wohl der Begriff Glamping, also glamouröses Camping. Ein Trend, der nach Vorreitern in England und den USA auch in Bayern seit einigen Jahren an Fahrt gewinnt. Und verschiedenste Ausprägungen hat.

Siehe Via Claudia Camping im Allgäu. Auf dem traumhaft am Lechstausee gelegenen Platz könnten Wochenurlauber jede Nacht in einer anderen Schlafumgebung verbringen. Aber warum der Stress? Lieber vorab entscheiden (und buchen). Etwa den Naturwagen, der einem Pippi-Langstrumpf-Film entrollt sein könnte. Für Kinder jedenfalls ist der Anhänger mit dem nostalgischen Zirkusambiente ein Traum, auch ohne Pferd und Affe. In der lässigen Ferienwohnung auf Rädern finden bequem vier Personen Platz, sei es in den beiden „Zimmern“ wie auch in der hellen Küche samt Kochgelegenheit und Tisch. Die überdachte Mini-Terrasse an der Wagenlängsseite fungiert zudem als Logenplatz für ausgedehnte Beobachtungssessions seltener Pflanzen und Tiere am benachbarten Biotop (für ausgedehnte Badesessions locken der Lechstausee und der zum Glück noch nicht von Instagram-Gurus „entdeckte“, wildromantische Baderwäldlesee).
Kiefernholzhütten, Schlaffässer und rund 450 Stellplätze
Ein seltenes Glamping-Exemplar stellt auch die Kuschelkota dar. Bei dieser sechseckigen, spitzdachigen und mit Vorhängen an den Minifenstern versehenen Kiefernholzhütte steht - nomen est omen - ein zwei-Personen-Bett im Mittelpunkt. Kurz: Das Hideaway für (zeitweise) kinderlose Paare verspricht besondere Knistermomente. In anderer Hinsicht gilt das auch für die Grill-Kotas, die es an zwei anderen Stellen auf dem XXL-Areal gibt. Dort kann indoor gebrutzelt werden, ein Service für die Gäste der nebenan befindlichen Holzhütten und sogenannten Pods. Darunter versteht man halbrunde, eher nüchtern gehaltene Minibehausungen mit gerade einmal 6,5 Quadratmetern Fläche in der kleinsten Ausführung (es gibt auch fast doppelt so große). Bodenständige Typen können den chichi-losen Unterkünften vermutlich etwas abgewinnen, liegt man doch sehr nah am Boden. Erhabener schläft es sich da auf den Emporen der Schlaffässer. Die sind zwar auch klein, wirken aber gemütlicher und bieten etwas mehr Stauraum und Schnickschnack. Gut zu wissen: Der Vier-Sterne-Campingplatz Via Claudia ist mit 18 Hektar nicht nur einer der größten, sondern auch einer der schönsten und bestbewerteten in Bayern. Das will bei rund 450 Stellplätzen durchaus etwas heißen.
Seegrundstück mit 1a-Lage, etwa 45 S-Bahn-Minuten von München entfernt
Mit dem „Camping Award 2023“ kann sich der Camping am Pilsensee, etwa 45 S-Bahn-Minuten von der Münchner Innenstadt entfernt, schmücken. Wobei es durchaus schwer fällt, das Seegrundstück samt Panoramablick, Badewiese und Restaurant am Wasser überhaupt zu verlassen. Die 1a-Lage wissen nicht nur jede Menge Dauer- und Kurzzeitcamper zu schätzen, sondern zunehmend auch Mieter schicker Chalets. Mit Fernseher und Couch im Wohnzimmer, einer Küche sowie einem gefliesten Bad samt Dusche und WC sprechen sie all jene an, die zwar den Kosmos Campingplatz mögen, aber eben auf die behagliche Art und mit mehr (Bewegungs-)Raum. Deutlich bescheidener und kleiner fallen die acht Schlaffässer aus, dafür liegen sie in der ersten Reihe. Eine runde Sache für Paare und Familien, die auf wenigen Quadratmetern gut miteinander auskommen und sich gern von ihrer kuscheligen Schlafebene aus (oder der Terrasse davor) am Sonnenuntergang erfreuen. Inklusive sind: Strom, Infrarotheizung, Bettwäsche, Handtücher und Endreinigung. Und das ab 85 Euro pro Nacht.

Es gibt noch weitere Beispiele für USP-Camping. Dazu zählen auch die pro Nacht zwischen 89 und 109 Euro teuren estländischen Holz-Iglus am Allgäuer Camping Grüntensee. Die beiden an Hobbithöhlen erinnernden Pods bestehen aus einer respektive zwei urigen Schlafhöhlen samt Fellen und Decken sowie einer Miniküche mit Kühlschrank, Induktionsherd, Heizlüfter und Basisgeschirr. Noch größer fällt gar das WiesenBett Luxus Lodge Zelt im fränkischen Hohenberg aus, eine Art Penthouse in der Natur. Auf den 50 Quadratmetern findet neben gemütlichen Betten und einer voll ausgestatteten Küchenzeile sogar ein rustikaler Holzofen Platz. Den kann der inmitten alter Obstbäume stehende Schäferwagen beim Handwerkerhof Fränkische Schweiz zwar nicht vorweisen, dafür aber Fernseher, Feuerschale und einen Whirlpool neben der Holzterrasse.
Bärenschlucht-Camping in Franken, direkt am Fels
Noch ein Tipp aus Franken ist das Bärenschlucht-Camping, dessen Highlights ein geräumiges Blockhaus sowie, einmal mehr, ein Schlaffass darstellen. Das Besondere hier: die Lage direkt am Fels, Kletterequipment also nicht vergessen. Und was ist mit dem schnörkellosen, simplen Camping? Gibt es ja nach wie vor. Die Camping-Insel Buchau, die statt mit Glamping mit einer einmaligen Lage protzt, liegt mitten im Staffelsee. Wer auf die ausschließlich Campern vorbehaltene Insel gelangen will, der muss die kleine Fähre oder ein Ruderboot nehmen. Autos, Wohnmobile und Wohnwagen sind auf dem 4,5 Hektar großen Eiland tabu. Das hat Charme: morgens vom Zelt aus erstmal in den See hüpfen. Ein Zelt muss man in dem Fall halt selbst mitbringen.