Besondere Flusskreuzfahrten Es muss nicht immer Donau sein

11.03.2023, 06:00 Uhr

Eine Kreuzfahrt mit der MS Swiss Ruby führt von Minden in die Bundeshauptstadt.

Rhein, Donau, Mosel, Main, Elbe – das sind gängige Fahrgebiete für Flusskreuzfahrten in Deutschland. Da scheint es schwer, Neues zu entdecken. Und doch: Mit der MS Swiss Ruby geht ein Schiff auf die Reise vom ostwestfälischen Minden aus in die Bundeshauptstadt Berlin.

Von Minden nach Berlin, auf dem Wasserweg? Da tauchen bei jedem Interessierten Fragezeichen in den Augen auf. Wie soll das gehen? Tatsächlich ohne Probleme, denn das Wasserstraßennetz in Deutschland ist eben nicht nur auf die großen Ströme beschränkt. Die Reise startet auf dem Mittellandkanal, an der Schleuse Hohenwarthe geht es über die Elbe hinweg zum Elbe-Havel-Kanal, dann über den Brandenburger Stadtkanal, durch den Trebelsee und den Sacrow-Paretzer- Kanal zum Wannsee. Und schon ist Berlin erreicht. Frei nach Johannes Mario Simmel erkennt der Reisende also, dass es nicht nur nicht immer Kaviar, sondern eben auch nicht Donau oder Rhein sein muss.

Von Minden in die Hauptstadt

Schon die Anreise nach Minden verspricht Sehenswertes, denn kurz vor Ankunft in der mehr als 1.300 Jahre alten Stadt geht es durch Porta Westfalica – das Tor Westfalens. Links ist das große Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Ostrand des Wiehengebirges zu sehen, rechts der Fernsehturm am westlichen Ende des Weserberglandes. Und dann sind auch schon Minden und der 325 Kilometer lange Mittellandkanal – der längste künstliche Wasserweg Deutschlands – erreicht. In der 82.000-Einwohner-Stadt sind zahlreiche Gebäude aus der Weserrenaissance sowie der Mindener Dom als wichtiges architektonisches Wahrzeichen zu bestaunen.

Nach dem Begrüßungsempfang und Abendessen an Bord kann an Bord der Swiss Ruby entspannt übernachtet werden, ehe am nächsten Morgen schon der nächste Höhepunkt ansteht, wenn ein Ausflug nach Hameln geplant ist. Nach 45-minütiger Busfahrt ist die Stadt an der Weser erreicht, vor Ort macht der Rattenfänger höchstpersönlich die Besucher mit seiner Geschichte und der sehenswerten Altstadt bekannt Ihm selbst wurden Denkmäler gesetzt. Viel gegenwärtiger aber sind die Ratten in der Stadt – sie gibt es als Gebäck, als Deko-Objekte und sogar als Plastiken im Straßenpflaster. Ein Geschäft bietet sogar Rattengift zum menschlichen Verzehr an – bei näherem Hinsehen erweist es sich als Absinth.

Nach der Rückkehr nach Minden gibt es gleich nach dem Ablegen der Swiss Ruby von Bord aus Seltenes zu sehen: Im Mindener Wasserstraßenkreuz quert das Schiff auf dem Kanal-Trog die 13 Meter tiefer friedlich dahinfließende Weser. Ein Übergang vom Kanal zum Schiff ist grundsätzlich über die Schachtschleuse möglich – die aber befährt die Swiss Ruby nicht. Vielmehr macht sie sich auf den Weg zur Landeshauptstadt Hannover, die am Abend erreicht wird. Zuvor allerdings gibt es an Bord Stuhlgymnastik, denn viele der Kanalbrücken sind sehr niedrig, weswegen auf dem Sonnendeck stets nur in Fahrtrichtung Platz genommen werden sollte, um mit dem Kopf abtauchen zu können, wenn eine dieser Brücken unterquert wird – auch das verspricht Spannung und sorgt für so manchen Lacher. „Der Kopf macht nur einmal Bekanntschaft mit einer Brücke“, erklärt ein Besatzungsmitglied – und sorgt zugleich aufmerksam dafür, dass es auch dieses eine Mal nicht gibt.

Zwischenstopp in Niedersachsen

Hannover will während einer Stadtrundfahrt erkundet werden. Die Nanas am Leineufer, das neue Rathaus, der Maschsee, das Leibnizhaus, das u-förmig gebaute alte Rathaus und der Bummel durch die Altstadt mit norddeutscher Backsteingotik und der Marktkirche bleiben ebenso in Erinnerung wie all die Geschichten über die Welfen mit ihren Oberhäuptern, von denen der eine oder andere ja auch heute noch für Schlagzeilen sorgt.

Am Abend wird Braunschweig erreicht, das am nächsten Morgen bei einem Stadtrundgang erkundet werden will. In der Stadt des Löwen gibt es Einblicke in die spannende Geschichte der Stadt, die lange Zeit von den Hansekaufleuten bestimmt wurde. Vom Altstadtmarkt geht es durch bezaubernde historische Gassen bis zum Dom St. Blasii, der im 12. Jahrhundert von Heinrich dem Löwen erbaut wurde.

Hannover und Braunschweig beheimaten mehr oder weniger erfolgreiche Fußballvereine. Und das haben sie mit Wolfsburg gemeinsam, dem nächsten Stopp auf der Reise über den Mittellandkanal. Das Schiff ankert genau vor der Autostadt Wolfsburg, die am Abend besucht werden kann – alternativ bietet sich aber auch ein Gang durch das am anderen Kanalufer liegende Outlet-Center an.

Auf den Spuren von Loriot

Es geht weiter nach Osten, immer weiter. Nächste Station ist Brandenburg an der Havel. In eineinhalb Stunden wird die Geburtsstadt des Komikers Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot, erkundet. Der Dom, die Jahrtausendbrücke und der Altstädter Markt sind beliebte Fotomotive. Aber auch die Loriot-Fans kommen auf ihre Kosten. Schon nahe der Anlegestelle des Schiffes ist ein unscheinbarer metallener Mops zu entdecken, neben dem Altstädter Rathaus ragt zwar der Roland weit in den Himmel hinein, aber auf einer Bank thront auch ein hölzernes Knollenmännchen, das durch Loriot bekannt wurde. Und am Brunnen scheint ein weiterer Hund aus der Familie der Möpse (Loriot: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos“) zu beobachten, wie das Wasser sich seinen Weg durch die Steine bahnt. Schnell wird noch ein Eis in der Waffel in einem der beiden Cafés an der Jahrtausendbrücke gekauft, dann geht es auch schon wieder zurück an Bord, um mit dem unter Schweizer Flagge fahrenden und für maximal 88 Passagieren Platz bietenden Schiff weiter Richtung Osten zu reisen.

Kaum an Bord, steht schon der nächste Höhepunkt an, denn nun will die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam erkundet werden, zunächst bei einem geführten Spaziergang, anschließend gern auch auf eigene Faust. Hier gibt es enorm viel Sehenswertes wie die Glienitzer Brücke, auf der zur Zeit des Kalten Krieges Agenten zwischen Ost und West ausgetauscht wurden. Im Schloss Cecilienhof beschlossen 1945 Winston Churchill, Harry Truman und Josef Stalin während der Potsdamer Konferenz eine neue Weltordnung, Sanssouci ist ein Ensemble aus Gärten und Schlössern, in dem einst preußische Könige und deutsche Kaiser residierten. Und dann ist da noch das holländische Viertel, in dem es um niederländische Architektur, um Schokolade und Poffertjes geht. Und so ist die Zeit in der brandenburgischen Landeshauptstadt viel zu schnell um, aber viele Reisende sind sich sicher: Das ist ein hervorragender erster Eindruck in diese sehenswerte Stadt, der später ja noch vertieft werden kann.

Das Ziel: Berlin

Und ein weiterer Höhepunkt wartet ja noch: Nach zwei Landeshauptstädten steht zum Abschluss die bundesdeutsche Hauptstadt auf dem Programm. Bestaunt werden kann hier das Schloss Charlottenburg, eine der bedeutendsten und größten Anlagen Berlins, mit seinen barocken Prunksälen und den sehenswerten Gärten. Während einer Stadtrundfahrt kann Berlin aus einem neuen Blickwinkel heraus betrachtet werden – es gibt eine Mischung aus Geschichte, Politik, Kultur und Kunst zu sehen. Natürlich geht es zum Brandenburger Tor, aber auch zur Mauer, die einst die Stadt teilte. Der Kurfürstendamm im Westen gehört ebenso wie der Alexanderplatz im Osten der größten deutschen Stadt zu dessen Sehenswürdigkeiten. Und so endet nach dem Abendessen an Bord und einer letzten Übernachtung auf der Swiss Ruby eine ungewöhnliche Flusskreuzfahrt mit enorm vielen neuen Eindrücken, die so gar nichts mit Rhein- und Donau-Romantik zu tun haben, den eigenen Horizont aber mit Sicherheit erweitern.   

Noch keine Kommentare