Polen weist Kritik zurück Fischsterben in der Oder: Droht eine erneute Katastrophe?

Von Jens Mattern | 26.06.2023, 06:00 Uhr

Bis zu 400 Tonnen tote Fische wurden 2022 aus der Oder gezogen. Das Sterben könnte sich nun wiederholen. Im Gleiwitzer Kanal in Polen schwammen kürzlich wieder leblose Tiere. Eine Meldung aus Polen an Deutschland blieb jedoch aus.

Glaubt man Umweltschützern und grünen Politikern, so droht erneut ein umfassendes Fischsterben in der Oder. Fest steht, dass Fischer bereits seit Ende April auf tote Fische in Nebenflüssen treffen und auch im Gleiwitzer Kanal leblose Tiere treiben. Polnischen Medienberichten zufolge, soll es mindestens eine Tonne sein.

EU-Parlamentarierin fordert Stopp der Salzeinleitung

Die deutsche Bundestagabgeordnete der Grünen, Hanna Neumann, sowie die grüne EU-Parlamentarierin Jutta Paulus waren fünf Tage zusammen entlang der Oder unterwegs. Neumann, die am Freitag wieder nach Berlin gekommen war, erklärte auf Anfrage dieser Zeitung: „Es gibt vieles was man für die Oder tun könnte, wie etwa Revitalisierung. Das Allerwichtigste ist jedoch, dass es in diesem Sommer zu keinem Fischsterben kommt. Die Ursache ist erwiesenermaßen die Salzeinleitung aus dem polnischen Bergbau. Das muss begrenzt oder ganz gestoppt werden.“

Ende Juli im vergangenen Jahr schlugen in Polen Fischer und Umweltschützer aufgrund der toten Fische Alarm. Bis zu 400 Tonnen wurden im Jahresverlauf auf deutscher und polnischer Seite aus der Oder gezogen. Der polnischen Regierung wurde damals von der Opposition vorgeworfen, zwei Wochen lang nicht auf Berichte reagiert zu haben.

Salzeinleitung von Bergbaubetrieben als Ursache

Greenpeace wies bereits im vergangenen Sommer auf das Salzeinleiten von Bergbaubetrieben als Hauptursache hin. Die Abwässer dieser Kohlewerke werden seit der Katastrophe mittels Stichproben überwacht. Bislang weist die polnische Führung in Warschau die aktuellen Vorhaltungen zurück. Die Umweltministerin Anna Moskwa betonte vor zwei Wochen, dass die Oder der bestüberwachte Fluss Europas sei. Allerdings gestand die Nationalkonservative ein, dass „jedes Szenario“ möglich wäre.

Nach Angaben von Hannah Neumann wolle die polnische Regierung den Grund für die Verschmutzung nicht sehen und so auch nichts dagegen tun. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Skala dieser Katastrophe das Ausmaß erreicht, welches wir im August vergangenen Jahres erlebt haben, so Przemyslaw Slowik, ein Stadtrat der polnischen Grünen aus Stettin (Szczecin).

Deutsches Umweltministerium wurde nicht informiert

Tatsächlich scheint es so, dass die polnische Regierung keine offene Kommunikation mit der deutschen Seite betreibt; so wurde das deutsche Umweltministerium nicht über den Fund toter Fische in der Region Gleiwitz (Gliwice) benachrichtigt. Gleichzeitig verbittet sich die polnische Regierung jegliche Kritik von deutscher Seite. Wohl auch, weil derzeit der Wahlkampf für den Urnengang im Herbst im Gange ist.

Die mehr als 800 Kilometer lange Oder entspringt in Tschechien, fließt durch Polen und bildet dann den Grenzfluss zwischen Polen und Deutschland.

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