Warnung vor Erkrankungen WHO: Süßstoff Aspartam ist „möglicherweise krebserregend“ – in diesen Produkten steckt er

Von Kim Patrick von Harling | 14.07.2023, 13:30 Uhr

Süßstoff ist als Zuckerersatz umstritten. Nun geht die Weltgesundheitsorganisation sogar einen Schritt weiter: Sie stuft Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ ein.

Ein häufig in Softdrinks, Joghurt und Kaugummi eingesetzter Süßstoff kann laut einer neuen Experteneinstufung unter Umständen bei Menschen Krebs auslösen - aber in den üblichen konsumierten Mengen dürfte er kein Problem darstellen. Es geht um Aspartam, einen von elf in der EU zugelassenen Süßstoffen.

Aspartam ist laut WHO „möglicherweise krebserregend“

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht in vorliegenden Studien aber keine Hinweise darauf, dass ein Verzehr im Rahmen der empfohlenen Höchstwerte gefährlich sein könnte. Unabhängige Wissenschaftler verwiesen auf die dünne Datenlage und waren teils skeptisch, dass Aspartam jetzt als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft ist.

Diese Produkte enthalten Aspartam:

  • Energiereduzierte bzw. zuckerfreie Getränke ohne Alkohol
  • Desserts und Süßwaren
  • Brotaufstriche
  • Marmeladen
  • Konfitüren
  • Gelees
  • süßsaure Obst- und Gemüse-, Fisch-, Meeres- und Weichtierkonserven
  • Milchprodukte
  • Feinkostsalate
  • Senf
  • Soßen

Die Entscheidung kommt von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO. Die IARC veröffentlichte sie am Freitag in der Fachzeitschrift „The Lancet Oncology“. Die Agentur sah in drei Studien mit Menschen begrenzte Hinweise auf einen Zusammenhang mit einer bestimmten Form von Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom).

In welchen Mengen ist Aspartam ungefährlich?

„Ein Softdrink ab und zu, oder Kaugummi: Da sollte man sich nach jetzigem Stand keine Sorgen machen“, sagte Francesco Branca, Direktor der WHO-Abteilung für Ernährung und Lebensmittelsicherheit. „Wir empfehlen nicht, dass Verbraucher gänzlich auf Süßstoffe verzichten, aber wir empfehlen Zurückhaltung.“ Wer im Supermarkt überlege, ob er Softdrinks mit Zucker oder mit Süßstoff kaufen soll, ziehe am besten eine dritte Variante in Betracht, sagte Branca: „Wasser trinken“ - oder andere Getränke ohne Süßmittel.

Wichtig zu wissen: Die IARC-Fachleute beurteilen nur, ob ein Stoff im Prinzip Krebs verursachen könnte. Sie berücksichtigen nicht, wie viel davon ein Mensch zu sich nehmen müsste, um ein Krankheitsrisiko zu haben, erklärte Mary Schubauer-Berigan. Sie leitet das für die Einstufung zuständige IARC-Monographs-Programm. Risiko-Analysen für Menschen machen andere Institutionen, etwa der Ausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe der WHO und der UN-Agrarorganisation FAO (JECFA) - oder Behörden für Lebensmittelsicherheit wie das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Höchstmenge Aspartam liegt bei 40 Milligramm pro Kilogramm

Der Ausschuss JECFA fand die Studienlage nicht überzeugend. Er hält an seinen alten Empfehlungen fest. Die empfohlene Höchstmenge von Aspartam liegt bei 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Den Grenzwert würde ein Mensch mit 70 Kilogramm Gewicht erst erreichen, wenn er an einem Tag neun bis 14 Dosen herkömmlicher Größe mit stark aspartamhaltigem Diät-Getränk trinkt, berichtete die WHO.

Die IARC-Fachleute fanden unter Hunderten Krebsstudien mit Menschen drei, die sich mit der Wirkung von Süßstoffen befassen. Sie prüften auch Studien mit Mäusen und Ratten. Alle Studien hätten aber für die Beurteilung von Aspartam gewisse Mängel aufgewiesen, räumten sie ein. Die Beweislage sei begrenzt. „Insgesamt steht die Bewertung der IARC auf eher schwachen Beinen“, meinte auch Jürgen König, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften an der Universität Wien.

Experte sicher: Zucker gefährlicher

Stefan Kabisch, Studienarzt in der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin an der Charité in Berlin, sieht die Gefahr, dass Menschen nun von Süßstoff wieder auf Zucker umsteigen könnten. Bei Süßstoff sei der Nutzen gering, der Schaden aber nicht klar nachweisbar. „Für Zucker ist hingegen deutlich klarer belegt, dass er neben Karies auch Adipositas und Typ-2-Diabetes fördert und somit zum Krebsrisiko beiträgt. Ein Umstieg von Süßstoffen auf Zucker würde sicherlich Krankheitsrisiken verstärken.“

„Da Aspartam im Darm in harmlose beziehungsweise mengenmäßig harmlose Spaltprodukte aufgetrennt wird und nicht intakt in den Körper übergeht, besteht auch rein mechanistisch keine große Wahrscheinlichkeit für einen kausalen Zusammenhang zwischen Aspartam-Zufuhr und Krebsrisiko.“

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