Herbst ist Kartoffelzeit. In zahlreichen Varianten von A wie Annabelle bis V wie Vitelotte sind Kartoffeln auf dem Markt zu finden. Ein Überblick über die beliebtesten Kartoffel-Sorten im Norden.
Gekocht, gebraten, gebacken; Suppe, Püree, Gratin, Fritten, Chips, Salat, Puffer – kein anderes Nahrungsmittel lässt sich so vielseitig zubereiten wie die Kartoffel. Gesund ist die Kartoffel mit ihren Mineralstoffen und Vitaminen außerdem. Vielfältig ist auch ihr Sortenvorkommen. Mehr als 2000 Sorten gibt es weltweit, 210 davon sind in Deutschland zugelassen. Die beliebtesten im Norden? Wir haben uns umgesehen.
Die Kartoffelsorte Ackersegen
Diese Knolle hat Geschichte: Ackersegen ist eine mehlig kochende Kartoffelsorte aus dem Jahre 1929, gezüchtet wurde sie von Georg Friedrich Böhm aus den Sorten Hindenburg und Allerfrühste Gelbe und wird noch immer als eine der besten mehlig kochenden Sorten gepriesen.

Ihr Geschmack ist butterig und leicht würzig. Die Form ist rund-oval, die Schale glatt bis leicht genetzt, die Augen flach. Die Kartoffel reift spät und ist ertragreich.
Die Kartoffelsorte Annabelle
Frühreif, festkochend (manchmal auch als vorwiegend festkochend beschrieben), langovale Knollen: Annabelle stammt aus den Niederlanden und wurde 2002 zugelassen. Sie ist eine Kreuzung aus den Sorten Nicola und Monalisa und hat sich schnell etabliert.

Sie hat eine helle, glatte Schale, sehr flache Augen, ist gelbfleischig, und schmeckt. Beliebt zunächst vor allem im Süden Deutschlands, hat sie nun auch im Norden ihren festen Platz. Sie ist aufgrund ihrer unprätentiösen Form gut wasch- und abpackbar und wird deshalb auch vom Handel geschätzt.
Wer kocht, weiß natürlich, dass Kartoffel ist nicht gleich Kartoffel ist. Den Knollen werden je nach Sorte drei unterschiedliche Kocheigenschaften zugeschrieben: fest-, vorwiegend fest und mehlig kochend.
Festkochende Kartoffeln sind – der Name sagt es – in gekochtem Zustand schnittfest und feucht, das Schnittbild ist glatt. So braucht man es für Kartoffelsalate, Bratkartoffeln, Salzkartoffeln. Auch Aufläufe und Gratins gelingen mit fest kochenden Sorten.
Mehlig kochende Kartoffeln zerfallen beim Garen, sie haben einen höheren Stärkegehalt und sind besonders gut für Püree, Suppe, Klöße, Pommes frites geeignet.
Vorwiegend fest kochende Kartoffeln liegen – auch hier sagt es der Name – mit ihren Eigenschaften zwischen fest und mehlig und sind deshalb für die meisten Zubereitungsarten zu gebrauchen. Kartoffelsalat bleibt mit ihnen allerdings ein Risiko.
Die Kartoffelsorte Gunda
Mehlig kochend, gelbfleischig, früh: Gunda hat ihren Ursprung in Deutschland und wurde 1999 zugelassen. Ihre Knollen sind oval, die Augen meist flach, die Schale kann, je nach Jahr, genetzt sein, was Geschmack und Qualität aber nicht beeinträchtigt.

Gunda ist aromatisch, ihr Geschmack wird von Fans sogar als „edel“ beschrieben. Behutsam gegart, macht diese zwar mehlig kochende Sorte auch als Salzkartoffel eine gute Figur.
Die Kartoffelsorte Laura
Rote Schale, sattgelbes Fleisch. Laura, 1989 in Österreich zugelassen, stammt ursprünglich aus Deutschland und hat sich bei uns als Heidekartoffel etabliert. Sie ist gegenüber Beschädigungen rubust und hat einen intensiv kartoffeligen, cremigen Geschmack.

Laura gilt als Königin unter den roten Kartoffeln, sie reift mittelfrüh und ist wie die allermeisten ihrer vorwiegend festkochenden Kolleginnen – außer für Kartoffelsalat – für nahezu jede Zubereitungsart zu gebrauchen.
Die Kartoffelsorte Linda
Sie ist der Star unter den Kartoffelsorten und hat juristische Erfahrung: Linda, mittelfrüh, festkochend, ist berühmt für ihr buttriges Aroma, ihre appetitlich intensiv gelbe Färbung und ihre Widerstandsfähigkeit. Sie stammt aus der Lüneburger Heide. 1974 erteilte das deutsche Bundessortenamt den Sortenschutz, der zunächst bis 2004 galt.
Dann wollte ihr Züchter sie nicht erneut beim Bundessortenamt anmelden. Das hätte für Linda den Untergang bedeutet, da nicht angemeldete Sorten auch nicht weiter angebaut werden dürfen.

Gerettet hat sie ein Protest mit Messer und Gabel. Der Freundeskreis „Rettet die Linda“, dem die Verbraucherverbände Verbraucherzentrale Hamburg und Slowfood sowie die bäuerlichen Verbände Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Bioland und Demeter angehören, sorgte dafür, dass eine neuerliche Zulassung beantragt und außerdem eine spezielle Zulassungsform gewählt wurde, nach der die ehemalige Züchterfirma keinen Einfluss mehr auf das Zulassungsverfahren nehmen kann.
2007 wurde Linda zur „Kartoffel des Jahres“ gekürt. Eine wichtige Rolle spielt sie beim Direktverkauf in ökologisch wirtschaftenden Höfen.
Die Kartoffelsorte Nicola
Sie ist eine typische Wochenmarkt-Kartoffel: Nicola, festkochend, mittelfrüh, gelbfleischig, oval – eine echte Allzweckwaffe in der Küche. Die 1973 zugelassene und somit alteingesessene Knolle mit Ursprung in Deutschland hat wahrscheinlich jeder schon einmal auf dem Teller gehabt. Sie schmeckt intensiv, erdig, verhalten süßlich.

Nicola wird insbesondere wegen ihrer Trockentoleranz immer interessanter. Sie ist (zusammen mit der Sorte Hansa) Elternteil der Sorte Juliette und (zusammen mit Monalisa) Elternteil der Sorte Annabelle. Bei der Ente braucht Nicola Achtsamkeit, denn ihre Schale muss für eine Lagerung unverletzt bleiben.
Heinrich Heine brachte es auf den Punkt: „Warum die Rose besingen, Aristokrat! Besing die demokratische Kartoffel, die das Volk nährt!“ In der Tat hat die Kartoffel vermutlich mehr zur Demokratisierung und zum Fortschritt beigetragen als mancher theoretische Überbau, denn wer satt ist, kann besser über den Tellerrand blicken. Dabei hatte die Kartoffel es bei uns zuerst gar nicht leicht.
Die Knolle stammt aus Südamerika. Schon vor 6000 Jahren bauten Indios sie in den Hochebenen der Anden an. Als die Spanier im 16. Jahrhundert das Reich der Inka plünderten, lernten sie die Kartoffel kennen, doch für den Transport nach Europa soll Francis Drake verantwortlich gewesen sein. In Südeuropa galt das Nachtschattengewächs zunächst als Zierpflanze. Auf den Geschmack der unterirdisch wachsenden Knolle kamen die Iren, denen bald der Beiname „Kartoffelfresser“ anhaftete.
Bei uns galt die Knolle zunächst bestenfalls als Schweinefutter. Als sie der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm 1651 im Berliner Lustgarten anpflanzen ließ, war das Volk noch wenig beeindruckt (in den Nachkriegs-Hungerjahren etwa 300 Jahre später wurde jeder freie Fleck für den Kartoffelanbau genutzt; in Berlin auch zu Füßen der Siegessäule). Erst ab Beginn des 18. Jahrhundert war sie, befördert von Hungersnöten, auch als Menschennahrung akzeptiert. Friedrich II. forcierte mit List und Zwang den Kartoffelanbau, ließ auf Marktplätzen Kartoffelessen veranstalten und Pflanzgut verteilen, drohte mit „Kartoffelbefehlen“: Volk und ganz besonders Soldaten sollten satt werden, denn leerer Bauch kämpft nicht gern. Und weil die Soldaten sich später als Lehrer wiederfanden, hat sich die Kartoffel wohl auch im Bildungswesen niedergeschlagen.
Heute ist die Kartoffel auf allen Kontinenten heimisch und weltweit neben Reis, Weizen und Mais mit jährlichen Ernten zwischen 350 und 370 Millionen Tonnen zum wichtigsten Nahrungsmittel geworden. Übrigens: Wegen ihrer überwiegend giftigen Pflanzenteile (alles außer der Knollen) wurde die Kartoffel 2022 zur Giftpflanze des Jahres gewählt.
Die Kartoffelsorte Sieglinde
Kartoffelsalat? Schon die Urgroßmütter schworen die gute festkochende, feinwürzige, saftspeckige Sieglinde. Sie reift mittelfrüh und zeigt ovale, zur Unförmigkeit neigende Knollen mit gelbem Fruchtfleisch. Sieglinde kam 1935 aus der Lüneburger Heide und ist die älteste deutsche Kartoffelsorte, die vom Bundessortenamt für den gewerblichen Anbau zugelassen ist.

Da der Sortenschutz, der das geistige Eigentum an einer Züchtung hütet, für Kartoffeln in Deutschland 30 Jahre beträgt, ist Sieglinde inzwischen „frei“, heißt: Sie darf von jedermann gezogen werden. Eine Jury aus Umwelt-, Verbraucher- und Bauernverbänden kürte sie 2010 zur Kartoffelsorte des Jahres.
Die Kartoffelsorte Vitelotte
Wieso eigentlich nur gelbfleischig? Es gibt Kartoffeln auch in Lila und die sind echte Hingucker auf dem Teller. Zum Beispiel die weißmarmorierte Sorte Vitelotte (auch unter den Namen Negresse, Trüffle de Chine, blaue französische Trüffelkartoffel, Blaue Kartoffel bekannt), eine Ur-Kartoffelsorte. Sie taucht in Frankreich schon vor 1830 auf.
Unter den blauen Kartoffeln wird sie als eine der besten Speisekartoffeln gelobt und auch bei uns im Norden wird sie angebaut.

Zwar festkochend, ist sie mehlig im Geschmack, dazu nussig, würzig, erdig. Als Ur-Kartoffel zeigt sie kleine bis mittelgroße Knollen mit tiefen Augen und rauer, dicker Schale.