Übertragung von Krankheiten "Tödlichstes Tier der Welt" breitet sich in Deutschland aus

Von dpa | 11.05.2022, 17:05 Uhr

Die Asiatische Stechmücke kann ernsthafte Erkrankungen wie das Dengue-Fieber übertragen. Die Verbreitung in Deutschland der nur zehn Millimeter großen Insekten ist nicht mehr aufzuhalten.

Bereits 2014 warnte Microsoft-Gründer Bill Gates vor dem "tödlichsten Tier der Welt" – der Asiatischen Stechmücke. Jetzt hat sich die gefährliche Mückenart auch in Deutschland ausgebreitet, vor allem in den süddeutschen Bundesländern.

Mücken werden zunehmend zur Gefahr für Menschen, da sie durch ihre Stiche gefährliche Krankheitserreger übertragen können. Das treffe sowohl auf einheimische Stechmücken, als auch auf die eingewanderten exotischen Arten zu, sagte Doreen Werner, Biologin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (Zalf) in Müncheberg (Brandenburg, Märkisch-Oderland).

Heimische Stechmücke überträgt West-Nil-Virus

Wissenschaftler des Friedrich-Loeffler-Institutes (FLI) hatten nach Angaben von Werner heimische Stechmücken bereits als Überträger des aus Afrika stammenden West-Nil-Virus identifiziert. Dieses Virus kommt vor allem in Vögeln vor und gelangte laut Robert Koch-Institut (RKI) durch sie auch nach Europa. In Südeuropa wird es seit vielen Jahren im Sommer auf Menschen übertragen. Erstmals 2019 habe das RKI auch fünf in Deutschland erfolgte Infektionen mit dem Erreger bei Menschen registriert, bestätigte RKI-Epidemiologin Christina Frank. "Im vergangenen Jahr wurden bereits 20 Fälle des West-Nil-Fiebers gemeldet, darunter ein Todesfall. Wie schon 2019 waren Sachsen, Berlin und Sachsen-Anhalt betroffen."

Beide Wissenschaftlerinnen vermuteten eine weitaus höhere Dunkelziffer. Da es bei Menschen keine eindeutigen Symptome gebe, würden nur die schwersten Fälle tatsächlich diagnostiziert, so Frank. Eine weitere Ausbreitung des West-Nil-Virus sei nicht auszuschließen.

Asiatische Tigermücke macht sich in Deutschland breit

Fest etabliert hätten sich in Deutschland auch die Asiatische Tigermücke, die Asiatische Buschmücke und die Aedes koreicus, auch Koreanische Buschmücke genannt, sagte Biologin Werner. "Die eigentlich exotischen Arten, die tropische Erreger wie Zika-, Chikungunya- oder Dengue-Viren übertragen können, sind nicht mehr auszurotten und breiten sich über das Bundesgebiet aus."

Nach Deutschland kommen nach Aussage des Präsidenten des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) zunehmend Tierseuchen aus dem Ausland. Man habe viele der hierzulande natürlich vorkommenden Tierseuchen in den vergangenen 30 bis 50 Jahren getilgt, sagte Thomas Mettenleiter. "Aber wir haben zunehmend dann eben mit Einträgen von außen zu rechnen." Die Afrikanische Schweinepest, die Vogelgrippe oder das West-Nil-Fieber seien Beispiele.

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Vorläufer der Vogelgrippe-Viren, die schließlich in Deutschland gelandet seien, hätten sich vermutlich in Sibirien gebildet. Die Afrikanische Schweinepest sei mittlerweile eher eine eurasische Schweinepest und habe sich zuletzt von Georgien aus ausgebreitet.

"Es hat sich die Arbeit des Instituts in den letzten Jahren schon auch deutlich verändert", sagte Mettenleiter. Das Spektrum der zu erforschenden Erreger sei "internationaler" und breiter geworden. "Damit wir zumindest auf alles halbwegs Denkbare dann auch einigermaßen vorbereitet sein können."

Das FLI mit Hauptsitz auf der Insel Riems bei Greifswald hat als Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit zwei Forschungsschwerpunkte: Zum einen die Gesundheit und das Wohlbefinden von Nutztieren vom Huhn bis zum Rind, zum anderen der Schutz des Menschen vor Zoonosen. Das sind Infektionen, die zwischen Tier und Mensch übertragen werden können – wie etwa Sars-CoV-2.

Klimawandel spielt große Rolle

Beim Auftreten neuer Erreger spiele der Klimawandel auch eine Rolle, etwa wenn neue Überträger wegen wärmerer Temperaturen hier überleben können. So zum Beispiel die Japanische Buschmücke oder die Asiatische Tigermücke, die sich in Deutschland angesiedelt hätten. "Beide können Infektionen übertragen, die zumindest bisher in Deutschland nicht aufgetreten sind", sagte Mettenleiter. Darunter seien etwa das Zika- oder das Chikungunya-Virus. In vielen Fällen sei der konkrete Einfluss des Klimawandels auf einzelne Erreger zwar noch nicht klar. "Wir sehen aber, dass sich die Lebensräume von Überträgern ändern."

Zoonosen wie Sars-CoV-2 habe es schon immer gegeben, sagte Mettenleiter. Wenn man sich die Zahlen ansehe, wirke es aber so, als habe es in letzter Zeit mehr solcher Erreger-Übergänge von Tieren auf Menschen gegeben. Das kann laut Mettenleiter an der wachsenden Weltbevölkerung liegen, die derzeit bei knapp acht Milliarden Menschen liege. "Das ist eine riesige Population von potenziellen Wirten für solche Erreger". Damit stiege "rein statistisch" die Zahl der Kontakte zwischen Menschen und Tieren und damit auch die Wahrscheinlichkeit eines Überspringens.

Fledermäuse als Überträger von Sars-CoV-2

Auch das Vordringen der Menschen in Lebensräume, die zuvor Tieren vorbehalten waren, spielt laut Mettenleiter vermutlich eine Rolle. "Und dann natürlich auch die Art und Weise, wie Menschen leben." Sars-CoV-2 sei in der chinesischen Millionenstadt Wuhan aufgefallen. Die Urbanisierung habe auf die Verbreitung solcher Erreger sicherlich einen wichtigen Einfluss. "Dann kommt natürlich die Globalisierung mit dazu, und dann geht das ganze eben sehr viel schneller, als wir das in der Vergangenheit gesehen haben."

Fledermäuse seien für Mettenleiter immer noch das wahrscheinlichste natürliche Ursprungsreservoir von Sars-CoV-2. Ob es einen Zwischenwirt gegeben habe, wisse man noch nicht. Es wird davon ausgegangen, dass der Erreger der Lungenkrankheit Covid-19 auf einem Wildtiermarkt in Wuhan auf den Menschen übergesprungen ist.

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