Das sagt ein Orthopäde Wie gesund sind Birkenstocks und Flipflops für die Füße?

Von Rebecca Niebusch | 20.07.2023, 06:00 Uhr | Update am 22.07.2023

Im Sommer sind viele Menschen mit Birkenstocks oder Flipflops unterwegs. Aber ist das gesund für die Füße? Wir haben mit einem Orthopäden gesprochen.

Die einst als „Ökolatschen“ verschriehenen Birkenstock-Sandalen liegen wieder voll im Trend. Ob „Arizona“, „Gizeh“ oder „Madrid“ – der Schuh hat in allen möglichen Varianten Fans. Gleichzeitig tragen Birkenstocks immer noch das Image eines Gesundheitsschuhs. Halten die Latschen, was das Marketing des Unternehmens verspricht? Und wie sieht es bei Flipflops aus? Wir haben mit einem Orthopäden gesprochen.

Birkenstocks: Gesund für die Füße?

„Für einen gesunden, normalen Fuß ist so ein Birkenstock ein guter Schuh“, sagt Orthopäde Dr. med. Marcus Hausdorf im Interview mit unserer Redaktion. Die Pluspunkte des Treters: „Er hat eine recht atmungsaktive Sohle aus Kork-Material und es ist ein Fußbett eingearbeitet. Außerdem sind Greifleisten für die Zehen da“, so Hausdorf. All das bedeute einen guten Trainingseffekt für die Fußmuskulatur. „Der gesunde Standardfuß wird ganz gut unterstützt“, so der Orthopäde.

„Wenn Sie einen Fuß haben, der nicht in Ordnung ist, wie zum Beispiel einen Senk-Spreizfuß oder einen Knickfuß, dann kann der Birkenstock-Schuh diesen nicht ausreichend unterstützen, weil die eingearbeiteten Unterstützungen für einen gesunden Fuß gemacht sind”, sagt Hausdorf. Für Menschen mit Fußleiden könne es beim Tragen von Birkenstocks deshalb zu einer Überlastung der Muskulatur kommen und die vorhandenen Beschwerden verstärken.

Wie lange sollte man Birkenstocks tragen?

Für welche Strecken man die Latschen bedenkenlos tragen kann, hängt dem Experten zufolge mit dem Trainingszustand des eigenen Fußes zusammen. „Der eine läuft Marathon ohne Probleme, der andere hat schon nach einem Kilometer keine Luft mehr. So ähnlich ist das beim Fuß auch”, sagt der Orthopäde. „Wenn man eine top Fußmuskulatur hat und das Ganze gewohnt ist, dann kann man möglicherweise auch acht Stunden in Birkenstocks laufen – aber an sich ist die Gefahr, dass sich dann Beschwerden bilden, eigentlich zu groß.” Hausdorf empfiehlt: Birkenstocks ein bis zwei Stunden am Stück tragen und dann einen anderen Schuh anziehen.

Bei einer Wanderung auf unebenem Boden ist der Birkenstock laut dem Orthopäden ein No-Go: „Da muss auf alle Fälle ein fester Schuh her, der den Fuß dann auch stützt, wenn man mal umknickt oder wegrutscht. Sonst kann es ganz schnell zu Verletzungen des Band-Apparates kommen.”

Ist das Laufen in Flipflops gefährlich?

Flipflops empfiehlt der Experte auch bei gesunden Füßen hingegen nur für kurze Strecken auf ebenem Grund. Sonst sei die Gefahr zu hoch, umzuknicken. Anders als der Birkenstock gebe es bei klassischen Flipflop zum Beispiel keine Greifleiste für die Zehen und kein Fußbett. „Beim Flipflop gibt es nur einen Zehentrenner: Das führt dazu, dass sich im Prinzip beim Laufen der Schuh noch mehr hin- und herbewegt”, erklärt Hausdorf. „Der Fersenteil rutscht mal nach innen und nach außen. Die Gefahr, dass man dann, gerade wenn es uneben wird, verrutscht und so halb neben den Schuh oder auf die Kante tritt, ist hoch.”

Sind Marken-Modelle automatisch besser?

Neben Birkenstock bieten auch andere Händler diverse Latschen- und Sandalen-Modelle an. Lohnt es sich trotzdem, die bekannten Marken vorzuziehen? Hier empfiehlt der Orthopäde, zwei Schuhpaare unterschiedlicher Hersteller im Geschäft nebeneinander zu halten, das Material zu fühlen und zu vergleichen. „Wenn bei einem Latschen eine Korksohle vorhanden ist, die Ausformung des Fußbettes dem des Birkenstocks ähnelt und er sich beim Anprobieren bequem anfühlt, kann man durchaus den ein oder anderen Euro sparen und zum Konkurrenzprodukt greifen.”

Mehr Informationen:

„Wenn Fußschmerzen auftreten, sollte man einen Orthopäden aufsuchen. Häufig ist die Fußfehlstatik aber auch schon von einer gewissen Bedeutung, ohne dass unbedingt Schmerzen auftreten. Wenn man zum Beispiel sieht, dass man die Sohlen der Schuhe einseitig abläuft, wäre das ein Grund, das mal abklären zu lassen. Oder wenn der Absatz nach ein paar Monaten immer schiefgetreten ist, wenn man neue Schuhe hat. Auch wenn die Leute einen ansprechen, ‘Mensch, du läufst ja komisch!’ – einfach mal einen Fachmann draufgucken lassen. Als Orthopäde kann ich dann zum Beispiel beraten, Einlagen verschreiben oder Tipps zur Auswahl des Schuhwerks geben.”

Welche Schuhe ein Orthopäde für den Sommer empfiehlt

Welches Schuhwerk für den Sommer ideal sei, könne man nicht pauschal beantworten, so der Experte. „Man muss immer ein bisschen abwägen. Wenn man wirklich größere Fußfehlstatiken hat, gibt einem ein geschlossener Schuh mehr Halt und man hat eine bessere Unterstützung”, sagt Hausdorf. Er empfiehlt Betroffenen für den Sommer Laufschuhe, die über ein atmungsaktives Netzgewebe verfügen. „Die Fußfehlstatik ist natürlich im Winter genauso wie im Sommer. Den Fuß interessiert nicht, ob 30 Grad sind oder minus 5 Grad”, so der Experte.

Wenn man trotz Fußproblemen eine Sandale tragen wolle, sollte diese ein gutes Fußbett haben oder ein Modell sein, in das man orthopädische Einlagen reinlegen könne. Für Wanderungen sei eine Variante mit Fersenriemen für besseren Halt beim Laufen sinnvoll. „Oder man nimmt so etwas wie eine Trekkingsandale, wo man eine etwas dämpfende Sohle hat, eine Abrollunterstützung im Vorfußbereich und eben hinten den Fersenriemen. Das bringt einfach eine Entlastung für die Muskulatur und mehr Trittsicherheit”, so Hausdorf.

Wie wichtig ist regelmäßiges Barfußlaufen?

Dem Orthopäden zufolge ist es bei gesunden Füßen auch sinnvoll, am Strand oder im Garten hin und wieder komplett auf Schuhe zu verzichten. „Barfußlaufen ist ungefähr so wie Birkenstocks tragen, nur krasser”, sagt Hausdorf. „Wenn man barfuß läuft, fehlt jeglicher äußerer Support: Das heißt die Fußmuskulatur wird noch mehr trainiert und beansprucht. Es fehlt die Dämpfungsfunktion, die ein Schuh hat und die Abrollerleichterung durch die Sohle.”

Mehr Informationen:

Der Experte hat eine Übung parat, mit der Sie die Fußmuskulatur trainieren: „Man stellt sich normal hin, die Füße auf den Boden und lässt alle zehn Zehen auf dem Boden. Dann geht man mit den Fersen so weit hoch wie es geht, bleibt dort zwei bis drei Sekunden, geht dann langsam runter bis man einen Zentimeter über den Boden ist – das heißt, man setzt die Ferse nicht ab. Diese Stellung dann noch mal zwei bis drei Sekunden halten und dann wieder hoch gehen. Das Ganze ein paar Mal wiederholen, langsame kontrollierte Bewegungen, nicht mit Hauruck, dann trainiert man die Fußmuskulatur gut und die Stabilisierung des Fußgewölbes.”

Achtung: Wer Schmerzen an den Füßen habe, sollte die Übung nicht durchführen, da man so möglicherweise den Fuß überlaste, so der Orthopäde.

Übertreiben solle man es allerdings mit dem Barfußlaufen nicht. „Wenn sie Aborigines in Australien nehmen, die barfuß 40 bis 50 Kilometer durchs Outback laufen und keine Probleme haben, das würden wir mit unseren leicht degenerierten Großstadtfüßen nicht hinkriegen”, sagt Hausdorf. „Man ist das nicht mehr so gewohnt. Gerade wenn man barfuß auf festem Boden, auf Pflaster oder Asphalt läuft, hat man relativ schnell Blasen und offene Stellen.”

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