Duhnen hat sich in den vergangenen 125 Jahren verändert. Aus dem einstigen Fischerdorf wurde ein Kurort, der nun ein touristischer Hot Spot ist. Es tut sich viel. Nicht allen gefällt das.
Endlich Ruhe. Sanfter Wind. Salzige Luft. Die Flut kommt in kleinen Wellen. Nur Meeresrauschen und Möwengeschrei dringt ans Ohr. Der Blick wandert über den breiten langen Strand im niedersächsischen Duhnen.
Plötzlich ist der ohrenbetäubende Baulärm vergessen, der an mehreren Stellen hinter dem Deich vorzufinden ist. Urlaubsgefühle kehren zurück, die am ersten Kreisel nur wenige Meter hinter dem Deich an einer Baustelle für ein neues Apartment-Haus verlorengegangen waren. Es tut sich mal wieder viel in diesem Frühjahr im Erscheinungsbild von Duhnen.
Veränderung rund um den Dorfbrunnen in Duhnen:
Nimmt man nicht den kürzesten Weg zum Strand, lässt den Dorfbrunnen im Zentrum rechts liegen, und fährt parallel zu der Küste einen guten Kilometer durch den kleinen Kurort Richtung Westen, passiert man weitere Baustellen: Ein zweites Apartment-Haus wächst an der Hauptstraße aus dem Boden. Und an der Duhner Spitze, wo das Meer bereits von der immer schmaler werdenden Straße zu sehen ist, wird auf einer Großbaustelle eine Ferienanlage mit mehreren Gebäuden und ein Pflegeheim mit Blick auf das Wattenmeer entstehen.
Ambulante Vorsorgekuren gehören seit 2021 wieder zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Staatlich anerkannte Heilbäder und Kurorte in Deutschland erwarten nun auch infolge der Pandemie eine erhöhte Nachfrage. Wie gehen die Orte touristisch mit der Zeit? Was zeichnet sie aus? Die Serie „Ab in den Kurlaub“ stellt ausgewählte Ziele mit besonderen Kurgeschichten vor.“
1902: Die erste Tourismus-Saison
Der Stadtteil von Cuxhaven lebt schon immer mit und von dem Wandel. Mit der Ernennung zum Seebad 1902 erlebte der damals 350-Einwohner-Ort seine erste offizielle Tourismus-Saison - es reisten 550 Gäste an.
Doch der Kurort hatte bereits damals mehr zu bieten als nur die frische, gesunde Nordseeluft. Vor 120 Jahren wurde auch zum ersten Mal das Duhner Wattrennen ausgetragen. Das weltweit einzigartige Pferderennen auf dem Meeresgrund zieht heute jährlich etwa 15.000 Besucher an.
Die Veränderung des Wellenbads in Duhnen:
Nur einen Katzensprung von der Duhner Spitze zurück in Richtung Zentrum entfernt, befindet sich das Wellenbad direkt hinter dem Deich. Hier sieht man, wie sich die Ansprüche an die Angebote in Seebädern verändern: 1972 als „Meerwasserbrandungshallenbad“ errichtet, steht das Gebäude 50 Jahre später um Saunabereich, Bistro, Außenbecken und 65 Meter langer Rutsche erweitert und modernisiert da.
Ferienhäuser anstelle von Spielplätzen
Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer meint: „Die Investitionen in Duhnen haben sich immer bemerkbar gemacht“, was man auch im Stadtbild sieht: Wo sich heute die vier Ferienhäuser des Strandpalais Duhnen befinden, spielten um die Jahrtausendwende noch Kinder auf einem großen Spielplatz.

Längst hat sich auch das Gesicht der Promenade verändert, um Urlaubern eine zeitgemäße Flaniermeile zu bieten: Breitere Wege, mehr Sitzgelegenheiten und eine moderne flache Betonwand anstelle eines dünnen Holzzauns befinden sich nun zwischen Duhner Deich und Strand.
Sommer der 1970er im Vergleich zum Winter 2022 - Die Veränderung der Strandpromenade:
Der „Hot Spot“ Duhnen
Das einstige kleine Seebad sei heute ein touristischer „Hot Spot“, sagt Santjer mit einem zufriedenen Lächeln. 2021 kamen etwa 300.000 Übernachtungsgäste. Insgesamt ergeben sich in Duhnen zwei Millionen Übernachtungen im Jahr. In ganz Cuxhaven sind es vier Millionen. Trotz der neuen Übernachtungsmöglichkeiten, die geschaffen werden, ist dem Oberbürgermeister offenbar bewusst: „Wir müssen sehr vorsichtig sein mit den Flächen, die wir versiegeln.“
- Einwohner: 980 (Cuxhaven: 49.000)
- Fläche: 4,63 km² (Cuxhaven: 161,9 km²)
- Höhe: Maximal acht Meter
Tourismus-Info: Cuxhavener Straße 92, 27476 Cuxhaven / Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 8.30 bis 15.30 Uhr, Freitag 8.30 bis 12.30 Uhr / Telefon: 04721/4040
Duhner Wattrennen 2022: Samstag, 23. Juli 2022 ab 13 Uhr
Anwohner sind zum Teil genervt
In einem kleinen Anwohnerviertel in Duhnen redet sich ein Ehepaar derweil in Rage: „Der gesamte Charakter des Ortes hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert“, schimpft Ulrike Krüger-Degenkolbe an ihrem Küchentisch. Gemeinsam mit ihrem Mann lebt sie seit 1979 in Duhnen.

Das Ehepaar ärgert sich seit Längerem über die getätigten Bauten. Sie hätten vom traditionellen Gästehaus über Ferienwohnungen in Privathäusern bis hin zu einer Abrisskultur, um neue Ferienanlagen zu bauen, alles miterlebt. Der Massentourismus in den vergangenen Jahren habe auch das Verhalten an den Stränden negativ verändert. Es werde alles voller und lauter. Krüger-Degenkolbe nennt es „massiven überproportionalen Brülltourismus“.
Strandhotel Duhnen - seit 126 Jahren in Betrieb
In der Nähe des Dorfbrunnens, kurz hinter dem Deich, blickt Hotelier Kristian Kamp, Geschäftsführender Inhaber der Kamp Hotels in Duhnen, eher zuversichtlich auf die steigenden Gästezahlen. Der 52-Jährige ist einer von 7500 Cuxhavenern, die direkt vom Tourismus leben. Vor 126 Jahren wurde das Strandhotel, das erste Hotel Duhnens, gebaut. Seit mittlerweile 100 Jahren ist es im Besitz der Familie Kamp. „Das Strandhotel ist ein Teil der Entwicklung Duhnens“, sagt er.

In 126 Jahren wurde aus einem charmanten dreistöckigen Haus mit Platz für etwa 40 Gäste ein bis zu siebenstöckiges Gebäude mit moderner Fassade, das 200 Urlauber beherbergen kann. Mittlerweile geht es Kamp aber nicht mehr um die Erweiterung. Er beschäftigt sich immer mehr mit anderen Themen, wie auch Nachhaltigkeit: Kamp setzt auf eine Solaranlage und lässt seine 95 Mitarbeiter schulen, wie diese Energie sparen können.
Das Strandhotel Duhnen im Wandel der Zeit:
Und die nächste Sommersaison? „Die Hotels sind aus der Corona-Krise wirtschaftlich und moralisch gestärkt herausgegangen“, meint Kamp. Kurdirektor und Geschäftsführer der Nordseeheilbad Duhnen GmbH, Olaf Raffel, bestätigt, dass der ganze Kurort die Pandemie gut überstanden habe. Er ist daher zuversichtlich, dass der Sommer 2022 auch für Duhnen positiv verlaufen wird.

„Wir haben hier die Perle unseres Lebens gefunden“
In der Küche kommt das Ehepaar Degenkolbe und Krüger-Degenkolbe dann doch trotz aller Verärgerung wieder zur Ruhe, als sie von der Landschaft vor Ort mit funkelnden Augen schwärmen: „Wir wollen hier nie wieder weg“, sagt der 79-Jährige Klaus Hermann Degenkolbe. Die See und die benachbarten Wälder haben es ihnen angetan: „Wir haben hier die Perle unseres Lebens gefunden.“