Die Körpergröße kann Einfluss auf Krankheitsrisiken haben. So ist laut Forschern bei großen Menschen das Risiko geringer, einen Herzinfarkt zu erleiden – dafür erkranken sie eher an Krebs. Ein Überblick.
Die Statistik zeigt, dass die Menschen immer größer werden: Deutsche Männer maßen 1896 im Schnitt 1,67 Meter – 2021 dagegen fast 1,80 Meter. Bei den Frauen kletterte der Wert in diesem Zeitraum von 1,56 auf 1,66 Meter. Und wie Forscher herausfanden, kann die Körpergröße durchaus Einfluss auf Gesundheitsrisiken haben.
Krankheiten: Wo große Menschen im Vorteil sind
Für Große Menschen besteht laut unterschiedlichen Studien ein geringeres Krankheitsrisiko für:
- Diabetes
- Herz-Kreislauf-Erkrankung
Wo kleinere Menschen im Vorteil sind
Laut Forschern sind kleinere Menschen weniger gefährdet, wenn es um diese Krankheiten geht:
- Krebs
- Thrombosen
Diabetes: Warum große Menschen seltener erkranken
Große Menschen erkranken seltener an Typ-2-Diabetes als kleine. Norbert Stefan, Professor für klinisch-experimentelle Diabetologie am Universitätsklinikum Tübingen, erklärt, dass die genetischen Faktoren für das Körperwachstum mit weniger Fettgehalt in der Leber und einer besseren Insulin-Empfindlichkeit zusammenhängen. Das bedeutet: Kleinere Menschen verwerten Glukose schlechter und bekommen deshalb im Schnitt eher Diabetes.
Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Auswertung vom Mai 2023: Je größer Frauen und Männer in allen Altersgruppen sind, desto weniger wahrscheinlich bekommen sie Typ-2-Diabetes. Risikofaktoren dafür sind aber auch starkes Übergewicht und Bewegungsmangel.

Karel Kostev, wissenschaftlicher Leiter in der epidemiologischen Forschung des Auftragsforschungsinstituts IQVIA, hat dazu mit einem Internisten-Team der Uniklinik Düsseldorf die Daten von 780.000 erwachsenen Patienten untersucht. Das Fazit: Pro zehn Zentimeter geringerer Körpergröße steigt das Risiko für neu auftretenden Typ-2-Diabetes bei Frauen um 15 Prozent und bei Männern um zehn Prozent.
Zusammenhänge zwischen der Körpergröße und der Entwicklung von Typ-1-Diabetes, die durch einen absoluten Mangel des Hormons Insulin häufig bereits im Kindes- oder Jugendalter beginnt, gibt es demnach aber nicht.
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Herzkrankheiten: Große Menschen sind im Vorteil
Die Körpergröße kann auch Einfluss auf das Risiko haben, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu bekommen. Laut Norbert Stefan aus Tübingen sind große Menschen gleich mehrfach im Vorteil. Er zählt auf: „Fettsäuren weniger, LDL Cholesterin niedriger, Glukose niedriger und Hepatokine (Leberproteine) günstiger.“ Das heißt in Summe: Große Menschen haben ein geringeres Herzinfarktrisiko.
Eine Forschergruppe der Uniklinik Düsseldorf hat die Daten von knapp 660.000 Patienten ausgewertet und fand heraus: Kleinere Frauen und Männer erkranken wahrscheinlicher eher an Bluthochdruck oder bekommen einen Schlaganfall, bei dem Gehirngewebe abstirbt. Allerdings: Im Gegensatz dazu haben größere Frauen und Männer nach diesem Datensatz ein höheres Risiko für Vorhofflimmern.
Laut den Daten aus Düsseldorf hatten kleine Frauen und Männer ein höheres Risiko für eine koronare Herzerkrankung, bei der Blutgefäße verengt sind, was ebenfalls das Herzinfarktrisiko erhöht. Pro zehn Zentimeter Zunahme bei der Körpergröße nimmt laut Untersuchung das Risiko dafür um neun Prozent bei Frauen und 13 Prozent bei Männern ab.
Krebs: Größere Menschen erkranken häufiger
Der Vergleich der Daten durch die Uniklinik Düsseldorf ergab, dass größere Patienten anfälliger für Krebserkrankungen sind. Das Risiko erhöht sich bei Frauen um elf Prozent und bei Männern um sechs Prozent je zehn Zentimeter Zunahme bei der Körpergröße.
Die Forscher stellten aber auch einen Zusammenhang zwischen Größe und der Häufigkeit bestimmter Krebsarten fest. Mediziner Norbert Stefan nennt die drei häufigsten bei großen Menschen:
- Schwarzer Hautkrebs
- Darmkrebs
- Brustkrebs
Ein Grund für immer größere Menschen sieht Norbert Stefan vom Universitätsklinikum Tübingen unter anderem im vermehrten Verzehr von Milchprodukten und rotem Fleisch. Er verweist in dem Zusammenhang auf China, wo die Körpergröße seit Jahren zunehme.
Ein übermäßiger tierischer Eiweißkonsum aktiviere Wachstumsgene – vor allem die für die Wachstumsfaktoren IGF-1 und auch IGF-2 – und reguliere diese nach oben. Diabetologe Stefan bezeichnet diese als „Dünger für die Zellen“. Kinder würden dadurch im Mutterleib und als Erwachsene größer. Der Zusammenhang zum Krebs komme durch lebenslang stärkeres Zellwachstum, das durch IGF-1 und IGF-2 gefördert werde und das Risiko erhöhe, an Krebs zu erkranken.
Thrombosen: Kleine Menschen sind klar im Vorteil
Laut Karel Kostev und dem Internisten-Team in Düsseldorf gilt: Die Gefahr einer Erkrankung nimmt je zehn Zentimeter Körpergröße um 23 Prozent zu. Auch ein Blick in eine schwedische Analyse aus dem Jahr 2017 zeigt: Große Menschen haben ein höheres Thromboserisiko.
„Je länger die Extremitäten, desto länger muss das Blut bis hoch zum Herz gepumpt werden“, sagt Norbert Stefan. Die Thrombosen entstehen nach seinen Worten bis zu 90 Prozent in den tiefen Beinvenen und können zu einer Lungenembolie führen.

US-Forscher kamen ebenfalls zum Ergebnis, dass große Menschen ein höheres Risiko für Krampfadern haben, die die Entstehung von Thrombosen begünstigen können. Dazu analysierte das Team von der University of Colorado Informationen zu mehr als 250.000 Erwachsenen auf mehr als 1000 Krankheiten und Merkmale.
Rückenschmerzen: Spielt die Körpergröße eine Rolle?
Bleibt die Frage, ob Rückenprobleme mit der Körpergröße zusammenhängen. Dazu sagt Bernd Kladny, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie: „Ein Zusammenhang zwischen Körpergröße und Kreuzschmerzen wird immer postuliert, ist aber nicht bewiesen.“ Die Belastung sei bei großen Menschen zwar höher, wenn sie sich zum Beispiel nach vorne beugen und etwas aufheben, „sie haben aber auch eine andere Anatomie mit kräftigeren Muskeln als kleine Menschen“. Es gebe sehr viele Faktoren, die zu Rückenschmerzen beitragen.