Zwölf Anbieter im Test Studie deckt auf: Lohnt sich die Lebensversicherung bei den Zinsen noch?

Von Jule Pinno | 15.09.2023, 17:31 Uhr

Aufgrund der aktuellen Zinsen sorgen sich viele Kunden um ihre Lebensversicherung. Lohnt sich das Investment noch? Ist meine Versicherung finanziell gut aufgestellt? Eine Studie liefert nun Antworten.

Die Lebensversicherungsbranche steht vor zunehmenden Herausforderungen angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Viele Kunden sorgen sich aufgrund der hohen Zinsen um die eingezahlten Beiträge in Lebensversicherungen.

Einerseits können sich die steigenden Zinsen positiv auf die Kapitalanlagen auswirken, andererseits verlieren die bestehenden Kapitalanlagen an Wert. Somit ist es nicht verwunderlich, dass sich Verbraucher um die finanzielle Stabilität ihres Lebensversicherers sorgen.

Eine aktuelle Studie vom Institut für Finanzwirtschaft der Hochschule Ludwigshafen, veröffentlicht in der „Zeitschrift für Versicherungswesen“, gibt Aufschluss darüber und untersucht die zwölf größten Lebensversicherer.

Wieso sind die steigenden Zinsen ein Risiko?

Die derzeitigen hohen Zinsen können Vor- und Nachteile für ihre Lebensversicherung haben.

Positive Seite der steigenden Zinsen: Aufgrund der gestiegenen Zinsen haben Versicherungen die Möglichkeit, das Kapital ihrer Kunden zu verbesserten Zinskonditionen anzulegen. Das bedeutet, dass sie eine höhere Rendite für das Geld ihrer Kunden erzielen können, was potenziell vorteilhaft ist.

Negative Seite der steigenden Zinsen: Die bestehenden Kapitalanlagen, die diese Unternehmen bereits in ihren Portfolios haben, verlieren an Wert. Das liegt daran, dass steigende Zinsen dazu führen, dass die Marktwerte vieler Anleihen und anderer festverzinslicher Wertpapiere sinken, was sich negativ auf den Wert der vorhandenen Kapitalanlagen auswirkt.

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Lebensversicherungen als Altersvorsorge bringen wenig und kosten viel

Früher war die Kapitallebensversicherung bei vielen Menschen fester Bestandteil ihrer Altersvorsorge. Kein Wunder, denn früher gab es dafür auch noch vergleichsweise hohe Zinsen. Mehr als vier Prozent samt Überschussbeteiligung überzeugten zurecht viele Deutsche von der zusätzlichen privaten Rentenvorsorge. Wer heute noch so einen alten Vertrag besitzt, sollte sich zufrieden zurücklehnen und weiter einzahlen.

Allen anderen ist in Zeiten des Dauerzinstiefs von der einst liebsten Altersvorsorge dringend abzuraten: Kapitallebensversicherungen sind heute teuer, intransparent, haben eine mickrige Rendite und unglaublich lange Laufzeiten. Die meisten Menschen verlieren sogar Geld damit. Wer durchhält, ist am Ende oft enttäuscht, denn wie viel am Ende des jahrelangen Sparens auf dem Rentenkonto landet, ist völlig ungewiss.

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Zwar hat sich das glücklicherweise inzwischen herumgesprochen. Dennoch schließen noch immer Jahr für Jahr viel zu viele Sparer entsprechende Policen ab, auch weil sie leichtgläubig den Versprechen der Verkaufsprofis folgen. Dabei ist es weder kompliziert noch teuer, sich über bessere Formen der Geldanlage zu informieren. Aber Achtung: Hohe Renditen werden niemandem geschenkt, sie bergen immer auch höhere Verlustrisiken. Dessen sollten sich Verbraucher stets bewusst sein. Doch genauso gilt: Wer im Alter auch wirklich etwas von seinem Ersparten haben will, der muss sich aktiv darum kümmern. Je früher, desto besser.
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Wie schneiden die Lebensversicherungen ab?

Die Resultate der Studie variieren: Fünf Versicherer werden mit „sehr gut“ bis „gut“ bewertet, vier erhalten eine „befriedigende“ Note. Zwei Anbieter erzielen ein „ausreichend“ und einer wird als „knapp ausreichend“ bewertet.

Laut der Studie gibt es deutliche Auswirkungen des Zinsanstiegs. Alle Anbieter verzeichneten 2022 rückläufige Beitrage – ausgenommen „Generali Deutschland Leben“ und „Alte Leipziger Leben“. Die stärksten Rückgänge gab es bei der „Württembergische Leben“ und „Bayern-Versicherung“, gefolgt von „Cosmos Leben“, „R+V Leben“ und „Allianz Leben“. Dies ist zum Teil auf eine geringere Nachfrage nach Lebensversicherungen zurückzuführen.

Hinzu kommt, dass Ende 2022 keiner der zwölf Lebensversicherer sogenannte Bewertungsreserven in seinen Kapitalanlagen hatte. Diese Reserven entstehen, wenn der Marktwert von Wertpapieren höher ist als ihr ursprünglicher Kaufwert (Buchwert) in der Bilanz. Mit dem Anstieg der Zinsen fielen jedoch die Marktwerte vieler Anleihen unter ihren Buchwert, was zu sogenannten „stillen Lasten“ führte, die die Finanzlage der Unternehmen belasteten.

In der Grafik sehen Sie die größten Versicherungen in Deutschland, gemessen an den Beiträgen.

Bewertungsreserven in Kapitalanlagen bedeuten, dass Lebensversicherer das Geld ihrer Kunden hauptsächlich in Wertpapiere wie Aktien und Anleihen investieren. Diese Investitionen werden in der Bilanz des Unternehmens erfasst. Wenn der Marktwert dieser Wertpapiere höher ist als der ursprüngliche Kaufwert (Buchwert), entstehen „Bewertungsreserven“. Das bedeutet, dass die Wertpapiere mehr wert sind, als sie ursprünglich gekostet haben.

Steigende Zinsen und sinkende Marktwerte meint, dass 2022 die Zinsen gestiegen sind. Dies hatte zur Folge, dass die Marktwerte vieler Anleihen (eine Art von Wertpapier) gefallen sind. Wenn die Zinsen steigen, fallen normalerweise die Preise von Anleihen, die zu niedrigeren Zinssätzen ausgegeben wurden, weil sie für Investoren weniger attraktiv werden. Diese fallenden Marktwerte führten dazu, dass sie unter den ursprünglichen Kaufpreis (Buchwert) fielen.

Stille Lasten entstehen, wenn die Marktwerte von Anleihen unter den Buchwert, also Kaufwert fallen. Das bedeutet, dass die Anleihen in der Bilanz des Lebensversicherers zu einem höheren Wert aufgeführt werden, als sie am Markt tatsächlich wert sind. Diese Diskrepanz kann ein finanzielles Risiko für das Unternehmen darstellen, da es möglicherweise Schwierigkeiten hat, die Versicherungsverpflichtungen zu erfüllen, wenn es die Anleihen zu den aktuellen Marktpreisen verkaufen muss.

Zusammengefasst bedeutet es, dass Ende 2022 keine der zwölf untersuchten Lebensversicherungsgesellschaften mehr Bewertungsreserven in ihren Kapitalanlagen hatten, weil die steigenden Zinsen dazu führten, dass die Marktwerte vieler Anleihen unter den Buchwert fielen und somit stille Lasten erzeugten.

Laut der Studie schneidet „Allianz Leben“ mit sechs Prozent an stillen Lasten ab. Bei „Cosmos“, „Württembergischer“ und „Debeka“ hingegen stellen die stillen Lasten jeweils mehr als 17 Prozent des Buchwerts ihrer Kapitalanlagen dar.

Diese Lebensversicherung schneidet am besten ab

Mit 800 von möglichen 1000 Punkten schneidet die „Allianz Leben“ am besten ab. Allerdings ist die Beteiligung der Versicherungsnehmer vom Rohüberschuss bei der „Allianz Leben“ am niedrigsten. Lediglich 64,9 Prozent erhalten Versicherte. Rohüberschuss meint den Teil des Gewinns, den ein Versicherungsunternehmen nach Abzug aller Kosten und Aufwendungen erzielt.

Dicht hinter der „Allianz Leben“ folgen „Axa Leben“ mit 650 Punkten und „Alte Leipziger Leben“ mit 600 Punkten. Die Drittplatzierte Versicherung punktet mit einer hohen Verlustreserve.

Die weiteren neun Versicherungen sind von 550 bis 350 Punkten vertreten.

Versicherung Punktzahl von 1000 Verbrauchernote
Allianz Leben 800 1,3
Alter Leipziger Leben 600 1,7
Axa Leben 650 2,0
Debeka Leben 550 2,0
R+V Leben 550 550 2,0
Nürnberger Leben 550 2,7
HDI Leben 550 2,7
Zurich Deutscher Herold 450 3,3
Bayern-Versicherung 400 3,3
Generali Leben 400 3,7
Württembergische Leben 400 3,7
Cosmos Leben 350 4,3

Hintergrund der Studie

Die Analyse umfasst eine umfassende wirtschaftliche Bewertung des Geschäftsjahres 2022. Dabei werden verschiedene Kennzahlen wie die Ertragskraft, Betriebskosten, Bewertungs- und Verlustreserven sowie der Netto-Neuzugang an Versicherungsverträgen berücksichtigt. Zusätzlich erstellt Professor Hermann Weinmann, der Autor der Studie, eine Verbrauchernote.

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