V-CHECK: Tipps vom Vermögensbetreuer So machen Sie Ihre Immobilie flüssig, ohne auszuziehen

15.03.2023, 00:00 Uhr

von Alexander Heintze | Interview mit Georg Weimer, Vermögensbetreuer und Leiter der Niederlassung der Spiekermann & CO AG in Osnabrück.

Immer häufiger stößt man derzeit auf Werbung von Firmen, die einen Teilverkauf anbieten. Ist das ein Modell, dass Sie Ihren Kunden empfehlen?

Georg Weimer: Das Modell eignet sich meiner Meinung nach nur für eine sehr kleine Zielgruppe. Ältere Menschen, die eine abbezahlte Immobilie aber keine Kinder oder sonstige Erben haben, können so Nutzen aus ihrem Heim ziehen, für das sie meist lange gespart haben. Auch für Eigentümer, bei denen die Kinder nicht auf das Erbe angewiesen sind, kann der Teilverkauf eine Alternative sein.

Was sind denn die Nachteile des Modells?

Weimer: Als ehemaliger Eigentümer zahlen Sie für den verkauften Teil ein sogenanntes Nutzungsentgelt an den neuen Mit-Eigentümer. Diese „Miete“ kann über die Jahre ganz schön teuer werden und den Verkaufspreis weiter schmälern. Zudem kommen oft noch Gebühren wie ein „Durchführungsentgelt“ hinzu, wenn später einmal der verbleibende Teil der Immobilie verkauft wird. Außerdem bleibt der Alt-Eigentümer für alle Instandhaltungsausgaben verantwortlich. Man sollte also genau rechnen, ob sich so ein Teilverkauf lohnt.

Was ist denn die Alternative?

Weimer: Eine einfache und zumeist günstige Möglichkeit, mehr Geld für Wünsche zu haben, ohne das Haus oder die Wohnung verkaufen zu müssen, ist der klassische Immobilienkredit. Bei einer abbezahlten Immobilie beleihen Banken oft bis zu 50 Prozent des Verkehrswertes der Immobilie. Das Geld lässt sich dann frei verwenden. Wer keine Erben hat, kann auch einen endfälligen Kredit vereinbaren. Dann fallen während der Laufzeit nur die Zinsen an. Der Kredit wird erst mit dem Verkauf des Hauses getilgt.

Da gibt es aber das Argument, dass Banken bei älteren Eigentümern mit Hinweis auf regulatorische Vorgaben keine Darlehen mehr vergeben.

Weimer: Das stimmt in der Praxis so nicht. Es gibt durchaus Banken und Finanzierungspartner, die Immobilienkredite auch an Kunden im fortgeschrittenen Lebensabschnitt vergeben. Ein unabhängiger Experte kann hier bei der Suche und der Verhandlung der Konditionen unterstützen.

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Podcast: Die Immobilie flüssig machen

Finanzielle Freiheit im Alter und trotzdem in der eigenen Immobilie wohnen bleiben können. Das Versprechen der Anbieter von sogenannten Teilverkaufsmodellen ist verlockend. Was von solchen Angeboten zu halten ist, und welche Alternativen es gibt, erklärt Fabian Thaler, Immobilienexperte bei der Vermögensverwaltung TOP Vermögen AG in Starnberg.

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Das sind die beliebtesten Wege, um Ihre Immobilie flüssig zu machen

Teilverkauf

Beim Teilverkauf erwerben Anbieter bis zu 50 Prozent einer schulden- oder weitgehend schuldenfreien Immobilie. Die Verkäufer bleiben weiterhin Eigentümer des nicht verkauften Teils. Für dessen Nutzung fällt ein monatliches Entgelt an. Diese „Miete“ kann bis zu 6 Prozent des Wertes des verkauften Teils betragen. Zumeist ist das Entgelt indexiert, wird also in bestimmten Abständen an die Inflation oder an die allgemeine Zinsentwicklung angepasst. Das kann zu einer deutlichen Erhöhung führen. Auch die Instandhaltungskosten gehen in der Regel zulasten des Verkäufers.

Sale & Lease Back

Ein in Deutschland weniger verbreitetes Modell ist der klassische Verkauf der Immobilie an einen Kapitalanleger mit Rück-Miete. Der Verkäufer bekommt den Kaufpreis ausbezahlt. Gleichzeitig wird ein Mietvertrag geschlossen. Meist wird dabei eine bestimmte Zeit vereinbart, in der die Miete nicht erhöht wird. Die Lasten und Pflichten für die Immobilie trägt der neue Eigentümer. Der Ex-Eigentümer und neue Mieter hat aber das volle Risiko aus einem Mietvertrag, wie Mietsteigerungen und die Anmeldung von Eigenbedarf. Außerdem profitiert er nicht mehr von weiteren Wertsteigerungen der Immobilie.

Umkehrhypothek

Auch die Umkehrhypothek (Reverse Mortgage), die in angelsächsischen Ländern durchaus verbreitet ist, spielt in Deutschland wegen vieler rechtlicher Unsicherheiten kaum eine Rolle. Dabei nimmt der Immobilieneigentümer einen Kredit bei der Bank auf. Das Geld wird von der Bank auf einen Schlag oder als monatliche Rente ausbezahlt. Anders als bei einem normalen Immobiliendarlehen fallen meist keine Zinsen und keine Tilgung an. Am Ende der Laufzeit oder beim Tod des Eigentümers verkauft die Bank die Immobilie und bekommt dann Zinsen und die Tilgung. Der Eigentümer bekommt ein lebenslanges Wohnrecht. Die Immobilie kann aber nicht mehr vererbt werden. Außerdem verlangen die Banken in der Regel hohe Sicherheitsaufschläge, sodass der Auszahlungsbetrag sehr gering ist.

Leibrente, Wohnrecht und Nießbrauch

Beim einfachen Verkauf gegen ein Wohnrecht verkaufen die Eigentümer die Immobilie komplett und erhalten im Gegenzug eine Garantie, dass sie zeitlebens mietfrei in der Immobilie wohnen bleiben können. Der neue Eigentümer kann die Immobilie allerdings jederzeit weiterverkaufen, umgestalten oder renovieren. Das birgt Konflikte. Ist das Wohnrecht nicht im Grundbuch abgesichert, erlischt es mit einem Weiterverkauf der Immobilie. Auch profitiert nur der neue Eigentümer von einer weiteren Wertsteigerung der Immobilie.

Eine weitere Möglichkeit ist die Immobilienverrentung. Beim Modell der Leibrente kauft ein Investor die gesamte Immobilie und zahlt den Kaufpreis als lebenslange Rente aus. Auch eine Teilauszahlung des Betrages ist möglich. Die Rente verringert sich dann entsprechend. Verstirbt der Eigentümer, endet die Zahlungspflicht. Es sei denn, es ist eine feste Laufzeit vereinbart. Dann gehen die Ansprüche für die restliche Zeit an die Erben über.

Für den Käufer ist das angesichts der ungewissen Lebenserwartung ein sehr spekulatives Geschäft. Der ehemalige Eigentümer bekommt auch hier ein lebenslanges Wohnrecht. Für die Instandhaltung und notwendige Reparaturen ist der neue Eigentümer verantwortlich.

Innerhalb der Familie kann sich so eine Leibrente lohnen. Durch die Rente handelt es sich auch bei einer Schenkung der Immobilie an die Kinder um einen Verkauf. Damit fällt keine Schenkungssteuer an. Die Rentenzahlung muss allerdings versteuert werden.

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