Vater, Mutter, Kind: Elternkolumne Allergien im Kindesalter: Was hilft wirklich?

Von Daniel Benedict | 24.04.2017, 10:00 Uhr

Laktose, Mückenstiche und Gluten: Man glaubt gar nicht, gegen was Kinder alles allergisch sein können. Unser Elternkolumnist weiß Rat. Achtung: Text kann Spuren von Nüssen enthalten!

In der vergangenen Woche hat unsere Elternkolumnistin Corinna Berghahn beinharte Strategien gegen das Gequengel an der Supermarktkasse entworfen – und ihren Brieffreund Daniel Benedict gefragt: „Haben Deine Kinder auch irgendwelche Allergien gegen Gräser oder Gluten?“ Dies ist seine Antwort:

Liebe Corinna!

Wenn ich mir heute meine alten Kinderzeichnungen ansehe, kriege ich immer noch einen Schrecken: Im Vorschulalter habe ich bevorzugt Landschaften gemalt, und jede einzelne war über und über voller Bienen – mit Stacheln so groß wie russische Schnellfeuerwaffen. Das Idyll meiner Kindheit kannte nur eine einzige Angst, aber die war gewaltig. Man musste damals kein Arzt sein, um auf den ersten Blick meine üble Insektenstich-Allergie zu erkennen.

Unverträglichkeiten gegen Gluten oder Laktose sind inzwischen ja modern. Bei meinen Kindern ist bislang noch nichts diagnostiziert worden. Zum Glück. Allergien bedeuten Ausschlag, und Kinder mit verdächtigen Pusteln werden morgens in der Kita gleich wieder nach Hause geschickt. Dann muss man sie allein betreuen, kann nicht zur Arbeit und kriegt Kinderkrankengeld. Klingt harmlos, bringt aber Aktenordner voller Formulare mit sich, die man alle aufbewahren muss – für die Steuererklärung, auf die ich heute noch allergischer reagiere als auf Insekten.

Dass meine Kinder so robust sind, halte ich für mein persönliches Verdienst. Wie jeder weiß, gedeihen Allergien besonders in Haushalten mit überhöhtem Sagrotan-Verbrauch. Zuviel Sauberkeit verzärtelt. Das kindliche Immunsystem will an echtem Dreck reifen, und wenn ich als Vater überhaupt was zu bieten habe, dann Schmutz. Hier zahlt sich endlich mal meine grenzenlose Schlampigkeit aus.

Als mein erstes Kind noch ganz klein war, fühlte ich mich da noch unsicher. In einem gewissen Alter stecken sie ja alles in den Mund. Sollte man das unterbinden? Eine erfahrene Spielplatz-Oma hat meine Zweifel zerstreut, und zwar mit diesem Witz: Wenn das erste Kind Sand isst, fährt man zum Notarzt. Beim zweiten sagt man „Spuck aus“, und beim dritten freut man sich, dass das Abendbrot ausfällt. eine Pointe, die Fürsorge mit Bequemlichkeit vereint und sofort zu meiner Lebensphilosophie wurde. Es ist ja auch logisch: Wenn Kuchen aus Sand schädlich wäre, hätte längst jemand die Backförmchen-Industrie verklagt.

Als Vater junger Kinder isst man auch selbst ständig vom Boden. In meiner Familie fällt bei Tisch mehr runter, als in die Kinder reingeht. Da verbietet schon der verantwortliche Umgang mit den Ressourcen jedes Ekelgefühl. An mir selbst beobachte ich auch, wie sehr die Hemmschwellen fallen. Neulich habe ich im Eltern-Café intuitiv einen angebissenen Kuchen aufgegessen, den wildfremde Kinder da vergessen hatten. Ich esse alles. Gern auch mit Spuren von Nüssen.

Herzliche Grüße!

Dein Daniel

PS: Was machst Du, wenn Du Dich mal zehn Minuten vom Familienleben drücken willst?

Das Buch zur Kolumne gibt es jetzt auch:

Daniel Benedict/Corinna Berghahn: „Vater, Mutter, Kind – 99 Elternbriefe aus dem Alltag.“ Das Buch kostet 19,99 Euro und ist erhältlich in den Geschäftsstellen Ihrer Tageszeitung, online unter noz.de/shop sowie telefonisch unter 05 41/310-10 44 (Mo.–Fr. 9–16 Uhr).

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