Kommt die Impfpflicht? Vielleicht. Jedenfalls steht sie immer wieder zur Debatte, weil einige Menschen lieber ihren Ängsten vertrauen, anstatt denen, die sich damit auskennen.
In der vergangenen Woche hat Daniel Benedict über die Ängste seiner Kinder berichtet – und unsere Elternkolumnistin gefragt: Wie ist es um Euren Impfstatus bestellt? Dies ist ihre Antwort:
Lieber Daniel,
stell dir vor: vor Kurzem starben 15 Kinder nach einer Masern-Impfung. Bevor jedoch Impfgegner mit den hingegrummelten Worten „Wir haben es ja immer schon gewusst...“ reagieren, bedarf diese Meldung eines Kontextes: Die Impfung fand im Südsudan statt. Dort wurde gegen jegliche Hygiene- und Ärztestandards verstoßen, in dem eine große Kinderschar über mehrere Tage gegen Masern geimpft wurde, dabei jedoch nur eine Spritze zum Einsatz kam. Die Kinder erkrankten und starben daher auch nicht an Impffolgen, sondern an einer Blutvergiftung.
Auch an den Masern sterben weltweit immer noch viele Menschen: Laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2016 waren es täglich etwa 400. Dazu kommen Todesfälle durch Krankheiten wie Keuchhusten, Meningitis, Hepatitis, Tetanus und so weiter und so fort. (Tödliche Meningitis: „Ich rate allen Eltern: Impfen Sie Ihre Kinder!“)
Generell kann man sagen: Mutter Natur meint es nicht immer gut mit den Menschen. Geburten sind je nach ärztlichem Standard eine Gefahr für Mütter und Kinder, und danach entspinnt sich ein Wettlauf mit Viren und Bakterien. Einige von ihnen sind harmlos, andere hingegen können ausarten und mit wiederum anderen sollte man sich im Idealfall nur in der Theorie beschäftigen. (Weiterlesen: Sechsjährige an Spätfolgen der Masern gestorben)
Ein Hoch auf den Piks!
Daher finde ich es prima, dass man einige Krankheiten, die bis vor wenigen Jahrzehnten Familien dezimierten und für Kindergräber sorgten, heute per Piks fast unschädlich machen kann. Die Antwort auf Deine Frage ist deshalb: Der Impfstatus von Kind 1 und 2 ist so, wie ihn die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Institutes empfiehlt, sprich: Gegen alles, was empfohlen wird, sind die Kinder geimpft.
Das hat in der Tat keinen Spaß gemacht: Beim Piks wurde bitterlich geweint – von den Kindern, und auch fast auch von uns Eltern. Wer fügt seinem Kind schon gerne Schmerzen zu?
Allerdings verstehe ich deshalb auch Impfgegner nicht: Weder konnte seriös nachgewiesen werden, dass Impfungen zu Entwicklungsstörungen führen, oder gar Autismus. Genauso wenig sind ungeimpfte Kinder in der Regel gesünder als geimpfte. Zudem verdient die Pharmaindustrie – in den Augen vieler Skeptiker die Ausgeburt des Bösen – weitaus weniger an Impfungen als an den Medikamenten, die die dann Erkrankten brauchen würden. (Faktencheck: „Von Impfungen profitiert nur die Pharmaindustrie?“)
Impfpflicht? Finde ich gut!
Vielleicht hat ihre Angst der Impfgegner auch mit einer gewissen Wohlstandsverwahrlosung zu tun: Anders als in Ländern (siehe Südsudan), in denen tagtäglich Menschen an den bei uns als „Kinderkrankheiten“ verharmlosten Infekten sterben, sind hierzulande derartige Todesfälle selten geworden. Gefährlich können die Erreger trotzdem noch sein, auch für Erwachsene.
Das Procedere wurde deshalb erst kürzlich verschärft: Nun müssen Kitas impfmüde Eltern melden. Vielleicht kommt sogar eine verbindliche Impflicht. Wäre das nun gut oder schlecht? Ich bin kein Fan von staatlichen Eingriffen ins private Leben und finde trotzdem: In diesem Fall ist es gut. (Mein Kollege ist jedoch anderer Meinung. Warum, steht hier)
Denn wenn verpeilte Eltern es vergessen, werden diese nun daran erinnert. Und beratungsresistente Impfgegner müssen mitziehen. Denn so wenig ich sie verstehe weiß ich doch, dass sie sich aller Argumente zum Trotz wohl niemals vom Impfen überzeugen lassen werden.
Deine Corinna
P.S.: Weg vom Arzt, hin zum Sommer: Haben Deine Kinder schon Ferienortwünsche?
Das Buch zur Kolumne gibt es jetzt auch:
Daniel Benedict/Corinna Berghahn: „Vater, Mutter, Kind – 99 Elternbriefe aus dem Alltag.“ Das Buch kostet 19,99 Euro und ist erhältlich in den Geschäftsstellen Ihrer Tageszeitung, online unter noz.de/shop sowie telefonisch unter 05 41/310-10 44 (Mo.–Fr. 9–16 Uhr).