Wut bei Beschäftigten Stress und Druck bei der Arbeit: Das machen Chefs falsch

Von Elena Werner | 13.06.2023, 21:01 Uhr 2 Leserkommentare

Die Unzufriedenheit steigt – und das ist jetzt auch statistisch festgehalten. 42 Prozent der Beschäftigten leiden unter Stress bei der Arbeit, haben außerdem keine emotionale Bindung mehr zu ihrem Chef. Wie kann sich das ändern?

Global gesehen leiden 44 Prozent der Arbeitnehmer unter Stress, in Deutschland sind es 42 Prozent der Arbeitnehmer. Damit liegt Deutschland über dem europäischen Durchschnitt, der sich bei 39 Prozent befindet. Die Umfrage „State of the Global Workplace 2023“ des Unternehmens Gallup hat mehr als 120.000 Arbeitnehmer in knapp 145 Ländern zu der emotionalen Verbindung am Arbeitsplatz – insbesondere zu Stress und Wut im Job – befragt.

Stress und Wut, aber auch Zufriedenheit auf dem Arbeitsmarkt

Gleichzeitig wird die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt von Arbeitnehmern als ausgesprochen positiv bewertet. Woher kommt der Stress, wo der aktuelle Arbeitsmarkt ob des großen Fachkräftemangels so sicher ist wie lange nicht mehr? „Hier macht vor allem die Qualität der erlebten Führung den Unterschied. Beschäftigte, die von guter Führung berichten, fühlen sich weniger gestresst und mehr gebunden als Beschäftigte, deren emotionale Bedürfnisse am Arbeitsplatz übersehen oder ignoriert werden“, sagt Gallup-Forschungsleiter Marco Nink im Gespräch mit dem „Spiegel“. Die „hohe emotionale Bindung“ sei in Deutschland so niedrig wie seit 2012 nicht mehr.

Grafik: In diesen Ländern fällt die Work-Life-Balance am besten aus

Die wiederum ist allerdings kein deutsches Phänomen: Zwar weist Europa im globalen Vergleich den niedrigsten Platz auf, nur 13 Prozent der Befragten identifizieren sich mit dem eigenen Unternehmen. Österreich und die Schweiz liegen mit je elf Prozent aber noch darunter.

Vor allem verwundert es Nink: „Mich hat überrascht, wie dicht Stress und Wut beieinander liegen.“ Wut sei nicht nur desaströs für die Unternehmenskultur, sondern bringe auch gemeinsame Arbeitsabläufe aus dem Takt. Unternehmen müssten angesichts von zunehmendem Dauerstress aktiv gegensteuern.

Führungskultur führt zu großer Unzufriedenheit

Den Weg aus dem Stress erkennt Marco Nink in der Führungskultur. Unternehmen in Deutschland, die aktiv an der Qualität der Führung und des Arbeitsumfeldes arbeiten, erreichen etwa 40 bis 60 Prozent ihrer Mitarbeiter und können eine enge Bindung herstellen. Die Bindung ist ein wichtiger Faktor für Unternehmen; wer sich nicht angebunden fühlt, sucht sich schneller einen neuen Arbeitsplatz.

Wie gestresst sich die Mitarbeitenden fühlen, hängt nicht vom Arbeitsplatz ab – Homeoffice, ein hybrider Arbeitsort oder das Büro vor Ort beeinflussen das Stresslevel nicht. „In allen drei Szenarien berichten Mitarbeitende, deren emotionale Bedürfnisse übergangen werden, vom höchsten Stresslevel“, so Nink zum „Spiegel“.

Die Wünsche der Arbeitnehmer, um ihren Arbeitsplatz attraktiver zu machen, führten viele Aspekte auf, die sich durch einfache Verhaltensänderungen der Führungskräfte ändern ließen: „Lob und Anerkennung für gute Arbeit, Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit von Führungskräften, offener Austausch, respektvoller Umgang, fachliche und persönliche Weiterentwicklung.“ Fast jeder halte sich selbst für eine gute Führungskraft. Aber, so Nink: „Viele Beschäftigte sagen uns, dass sie schon wegen des Chefs gekündigt haben.“

2 Kommentare
Siegfried Keuchel
Es gibt aus meiner Sicht eine ganz einfache Lösung. Jeder Chef bzw. Vorgetzte sollte sich in gewissen Abständen anonym beurteilen lassen. Die Ergebnisse würden so manchen aus der Führung sicherlich erschrecken und zum Nachdenken veranlassen.