Hausbesitzer müssen unter bestimmten Voraussetzungen beim Heizungstausch keine Wärmepumpe einbauen. Das ist eines der Ergebnisse nach dem „Fernwärmegipfel“, der am Montag stattfand.
Fernwärme soll in Deutschland eine echte Alternative zu Wärmepumpen und anderen klimafreundlicheren Heizungen werden. Jedes Jahr sollten 100.000 Häuser neu an Wärmenetze angeschlossen werden, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag nach einem Treffen mit Branchenvertretern und Verbänden in Berlin.
Wer in den kommenden Jahren garantiert einen Fernwärmeanschluss bekommt, soll laut Gipfelerklärung zudem „von der Pflicht zum Einbau einer die 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energien erfüllenden Heizung befreit werden“, heißt es in der Gipfelerklärung. Dadurch solle eine „flexible Umsetzung in Abhängigkeit von der lokalen Situation und dem Alter der vorhandenen Anlagen“ gewährleistet werden.
Fernwärme ist Wärme, die nicht im Wohnhaus erzeugt wird, sondern aus einem Kraft- oder Heizwerk in der Umgebung kommt. Meistens wird dort Wasser erhitzt, das dann durch isolierte Rohre in die Häuser geleitet wird. Etwa jede siebte Wohnung in Deutschland wird mit Fernwärme beheizt, 2020 lag die Trassenlänge bei mehr als 31.000 Kilometern. Die Energie stammt aktuell noch zu rund 70 Prozent aus klimaschädlichen, fossilen Energieträgern, also vor allem Kohle und Gas. Bis 2030 sollen die Wärmenetze aber zu mindestens 50 Prozent aus Erneuerbaren Energien oder Abwärme gespeist werden, bis 2045 müssen sie komplett treibhausgasneutral sein.
Schon im ntv-„Frühstart“ am Montag kündigte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) an, dass man sich keine Gedanken über eine Wärmepumpe oder andere Alternativen mehr machen müsse, wenn man an ein Fern- oder Nahwärmenetz angeschlossen sei: „Wenn man im Fernwärmegebiet ist, muss man sich eigentlich um seine individuelle Heizung keinen Kopf machen, sondern kann sich an die Fernwärme anschließen.“ Nahwärme könne in ländlichen Gebieten etwa das Heizen über Biomasse vom örtlichen Bauern bedeuten.

Geywitz: Hauseigentümer brauchen jetzt eine verbindliche Planung
Das umstrittene Gesetz zum Heizungstausch sieht schon jetzt eine besondere Übergangsfrist vor, wenn die alte Öl- oder Gasheizung kaputt geht, die Erschließung mit Fernwärme von der Kommune aber bereits zugesagt ist. Eigentümer müssen sich dann verpflichten, den Anschluss an ein Wärmenetz bis allerspätestens Ende 2034 sicherzustellen – und dürfen so lange zum Beispiel noch eine Gasheizung nutzen.
Geywitz betonte, Hauseigentümer brauchten jetzt vor allem eine verbindliche Planung in den Kommunen, um entscheiden zu können, ob sie sich selbst um eine klimafreundliche Heizung kümmern müssen oder einfach an ein Wärmenetz anschließen können. Ein entsprechendes Gesetz bringt die Bundesregierung derzeit auf den Weg. Demnach sollen Großstädte bis Ende 2026 Wärmepläne vorlegen, kleinere Städte bis Ende 2028.
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Unternehmen erwarten mehr staatliche Förderung
Die Unternehmen stünden für den Ausbau bereit, betonte der Präsident des Energieeffizienzverbands für Wärme, Kälte und KWK, Hansjörg Roll. Doch die Rahmenbedingungen – Planung, Genehmigung und staatliche Förderung – müssten besser werden. So dürfe eine Förderung bei einer solch langfristigen Investition nicht vom jährlich schwankenden Bundeshaushalt abhängig sein.
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Auch der Stadtwerke-Verband VKU erwartet eine längere, milliardenschwere staatliche Förderung. Bisher seien bis 2026 insgesamt drei Milliarden Euro im Topf, sagte Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. „Diese drei Milliarden Euro brauchen wir aber bis in die Mitte der 30er Jahre jährlich an staatlicher Förderung.“ Auch die Förderung für Kraft-Wärmekopplung müsse verlängert werden. Habeck sagte zu, Förderprogramme zu überprüfen. Nach dem Willen der Minister- und Verbänderunde sollen etwa auch Hausanschlüsse gefördert werden.
Habeck und Geywitz wollen Kampf gegen Wucherpreise angehen
Auch „attraktive Preise“ gehörten dazu, wenn die Fernwärme zu einer echten Alternative werden solle, betonte Habeck. Die Bundesregierung setzt dabei vor allem auf mehr Transparenz. Nötig sei eine verlässliche Kalkulation, wie der Preis für die Wärmelieferung entstanden sei, sagte Geywitz. Die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Ramona Pop, warb dagegen für eine bundesweite Preisaufsicht.
Zusätzlich könnten mehr Wettbewerb im Fernwärmenetz und die Einspeisung Dritter die Preise fairer machen. Aktuell könnten die Betreiber wegen des Monopols einfach Preise vorgeben. Das wies VKU-Vertreter Liebing zurück. Auch jetzt gebe es schon eine Preiskontrolle durch das Kartellamt, betonte er. „Missbrauch kann heute schon wirksam unterbunden werden.“ Wenn man Vertrauen in den Fernwärmemarkt aufbauen wolle, dürfe man nicht den Eindruck erwecken, es handele sich um einen „monopolistischen Missbrauchsmarkt“.
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Pop betonte, wenn die Fernwärme sich wirtschaftlich rechne, könne man auch einen Anschlusszwang vermeiden, der aktuell in manchen Kommunen mit Wärmenetz gilt. Sie setzte sich zudem für mehr Mieterschutz ein. Die Investitionen für einen Anschluss ans Wärmenetz müssten fair verteilt werden, betonte sie. Es könne nicht sein, dass Mieterinnen und Mieter die Kosten über eine Umlage praktisch alleine trügen.