Elektro-Sportwagen-Kombi im Fahrbericht Der Porsche Taycan 4S Cross Turismo hat Leistung im Überfluss

Von Lothar Hausfeld | 08.07.2023, 06:17 Uhr

Auch Porsche befindet sich auf dem Weg in die Elektromobilität. Derzeit gibt es mit dem Taycan erst eine rein elektrisch befeuerte Baureihe, dafür – typisch Porsche – wird diese aufgefächert: Neben den üblichen Modellvarianten (Taycan, 4S, Turbo, Turbo S, GTS) wird der Taycan als klassische viertürige Limousine sowie in zwei Kombi-Spielarten angeboten. Im Test: Der Taycan Cross Turismo in der Ausführung 4S. 

Cross Turismo, das bedeutet, dass dem elektrischen Kombi ein paar Offroad-Optik-Optionen hinzugefügt werden. Vor allem Kunststoffbeplankungen, die einen robusten Eindruck und eine gewisse Abenteuerlust vermitteln sollen. Dass jemand mit diesem elektrischen und mindestens 119419 Euro teuren Allradler (Endpreis: 149402,20 Euro) schlechtere Strecken als Schotterpisten ansteuert, dafür fehlt dann doch ein wenig die realitätsgesteuerte Fantasie.

Auf asphaltierten Strecken ist der Taycan auch als Cross Turismo zuhause – und da verhält sich der Porsche eben wie ein Porsche. Trotz des enormen Leergewichts (knapp 2,3 Tonnen) und einer Länge von annähernd fünf Metern wirkt der Cross Turismo leichtfüßig. Was natürlich zuvorderst an der Antriebseinheit liegt: Zwei Elektromotoren, jeweils einer an der vorderen und einer an der hinteren Antriebsachse, kommen gemeinsam auf eine Leistung von 490 PS. Klingt beeindruckend? Das kann beim Launch Control genannten Katapultstart noch auf bis zu 571 PS gesteigert werden.

Jetzt wird im Alltagsbetrieb (hoffentlich) niemand auf die Idee kommen, aus der heimischen Garageneinfahrt direkt nach dem Abstöpseln von der Wallbox mit aktivierter Launch Control in 4,1 Sekunden auf Landstraßentempo zu schießen. Es ist vielmehr das Leistungsvermögen in alltäglichen Situationen, das beeindruckt. Wenn die Zeitspanne eines Wimpernschlags reicht, um einen Traktor auf der Landstraße zu überholen. Wenn nur das Gaspedal kurz angetippt werden muss, um auf die Autobahn aufzufahren. Wenn jede Beschleunigung ohne auch nur den Hauch einer Verzögerung umgesetzt wird. Dann fühlen sich 2,3 Tonnen leicht wie eine Feder an.

Theoretisch treiben die E-Maschinen den Taycan auf bis zu 240 km/h an – kann man machen, dann wird allerdings die Suche nach der nächsten Lademöglichkeiten ziemlich schnell anstehen. Wer permanent im Sport-Plus-Fahrmodus (der wird auch in diesem Porsche-Modell wenig stilvoll per Kunststoff-Drehregler am Lenkrad eingestellt) mit ebenso wenig stilvollen simulierten Motorengeräuschen unterwegs ist, ist meilenweit entfernt von den 415 bis 490 Kilometern WLTP-Reichweite. 24,8 bis 21,3 kWh Strom auf 100 Kilometer beträgt der dazugehörige Durchschnittsverbrauch, und wer sich, etwa auf einer langen Autobahnpassage, diszipliniert, der kann diesen Wert leicht unterbieten.

Dank 800-Volt-Bordarchitektur kann der Taycan an jeder Schnellladesäule das Optimum herausholen, maximal 270 kW sind drin – unter optimalen Bedingungen vergehen etwas über fünf Minuten Ladedauer für frische 100 Kilometer Reichweite.

Mehr Informationen:

Motor: Elektromotoren (max. 420 kW/571 PS), max. Drehmoment: 650 Nm, Verbrauch: 24,8 – 21,3 kWh, CO2: 0 g/km (Werk), 0-100 km/h: 4,1 Sek., Vmax: 240 km/h, 2-Gang-Getriebe, Allradantrieb.

Maße: Länge: 4,97 m, Leergewicht: 2245 kg, zul. Gesamtgewicht: 2885 kg, Kofferraumvolumen: 446-1212 l, Anhängelast (gebremst): k.A., Testverbrauch: 22,0 kWh.

Grundpreis: 119914 Euro, gefahrene Version: 119402 Euro. Versicherungstypklassen (KH/TK/VK): 17/30/28.

Die tiefe Sitzposition vermittelt Sportwagengefühl, der Kofferraum zeigt dagegen Kombiqualitäten, 446 bis 1212 Liter zwar sind keine Werte, mit denen man Skoda-Superb- oder E-Klasse-Kombifahrer beeindrucken kann, dennoch lassen sich im Heckabteil sowie unter der Motorhaube (84 Liter) ordentliche Kapazitäten verstauen.

Der Taycan verfügt zwar über die heutzutage üblichen digitalen Spielwiesen, der zentrale Touchscreen ist allerdings relativ schmächtig ausgefallen. Darunter gibt es einen weiteren Monitor, der ausschließlich die klimatischen Bedingungen im Fahrzeug regelt. Selbst die Luftaustrittsdüsen werden darüber gesteuert – nicht unbedingt für die schnelle Einstellung geeignet. Es gibt einen Startknopf, der wird allerdings nicht zum Motorstart benötigt: Sobald der Fahrer einsteigt und den Fuß auf die Bremse stellt, ist der Taycan abfahrbereit. Nur wer das Fahrzeug ausstellt, muss auf den Powerbutton drücken. Und zwar richtig lange – das hat was von „bist du dir wirklich sicher, dass du mich jetzt schon ausstellen willst?“. Und aus dem Porsche Taycan 4S Cross Turismo fällt wirklich jeder Abschied schwer – und das nicht, weil man sich aus der tiefen Sitzposition einigermaßen öffentlichkeitskompatibel wieder hochwuchten muss…