Koreanisches Edel-SUV der Hyundai-Luxus-Tochter Genesis GV60: E-Mobilität in sportlicher Ausprägung 

Von Lothar Hausfeld | 03.02.2023, 09:15 Uhr

Elektromobilität, so raunen sich vor allem die Anhänger von großkalibrigen Benzinmotoren zu, sei befreit von jeglicher Emotionalität. Ein Auto wie das andere, individueller Fahrspaß komme dabei nicht auf. Jetzt mag man diese Geisteshaltung schon im Allgemeinen anzweifeln, ganz bestimmt im Speziellen aber, wenn es um den Genesis GV60 geht. Der bietet – trotz oder dank? – Elektroantrieb enormes emotionales Potenzial.

Und das liegt nicht an der Tatsache, dass der Stromer in verschiedenen Abstufungen Motorengeräusche eines Verbrenners imitieren kann. Das wurde während des Tests einmal ausprobiert und schnell wieder deaktiviert. Nein, der emotionale Fahrspaß speist sich aus unwiderstehlicher Beschleunigung, aus direkter Lenkung, aus dynamischem Kurvenverhalten, aus sportlich-straffer Fahrzeugabstimmung.

Erstmal vorab, um die meistgehörte Frage während der Testtage mit dem GV60 zu klären: Genesis ist die Premiumtochter von Hyundai. Unter der sportlichen Crossover-Haut steckt die Technik von Hyundai Ioniq5 und Kia EV6, von denen man etwa Batterie- und Ladetechnik sowie den Antrieb kennt. Der ist im Falle des Topmodells, dem GV60 Sport Plus AWD, beeindruckend: Sowohl an der Vorder- als auch an der Hinterachse befindet sich ein 218 PS starker Elektromotor, der von einer 77,4 kWh großen Batterie versorgt wird.

Der 0-100-Sprintwert von gerade einmal vier Sekunden ist beeindruckend, noch beeindruckender freilich fühlt sich die schiere Kraft der elektrischen Doppelherzen auf Autobahn oder Landstraße an: Wenn der Fahrer die Boost-Taste am Lenkrad drückt, werden für zehn Sekunden lang alle Muskeln des Antriebsstrangs angespannt: Die maximale Leistung steigt so kurzzeitig auf 490 PS. Und Fahrer oder Fahrerin werden durch diese Verschärfung nicht nur in den Sitz gepresst, sondern auch von ihm umschlossen: Die Sitzwangen verstellen sich automatisch, sodass man das Gefühl hat, ganz fest im Sattel zu sitzen. Der gleiche Effekt tritt auch ein, wenn man schneller als 130 km/h fährt oder den Sport-Modus aktiviert.

Mehr Informationen:

Motor: 2 Elektromotoren (je 160 kW/218 PS), max. Drehmoment: 700 Nm, Verbrauch: 19,1 kW, CO2: 0 g/km (Werk), 0-100 km/h: 4,0 Sek., Vmax: 235 km/h, 1-Gang-Getriebe, Allradantrieb.

Maße: Länge: 4,52 m, Leergewicht: 2145 kg, zul. Gesamtgewicht: 2660 kg, Kofferraumvolumen: 432-1550 l, Anhängelast (gebremst): 750 kg, Testverbrauch: 24,5 kWh.

Grundpreis: 71.010 Euro, gefahrene Version: 84.590 Euro. Versicherungstypklassen (KH/TK/VK): 20/23/28.

Mit der Reichweite – theoretisch bis zu 466 Kilometer – geht es an kalten Tagen deutlich bergab. Auch ohne sportliche Ambitionen wären selten mehr als 350 Kilometer am Stück möglich gewesen. Der GV60 kann aber druckbetankt werden: An einer 350 kW starken Schnellladesäule hat man in weniger als 20 Minuten von zehn auf 80 Prozent nachgeladen. An der heimischen Wallbox mit elf kW kommt man in gut sieben Stunden von zehn auf 100 Prozent.

Der Innenraum gefällt mit sportlichem Schick, bestmöglicher Verarbeitung, erstaunlich viel Raum (zwischen Fahrer und Beifahrer kann etwa eine größere Tasche platziert werden) und einem digitalen Komplettangebot. Im Zentraldisplay fährt eine farblich getreue Animation des eigenen Fahrzeugs auf der virtuellen Strecke, auf der man sich gerade tatsächlich befindet; wer beispielsweise mit Tempomat fährt, bekommt hier die Anmutung eines Videospiels präsentiert. Auch der große Touchscreen in der Mitte des Cockpits ist state of the art.

Wirklich einmalig ist die „Crystal Sphere“ genannte, drehbare Glaskugel in der Mitte der schwebenden Mittelkonsole. Wird der Startknopf gedrückt, dreht sich die Kugel und gibt die Getriebesteuerung frei. Und für 1460 Euro Aufpreis gibt es zwei Videokameras statt Rückspiegel, die die Bilder auf zwei kleine Bildschirme in den Vordertüren projizieren. Schöne Spielereien – und weitere Indizien für elektrisch aufgeladene Emotionalität.