Ein Flaggschiff der alten Schule Audi A8: Ein paar Jahre auf dem Buckel, aber immer noch fast perfekt

Von Lothar Hausfeld | 13.05.2023, 05:00 Uhr

Es scheint wie der Rückblick in eine längst vergessene Zeit, als der Wettstreit um die automobile Krone zwischen Audi A8, BMW Siebener und Mercedes S-Klasse Menschen elektrisierte. Die Statussymbolhaftigkeit von Autos hat sich seitdem deutlich reduziert, die stattlichen Luxuslimousinen wurden mittlerweile von SUV in allen Dimensionen überholt. Das zeigt sich ein wenig auch im Audi A8, der mit 286 PS starkem V6-Diesel (ja, das gibt es tatsächlich noch!) und Mildhybridtechnik als A8 50 TDI quattro vorfuhr: Die Technik hat bereits einige Jahre auf dem Buckel, die Modellreihe wurde im vergangenen Jahr etwas überarbeitet.

Nun ist das Mäkeln an einer Technik, die noch vor relativ kurzer Zeit state of the art war, jammern auf sehr hohem Niveau. Wer aber mindestens 99900 Euro für ein Fahrzeug bezahlt, der dürfte auch erwarten, dass alles wirklich reibungslos funktioniert. Vorweg: Das tut es auch in den allermeisten Fällen. Nur ist es so, dass in einem annähernd perfekten Umfeld das wenige, das nicht perfekt ist, besonders auffällt.

Deswegen in aller gebotenen Kürze: Der Spurhalteassistent unterlässt zwar ein hektisches Piepen wie insbesondere die asiatische Konkurrenz, er greift aber beherzt und unsensibel ins Lenkrad, wenn er meint, dass das Fahrzeug Gefahr läuft, die eigene Spur zu verlassen. Das führt insbesondere auf engen Landstraßen bei entgegenkommenden Traktoren oder Lkw und dem unbedingt notwendigen Ausweichen an den äußersten Fahrbahnrand zu unschönen Situationen, wenn das Fahrzeug plötzlich wieder eigenständig in die Fahrbahnmitte tendiert. Und in Baustellen mit verschiedenen Fahrbahnmarkierungen ist das System ebenfalls manches Mal überfordert.

Damit aber genug der Mäkelei, der Rest des Fahrzeugs ist trotz der nicht mehr brandneuen Technik weiterhin eines Flaggschiffs würdig. Das adaptive Fahrwerk (Serie) bietet je nach Fahrsituation und -stil die optimale Abstimmung: Auf der Autobahn bei Langstreckentempo 120 fühlt man sich komfortabel wie auf Wolken, in einer etwas zügiger durcheilten Landstraßenkurve ist das Handling trotz hohen Gewichts und enormer Fahrzeuglänge angenehm leichtfüßig. Die Allradlenkung (1950 Euro) tut ihr Übriges. Beim Anfahren merkt man die gut zwei Tonnen Leergewicht dagegen schon.

Mehr Informationen:

Motor: 3,0-l-Diesel (210 kW/286 PS), max. Drehmoment: 600 Nm, Verbrauch: 6,6 l, CO2: 175 g/km (Werk), 0-100 km/h: 5,9 Sek., Vmax: 250 km/h, 8-Gang-Tiptronic, Allradantrieb.

Maße: Länge: 5,19 m, Leergewicht: 2095 kg, zul. Gesamtgewicht: 2710 kg, Kofferraumvolumen: 505 l, Anhängelast (gebremst): 2300 kg, Testverbrauch: 7,0 l.

Grundpreis: 99900 Euro, gefahrene Version: 129210 Euro. Versicherungstypklassen (KH/TK/VK): 21/29/29.

Die vorderen Sitze sind ziemlich nah an der Perfektion, umschmiegen den Körper, lassen sich beheizen und kühlen sowie in verschiedenen Programmen zur Massage herab – was zwar der einen oder anderen Intendantin von öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zum Verhängnis wurde, deren Dienstfahrzeug ebenfalls mit einer solchen Funktion ausgestattet war. Doch wer im privatwirtschaftlichen Bereich einen Dienstwagen dieser Kategorie wählen kann, der wird sich über die spürbare Entspannung freuen, die die Sitzmassage insbesondere auf langen Fahrten bietet.

Das Fahrzeugcockpit ist hochwertig verarbeitet, bietet zwei Touchscreens – oben der übliche Multifunktionsschirm für Navigation, Entertainment, Einstellungen, darunter ein separater Klimaanlagen-Bildschirm, der im Bedarfsfall auch zur Eingabe etwa von Navigationsadressen genutzt werden kann.

Die Vielzahl an Funktionen, die das vernetzte Bordsystem bietet, würde hier jeden Rahmen sprengen – daher soll an dieser Stelle nur der dem Minderverbrauch dienenden Effizienzassistent genannt werden, der Daten des Navis nutzt, um das Fahrzeug vorausschauend rollen zu lassen und den Fahrer auf bald gültige Tempolimits hinweist. Die für die verbauten 20-Zoll-Räder versprochenen 6,6 Liter Diesel auf 100 Kilometern konnten zwar nicht ganz erreicht werden, aber auch die sieben Liter gehen in Ordnung. Ob das auch für 129210 Euro gilt, die inklusive aller Extras zu zahlen gewesen wären, muss dann jeder für sich selbst beurteilen.