Der schreckliche Montag, der stressige Dienstag, der langweilige Mittwoch, der Fast-schon-Wochenende-Donnerstag, der Endspurt-Freitag, der Freizeit-Samstag und der besinnliche Sonntag: Unsere Wochentage sind mit vielen Assoziationen verknüpft. Woher kommen sie? Und stimmen sie überhaupt? Unsere Serie zu den Wochentagen geht diesen Fragen auf den Grund. Heute lesen Sie Teil 3: Mittwoch, der blödeste Tag von allen.
Willkommen am blödesten Tag von allen, am Mittwoch. Dieser Tag ist so unpopulär, dass er nicht einmal den Titel "Tag" in seinem Namen tragen darf. Stattdessen heißt er im Deutschen wenig wertschätzend nach seiner Funktion: Mitt-woch, Mitte der Woche, auch als Airbag der Woche verschrien. Tatsächlich ist an diesem Puffer-Tag das vorherige Wochenende schon so lange her, dass Erholungsgefühl und wohlige Erinnerung daran schon verblasst sind. Und bis zum nächsten ist es noch einmal genauso weit. Es ist ein Elend.
Kein Wunder, dass zwei Mathematiker der Universität Vermont (USA) bei einer groß angelegten Studie auf den Mittwoch als unbeliebtesten Tag von allen gestoßen sind. Vier Jahre lang analysierten die Forscher Gefühlsäußerungen in Twitter-Nachrichten und Internetblogs. Und sie wurden fündig: Insgesamt zehn Millionen Sätze, die mit den Worten "Ich fühle mich..." starteten, werteten die Wissenschaftler aus. Dabei kam heraus: Der Mittwoch ist mit Abstand der schlimmste Tag der Woche, keiner scheint mehr verhasst. Erst, wenn er überstanden ist, geht es mit der Stimmung wieder aufwärts. Oder wie die Kabarettistin Gerburg Jahnke sagt: "Wenn du Mittwoch überlebst, ist Donnerstag."
Doch warum hat der Mittwoch ein derart übles Image? Und warum trägt er diesen Namen? Das verraten wir im dritten Teil unserer Serie zu den Wochentagen:
Woher kommt der Name?
Im Deutschen scheint es auf der Hand zu liegen: Der Mittwoch bezeichnet die Mitte der Woche. Das stimmt zumindest für Christen, deren Woche mit dem Sonntag beginnt. Tag Nummer vier liegt damit genau in der Mitte und heißt folgerichtig Mittwoch. Interessant: Im Deutschen ist diese Bezeichnung Ausdruck einer erfolgreichen Christianisierung. Ursprünglich bezeichnete man die Wochentage nach Göttern beziehungsweise Planeten, die jeweiligen Namen variierten und gründeten sich auf germanische, babylonische oder römische Namen. So war der Mittwoch eigentlich dem Gott und Planeten Merkur geweiht, dessen germanisches Pendent Wotan oder auch Wodan ist. Doch Wodanstag oder ähnliche Ausdrücke schien der Kirche allzu heidnisch, sodass diese den Mittwoch ausrief, der sich tatsächlich durchsetzte. Auch der Name Samstag ist Frucht dieser verbalen Christianisierung, aber dazu kommen wir im Laufe dieser Serie noch.
Während für Christen die Woche weiterhin mit dem Sonntag startet, gilt diese Zählung offiziell nicht mehr. Am 1. Januar 1976 trat in Deutschland die Norm DIN 1355-1 in Kraft, die den Montag als Tag Nummer eins der Woche definiert. Das brachte den Mittwoch in eine rechnerische Schieflage, denn Tag Nummer drei bei insgesamt sieben Tagen ist definitiv nicht die Mitte der Woche. Der Name Mittwoch ist streng genommen also eine Lüge.
Doch zur Ehrenrettung sei gesagt: Klammert man das Wochenende aus und legt eine übliche Arbeitswoche von Montag bis Freitag zugrunde, stimmt der Name Mittwoch zumindest der Form nach wieder. Der Mittwoch fungiert damit als Bergfest-Tag für Arbeiter und Angestellte in aller Welt, weshalb Amerikaner ihn auch "hump day", Buckeltag nennen, weil er sie über den ungeliebten Wochenbuckel bringt.
Wie heißt der Tag bei unseren Nachbarn?
Während im Deutschen die Erinnerung an Wodan oder Merkur vollständig aus dem Namen getilgt wurde, finden sich diese Ursprünge bei unseren Nachbarn noch durchaus: Im Englischen heißt der Tag wednesday, im Niederländischen woensdag, im Französischen mercredi und im Spanischen miércoles.
Was sagt der Volksglaube? Was sollte man an diesem Tag besser vermeiden, was sollte man unbedingt tun?
An einem Mittwoch hat Judas Jesus verraten, das sagt eigentlich schon alles. Lange Zeit stand der Mittwoch also unter einem schlechten Stern und galt als ausgesprochener Unglückstag, an dem man zum Beispiel besser nicht heiraten sollte. Mit einer Ausnahme: Sogenannte gefallene Mädchen, also solche, die unehelich ein Kind zur Welt gebracht hatten oder sich etwas anderes, nach früheren Wert- und Moralvorstellungen Unhaltbares geleistet hatten, wurden früher explizit an einem Mittwoch verheiratet – auf dass jeder sehen konnte, dass es sich eben um ein gefallenes Mädchen handelt.
In einigen Regionen Deutschlands, vor allem im Süden und Osten, brachte man den Mittwoch denn auch folgerichtig mit Teufeln und Hexen in Verbindung. Sprach man an diesem Tag über eine Hexe, sollte diese es angeblich hören, weshalb man sich derartige Gespräche tunlichst verkneifen sollte. Andernfalls riskierte man ihre Rache. Außerdem sollten die Hexen mittwochs auch häufig auf ihren Besen ausreiten – so der Volksmund.
Insgesamt ist die Liste der Dinge, die an einem Mittwoch besser nicht getan werden sollten, lang. Ob in eine neue Wohnung umziehen, die Saat ausbringen, eingeschult werden, Haare, Kopf oder Kleidung waschen bis hin zum Handeltreiben, Geldverleihen, Brotbacken oder Holzfällen: all das besser nicht an einem Mittwoch. Briefe, die mittwochs ankommen, sollen Unglück bringen, und sollte jemand gar an einem Mittwoch sterben, sollten alle anderen gewarnt sein: Ein solcher Tod soll bald den nächsten nach sich ziehen.
Gibt es überhaupt Dinge, für die sich ein Mittwoch gut eignet? Nun, der Volksmund sagt immerhin, für das Heilen von Geisteskranken und das Schneiden von Fuß- und Fingernägeln sei der Tag tatsächlich empfehlenswert. Wer im Supermarkt eher Ruhe haben will, kauft ebenfalls mittwochs ein, denn die meisten Menschen versorgen sich entweder vor oder nach dem Wochenende mit Lebensmitteln. Online-Schnäppchen kann man ebenfalls machen, besonders Sportartikel sind mittwochs günstig zu bekommen.
Ist dieser Tag auch ein wiederkehrender Feiertag?
Ja. Bekannt ist vor allem der Aschermittwoch, der das Ende der Karnevalszeit und den Start in die vorösterliche Fastenzeit markiert. Auch der Buß- und Bettag, ein Feiertag der evangelischen Kirche, ist ebenfalls ein Mittwoch, und zwar immer der Mittwoch vor dem 23. November.
Wer hat ihn besungen oder ihm ein Kunstwerk gewidmet?
Mittwoch ist offenbar nicht gerade der Tag, der besungen werden muss, es finden sich nur wenige erwähnenswerte Lieder. "Wednesday Morning, 3 A. M." heißt das Debütalbum des US-amerikanischen Folk-Duos Simon & Garfunkel, der Titelsong ist das letzte Stück des Albums und bietet einen nächtlich-nachdenklichen Blick des Protagonisten auf seine neben ihm schlafende Geliebte. Das Album kam 1964 heraus, floppte jedoch zunächst. Erst mit dem Film "Die Reifeprüfung" mit Dustin Hoffman, zu dem das Duo die Filmmusik beisteuerte, gelang der Durchbruch.
Das Berliner Pop-Duo Rosenstolz veröffentlichte 1995 ebenfalls ein Album mit dem Mittwoch im Titel: "Mittwoch is' er fällig". Der gleichnamige Song dreht sich um die schwierige Eroberung eines Mannes. Auch Blues-Legende John Lee Hooker treibt die Liebe um, allerdings hat diese ihn offenbar verlassen – an einem Mittwochabend, wie er im 1948 veröffentlichten Lied "Wednesday Evening Blues" erzählt. Eine bekannte Filmfigur trägt sogar den unglückseligen Mittwoch im Namen: Wednesday Addams, zweitjüngster Spross der makaber-morbiden Fernseh-Familie Addams.
Welche kuriosen Geschichten drehen sich um diesen Tag?
Selbstverständlich arbeiten sich auch Nutzer von sozialen Medien am unpopulären Mittwoch ab. Unter dem Hashtag beziehungsweise Suchbegriff "mittelfingermittwoch" finden sich Geschichten über Missgeschicke aller Art, User wünschen anderen einen zumindest erträgliches Bergfest der Woche oder posten Fotos von sich mit dem ausgestreckten Mittelfinger, auch Stinkefinger genannt, und schreiben mehr oder minder humorvoll dazu, was ihnen an diesem speziellen Mittwoch nicht passt. Nach dem Motto "geteiltes Leid, halbes Leid", kommt man so wenigstens amüsiert durch den Tag. Doch Vorsicht, im echten Leben kann der ausgestreckte Mittelfinger den Ärger noch vergrößern: Er gilt als Beleidigung und kann teils unangenehm hohe Strafen nach sich ziehen.