Das Rentensystem in Deutschland steht vor einem Problem: Während immer mehr Menschen länger im Ruhestand sind, fehlen Fachkräfte, die in die Rentenkasse einzahlen. Der Ökonom Marcel Fratzscher hat jetzt einen radikalen Lösungsansatz vorgetragen.
Immer wieder diskutieren Politiker und Experten, wie das deutsche Rentensystem entlastet werden kann. Denn die Zahlen sind alarmierend. Im Januar dieses Jahres erklärte die Bundesregierung, dass jedem dritten Vollzeitbeschäftigten nach 45 Arbeitsjahren eine Rente von lediglich 1200 Euro droht. Aber wie könnte ein geeigneter Lösungsansatz aussehen?
„Beamte und Selbstständige sollen einzahlen“
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat jetzt gefordert, das deutsche Rentensystem mithilfe von Beamten als Beitragszahler zu entlasten. Denn bislang zahlen die Staatsbediensteten nicht in die Rentenversicherung ein. Während die Angestellten in das Rentensystem einzahlen, berechnet sich die Pension der Beamten nach dem letzten Einkommen des Empfängers.
Gegenüber dem „Focus“ erklärte der Ökonom: „Alle Selbstständigen und auch die Beamten sollten in die Rentenkasse einzahlen. Das würde die Rentenkosten für den Staat senken und mehr Gerechtigkeit bei der Altersversorgung herstellen.“ Besonders Geringverdienern und Frauen könnte ein solcher Reformansatz zu Gute kommen. „Es gibt kaum ein Land, in dem Beschäftigte mit geringem Einkommen so schlecht gestellt sind wie in Deutschland“, so Fratzscher. „Die soziale Unwucht betrifft neben Geringverdienern auch Frauen.“
Beamte als Beitragszahler? Zwischen Lob und Skepsis
Doch wäre das deutsche Rentensystem finanziell tatsächlich stabiler, wenn auch die Beamten mit einzahlen würden? Dazu gibt es geteilte Meinungen. Reinhold Thiede, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung der Deutschen Rentenversicherung, steht einem solchen Vorhaben skeptisch gegenüber.
Sehen Sie in der Statista-Grafik die Prognose für das deutsche Rentensystem bis zum Jahr 2050:

„Wenn man alle Beamten schlagartig mit einbezieht, sodass die Rentenversicherung auch für die Versorgung derer aufkommen muss, die bereits im Ruhestand sind, wäre das ein sehr schlechtes Geschäft“, erklärte Thiede gegenüber dem „Münchener Merkur“.
Der Präsident des Bundessozialgerichts (BSG), Rainer Schlegel, fordert dagegen einen weitaus radikaleren Schritt. Er spricht sich dafür aus, dass auch Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke sowie Beamte und Richter in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Es brauche mehr Flexibilität bei der Absicherung des deutschen Rentenversicherungssystems.