Unangemeldete Reinigungskräfte Mehrheit der Deutschen hat Verständnis für Schwarzarbeit

Von dpa | 16.07.2019, 11:52 Uhr

Die meisten Haushalte beschäftigen ihre Putzhilfe schwarz – und zwei Drittel der Deutschen hat Verständnis dafür.

Katharina Seidenstücker hat es aufgegeben. "Ich habe monatelang eine Putzfrau gesucht, die sich anmelden lässt. Aber das kannst du vergessen", erzählt die Mutter von drei kleinen Kindern frustriert. Natürlich hat sie irgendwann auch darüber nachgedacht, eine Reinigungskraft schwarz zu beschäftigen. "Aber das widerspricht unserem Wertekonzept."

Davon abgesehen ist im Raum München selbst ohne Anmeldung und bei überdurchschnittlicher Bezahlung derzeit kaum noch eine Putzhilfe zu finden – der Markt ist bundesweit ziemlich leergefegt. So mancher Suchende lässt sich deshalb trotz eines unguten Gefühls auf unlautere Abrechnungsmodelle ein, um überhaupt jemanden zu bekommen.

Die Gefahr, erwischt zu werden, liegt dabei "im Promillebereich", wie Experten wissen. Denn zum einen ist der Schutz der Privatsphäre ein sehr hochrangiges Rechtsgut, so dass die Kontrolleure nicht einfach an der Wohnungstür Einlass begehren können. Zum anderen fehlen dem zuständigen Zoll schlicht die Kapazitäten.

Allein das Hauptzollamt München erhält pro Jahr mehrere tausend anonyme Anzeigen. Damit die Beamten ausrücken, müsste der Hinweisgeber deshalb schon genau sagen, wo und wann sich der Betreffende etwas bar auf die Hand dazuverdiene, berichtet Zoll-Sprecher Thomas Meister. "Uns ist auch bewusst, dass wir längst nicht jeden erwischen, das ist ganz klar", räumt Meister ein.

Neue Zahlen vorgelegt

Dominik Enste vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) kann die Größenordnung der Schwarzarbeit bei Putzleuten im privaten Bereich beziffern: 88,5 Prozent der deutschen Haushalte mit einer Reinigungskraft lassen illegal putzen. Wie Enste in einer aktuellen Studie ermittelt hat, die der Deutschen Presse-Agentur exklusiv vorliegt, beschäftigten im Jahr 2017 mehr als 3,3 Millionen Haushalte gelegentlich oder regelmäßig eine Hilfe – knapp 2,9 Millionen davon schwarz.

Dabei hat der Gesetzgeber versucht, die Putzfrauen – ungefähr 90 Prozent der angemeldeten Reinigungskräfte im Privathaushalt sind weiblich – durch die steuerliche Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen und eine einfache Anmeldung bei der Minijobzentrale aus der Schattenwirtschaft herauszuholen.

Warum Auftraggeber ihre Putzkräfte nicht anmelden wollen

Doch was die meisten Arbeitnehmer für sich selbst völlig selbstverständlich in Anspruch nehmen – etwa Rentenbeiträge, bezahlten Urlaub sowie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – gestehen sie den Putzkräften oftmals ungern zu.

Peter K. aus München ist da nur einer von vielen. Bis vor zwei Jahren hat er eine Haushaltshilfe schwarz beschäftigt. "Anmelden war für mich gar kein Thema." Das Bewusstsein, dass man selbst ein ganz normaler Arbeitgeber und die eigene Wohnung ein ganz normaler Arbeitsplatz ist, ist in Deutschland kaum verankert. Traditionell werden Putzfrauen als eine Art "Nachbarschaftshilfe" gesehen - auch wenn Schwarzarbeit juristisch alles andere als ein Kavaliersdelikt ist und nicht nur Geld-, sondern auch Haftstrafen drohen.

Meist fliegt die illegale Beschäftigung übrigens auf, weil die Putzkraft etwa beim Fensterputzen einen Unfall erleidet - oder weil sich Paare trennen und der eine den anderen verpfeift. Auch so mancher Nachbar hat dem Zoll schon einen heißen Tipp gegeben.

Warum Reinigungshilfen selbst sich nicht anmelden wollen

Doch es sind bei weitem nicht nur unwillige Auftraggeber, die ihre Raumpfleger nicht anmelden wollen. Peter K. zum Beispiel glaubt nicht, dass seine schwarz beschäftigte Putzfrau hätte angemeldet werden wollen, "denn die hatte das mit der Nachbarin auch schon so gemacht".

Tatsächlich sind es oft auch die Haushaltshilfen selbst, die das Geld lieber ohne Abzüge einstreichen. "Die haben vielfach keinen Anreiz, da sie bei Krankenversicherung ihres Mannes mitversichert sind und eh nicht über die Mindesteinzahlung bei der Rente hinauskommen", erläutert Enste. Seiner Recherche nach sei es deshalb vielerorts "nahezu unmöglich", eine Putzkraft zu finden, die sich anmelden lasse.

Die Nachfrage ist gestiegen

Dabei ist die Nachfrage da, und sie nimmt zu. Allein schon deshalb, weil die Erwerbstätigenquote nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2005 von 65 Prozent auf rund 76 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen ist. Das heißt, mehr Menschen arbeiten,vor allem auch mehr Frauen.

Und da einer aktuellen Untersuchung zufolge noch immer bei acht von zehn Paaren die Frau alleine die Wohnung putzt, wären viele für eine Unterstützung dankbar. Auch, wenn sie dafür schwarz bis zu 16, angemeldet gar rund 20 Euro pro Stunde zahlen müssen

Mehr Informationen:

Die korrekte Anmeldung

Das Anmelden einer Haushaltskraft geht schnell und unkompliziert online unter www.minijob-zentrale.de, informiert die Deutsche Rentenversicherung Bund.Per Post und FaxAlternativ können Privathaushalte die Angaben per Post oder Fax übermitteln. Dazu laden sie das Formular Haushaltsscheck herunter oder fordern es postalisch, telefonisch oder per E-Mail an. Dort müssen sie ihre Kontaktdaten, Steuernummer und Bankverbindung eintragen sowie Angaben zur Haushaltshilfe und Dauer der Beschäftigung machen. Zudem brauchen sie eine Betriebsnummer. Wer noch keine hat, erhält sie automatisch von der Minijob-Zentrale.Die Anmeldung mit dem Haushaltsscheck ist nur möglich, wenn es um ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis in einem Privathaushalt geht also entweder um einen 450-Euro-Job oder einen kurzfristigen Minijob.

Update am 21.7.2019 um 16.00 Uhr

Zwei Drittel der Deutschen hat Verständnis für Schwarzarbeit

Die Mehrheit der Bundesbürger (65 %) hat Verständnis dafür, wenn eine Privatperson jemanden ohne Rechnung beschäftigt, z.B. Reinigungshilfen, Gärtner oder Handwerker. Dies ergab eine repräsentative Forsa-Studie im Auftrag von RTL. Darüber hinaus gaben 58 Prozent der Deutschen an, dass sie in ihrem Verwandten- oder Freundeskreis Personen kennen, die schon einmal jemanden ohne Rechnung beschäftigt haben. Dies trifft auf die unter 30-Jährigen (68 %) noch häufiger als auf die Älteren (45- bis 59-Jährige: 55 %; 60 Jahre und älter: 56 %) zu.

12 Prozent der Bundesbürger haben selbst schon einmal schwarz gearbeitet

22 Prozent der Befragten haben nach eigenen Angaben selbst schon einmal für Haushalt, Garten, Umbauarbeiten, Kinderbetreuung o.ä. schwarz Hilfe in Anspruch genommen. Überdurchschnittlich häufig geben dies die über 60-Jährigen (30 %) und mit 29 Prozent Befragte mit einem höheren Haushaltsnettoeinkommen (3000 Euro und mehr) an.

12 Prozent der Bundesbürger haben selbst schon einmal schwarz solche Arbeiten durchgeführt. Jüngere Befragte (14- bis 29-Jährige) geben mit 30 Prozent deutlich häufiger als der Durchschnitt an, selbst schon einmal schwarz Hilfe geleistet zu haben.

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