Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hat das staatliche Textilsiegel Grüner Knopf offiziell vorgestellt. Es soll dem Verbraucher zeigen, welche Unternehmen Kleidung fair und nachhaltig produzieren. 27 Unternehmen sind zum Start des Siegels zertifiziert.
Das Thema Nachhaltigkeit ist in der gesellschaftlichen Debatte omnipräsent. In der Textilbranche haben Verbraucher nun ein neues Siegel, an dem sie sich orientieren können: den Grünen Knopf. Er soll sozial und ökologisch nachhaltig produzierte Textilien auszeichnen. "Das bedeutet weniger giftige Abwässer und gesundheitsschädliche Chemie, keine Kinderarbeit in den Zulieferfabriken, dafür aber Mindestlöhne und mehr Arbeitsschutz", sagte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller bei der Vorstellung am Montag.
Aufbau auf Textilbündnis
Bereits vor fünf Jahren hatte Müller den Startschuss für das Textilbündnis gegeben, auf das der Grüne Knopf aufbauen soll. Der Zusammenschluss von 120 Unternehmen, Verbänden, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen war damals eine Reaktion auf den Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch. "Damals sagte ich: Geiz ist geil darf nicht unser Antrieb sein. Daran hat sich nichts geändert", so Müller am Montag. Die Mitgliedsunternehmen des Texilbündnisses stünden heute für 50 Prozent des deutschen Einzelhandels.
(Lesen Sie dazu auch: Interview mit Entwicklungsminister Müller: Vorzeigeprodukte reichen nicht aus)
Dennoch ist gerade Kinderarbeit auch im Bereich der Textilwirtschaft nach wie vor ein drängendes Problem, so das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef gegenüber unserer Redaktion.
Laut Unicef findet Kinderarbeit auf allen Stufen der Lieferkette statt. Besonders schwierig nachzuverfolgen sei sie in tieferen Ebenen der Wertschöpfungskette wie beispielsweise im Bereich des Rohstoffeinsatzes und Rohstoffaufbereitung. "So bleibt zum Beispiel ausbeuterische Kinderarbeit bei unbekannten Subunternehmern oder auch im häuslichen Umfeld sowie im informellen Sektor häufig unentdeckt."
Fokus auf Nähen und Färben
Das Siegel Grüner Knopf wird sich zum Start mit den laut Bundesentwicklungsminster wichtigsten Arbeitsschritte befassen, dem "Nähen" und "Färben". "Hier laufen 100 Milliarden Kleidungsstücke im Jahr durch, hier arbeiten 75 Millionen Menschen, hier verraten die Flüsse meist die Trendfarbe der nächsten Saison, weil von jeder Färberei Tag für Tag 2,5 Tonnen Chemikalien oft ungeklärt ins Abwasser kommen", so Müller.
In den kommenden Jahren ist geplant, den Grünen Knopf auch auf andere Produktionsschritte wie den Baumwollanbau auszuweiten. Einen Zeitplan dazu nannte der Minister nicht. Das kritisiert das Kinderhilfswerk terre des hommes. Vorstandssprecher Albert Recknagel:
Gerade im Baumwollanbau oder in den Spinnereien sei Kinderarbeit ein Problem.
27 Unternehmen zertifiziert
Zum Start des neuen Siegels haben 27 Unternehmen - vom kleinen drei-Personen-Unternehmen über Mittelständler bis zu Nachhaltigkeitsvorreitern und großen Unternehmen - die Prüfung durchlaufen und können Produkte mit dem Grünen Knopf anbieten.
- Alma & Lovis
- Aldi Nord
- Aldi Süd
- Brands Fashion
- CharLe
- Derbe
- Dibella
- Engel
- Feuervogl
- Hans Natur
- hessnatur
- Hopp
- Kaufland
- Kaya&Kato
- Lidl
- Manomama
- Melawear
- Millitomm
- Modespitze Plauen
- Phyne
- Posseimo
- Rewe Group
- Schweickardt Moden
- Tchibo
- Trigema
- Vaude
- 3 Freunde.
26 weitere sind laut Ministerium derzeit im Prüfprozess, unter anderem Hugo Boss, die Otto-Gruppe oder Socks4Fun. "Weitere Unternehmen sind interessiert, auch aus dem Ausland. Denn der Grüne Knopf ist ein globales Siegel. Er kann von deutschen Unternehmen auch im Ausland genutzt werden", betonte Müller. Ebenso könnten ausländische Unternehmen ihn beantragen.
Kritik und Lob für neues Siegel
Eine Empfehlung zur Zertifizierung spricht der Gesamtverband texitl+mode nicht aus. Ihm gehören 25 Landes- und Branchenverbände mit rund 1400 Unternehmen an. Präsidentin Ingeborg Neumann:
Neumann befürchtet auch, dass international etablierte Siegel und Zertifizierungssysteme, in die Mitgliedsunternehmen seit Langem investieren, Schaden nehmen. "Das wäre gerade für uns als Mittelständler, die wir in scharfer Konkurrenz zu den globalen Bekleidungsketten stehen, ein großer Schaden für unsere Glaubwürdigkeit und damit auch für unsere Wettbewerbsfähigkeit." Ihrer Ansicht nach kann der Grüne Knopf als nationales Siegel in einem globalen Markt zudem nicht halten, was versprochen wird.
(Lesen Sie dazu auch: Interview mit Ingeborg Neumann: "Bashing unserer Industrie ist fehl am Platz")
Thomas Linemayr, Vorsitzender der Geschäftsführung von Tchibo, ist positiv gestimmt.
Wolfgang Grupp jr. von Trigema sieht den Grünen Knopf als Vertrauenssiegel, auch für die Marke Trigema. Auch wenn sie noch nicht zertifiziert ist, unterstützt die Otto Group das staatliche Siegel. „Ich begrüße die Initiative von Minister Müller, den Verbraucherinnen und Verbrauchern mit dem Grünen Knopf mehr Orientierung beim Kauf nachhaltig und fair produzierter Textilien zu bieten. Die Otto Group unterstützt dieses Ziel aktiv und stellt sich mit ersten Konzerngesellschaften den Anforderungen der Zertifizierung“, so CEO Alexander Birken.
Nicht mit dabei sind allerdings aktuell Unternehmen wie Kik oder H&M, deren Produktionsbedingungen in der Vergangenheit schon in der Kritik standen.
Appell an Kommunen
Minister Müller appellierte im Zuge der Siegelvorstellung auch unter anderem an Kommunen, künftig verstärkt auf Nachhaltigkeit zu achten. "Die Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 insgesamt 50 Prozent der Textilien nach sozialen und ökologischen Kriterien zu beschaffen. Der Bund, aber auch Kommunen, Krankenhäuser, Polizeidienststellen können ab jetzt den Grünen Knopf nutzen, um Arztkittel, Hemden und Bettwäsche nachhaltig zu beschaffen."