Nächste Runde im sommerlichen Tatort-Wiederholungs-Bingo. Diesmal gibt’s für die Zuschauer eine Niete, denn heute Abend zeigt das Erste mit „Familien“ einen Tatort aus Köln, der wahrlich nicht zu den besseren gehört. Den Programmchefs wird’s egal sein – Ballauf und Schenk sorgen beständig für gute Quote.
„Familien“ sei über weite Strecken arg dialoglastig und altbacken, hieß es zur Erstausstrahlung am 6. Mai letzten Jahres in unserer Kritik. Und weiter: „Wer sich darüber beklagt, dass im Tatort immer alles so duster ist, findet im Fall der Kölner Ermittler Trost: Da kommen sogar die Besoffenen vom Junggesellenabschied im Hellen nach Hause. Ganz bis nach Hause schafft es der angehende Bräutigam Ivo Klein aber nicht: Kaum ist er aus dem Bus geschwankt, findet er in einem Mülleimer eine Reisetasche mit 500.000 Euro, nimmt sie mit und wird Sekunden später von einem Kleinwagen überfahren.“
Das Ende einer Ehe, bevor sie begann. Das Geld, so finden Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk schnell anhand von Fingerabdrücken heraus, hatte der Wirtschaftsanwalt Rainer Bertram (Hansjürgen Hürrig) deponiert, um seine gekidnappte Enkelin freizukaufen.

Die Kommissare haben also doppelt zu tun – einen Mord aufklären und eine entführte junge Frau retten. Spannend macht das diesen Tatort allerdings nicht. Vielmehr ist die Mischung aus Krimi und Familiendrama von Christine Hartmann derart konventionell inszeniert (Buch: Christoph Wortberg), dass man das Gefühl nicht loswird, ein Werk aus den Sechzigern zu sehen, als 80 Prozent des Films aus Dialogen bestanden. Altbacken wäre das passende Etikett, aber hat der Tatort aus Köln nicht zuletzt deshalb nach wie vor so eine große Fangemeinde?
Sei’s drum - weil dieser Tatort ja „Familien“ heißt, ist auch der Nebenstrang ganz aufs Thema abgestimmt. In regelmäßigen Abständen buhlen schale Witzchen um den von Schenk vergessenen 30. Hochzeitstag um das Schmunzeln der Zuschauer – und nerven zunehmend. Denn diese Späßchen aus der Generation Theo Lingen sind mindestens so originell wie der ewig hungrige und ständig gute Hinweise liefernde Assi Jütte (Roland Riebeling). So etwas hat man schon tausendmal gesehen, aber es scheint sich einfach nicht zu verbrauchen.

Dass der Kölner Tatort durchaus das Zeug hat, sowohl ein weniger experimentierfreudiges Publikum zu bedienen als auch sehenswerte Krimikost anzubieten, hat er hinlänglich bewiesen. Dieser 73. Fall für Ballauf und Schenk gehört aber zweifellos zu den seltenen, aber doch regelmäßigen Ausschlägen nach unten. Eine feine Grillparty sollte man dafür nicht sausen lassen, und die Mediathek muss man auch nicht bemühen.
Das Krimi-Sommerloch im Ersten schließt sich in diesem Jahr übrigens erstaunlich früh: Bereits am 11. August gibt es mit dem Magdeburger Polizeiruf 110 „Mörderische Dorfgemeinschaft“ wieder eine Erstausstrahlung, eine Woche später folgt ein Tatort aus Dresden.
Tatort: Familien. Das Erste, Sonntag, 14. Juli 2019, 20.15 Uhr.